Weiberfastnacht in der Sicherheitszone
„Ich sehe es so“
von Peter Pauls
Zwischendrin kommt dann diese Meldung: Die niedersächsischen Sicherheitsbehörden haben einen 26-Jährigen festgenommen, der einen Sprengstoffanschlag vorbereitet haben soll. Der Deutsche aus Northeim wird der salafistischen Szene zugerechnet.
Schlagartig erinnert mich das daran, wie stark sich die Bedingungen unseres Lebens verändert haben. Jüngst traf ich an der Sicherheitskontrolle des Flughafens auf Freunde, die vor Karneval Reißaus nahmen. Ich hätte mich gerne mit ihnen unterhalten. Aber dann wurde ich herausgeholt und auf Sprengstoff untersucht. In Zürich schlugen bei einer ähnlichen Kontrolle die Detektoren an. Irgendwo in dieser schönen, wohlhabenden Stadt muss ich mit einer verdächtigen Substanz in Berührung gekommen sein. Vielleicht als eine Türklinke angefasst habe? Wer weiß.
Selbst ein solcher, letztlich harmloser Vorfall lässt einen in dieser hochnervösen Zeit das Leben mit anderen Augen sehen. Vor mehr als 20 Jahren fuhr ich im südafrikanischen Johannesburg mit der Eisenbahn durch unbedeutende Vorortbahnhöfe, die von schwer bewaffnetes Sicherheitsleuten bewacht wurden. Im Auto war es Pflicht, den Verriegelungsknopf zu drücken. Zu Haus trug man einen Panik-Button, mit dem man drahtlos den privaten Sicherheitsdienst alarmieren konnte. Zu behaupten, wir seien bedroht gewesen damals, wäre falsch. Jedenfalls fühlten wir uns nicht so. Vielmehr kalkulierten wir das Risiko und versuchten, Bereiche zu schaffen, in denen wir uns sicher und damit wohl fühlten.
Nichts anderes geschieht in diesen Tagen auch in Köln. Polizisten sind mit schweren automatischen Waffen ausgerüstet, Container sollen Attentätern mit Lkw den Weg versperren. Den Narren wird empfohlen, auf Waffenattrappen zu verzichten. Auch hier gilt es, Risiken auszuschließen, wohl wissend, dass das nicht geht. Aber noch vor ein paar Jahren hätte ich mir nicht träumen lassen, dass wir so etwas in Köln an einem Tag wie Weiberfastnacht in Köln erwägen müssen.
Die (Lebens-)Kunst besteht darin, sich nicht irre machen zu lassen. Das geht. Da fällt mir noch einmal das Kostüm von Katrin Göring-Eckardt ein. Sie dürfe nicht lachen, sagte sie. Sonst ist die Martin-Schulz-Maske hin. Im Ernst.
Quelle: KSTA 23.2.2017