NEWSLETTER 27.01.2023

Wozu eigentlich noch ARD , ZDF und Deutschlandradio?
Die Öffentlich-Rechtlichen in der Krise

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

na sicher, Artenschutz ist absolut notwendig. Ohne ihn wird es auch für uns Menschen irgendwann eng. Darüber gibt es grundsätzlich wohl keinen ernsthaften Streit. Doch brauchen wir auch Artenschutz für Unternehmen? Für Institutionen? Vereine? Auch hier gibt es galoppierenden Arten-Schwund. Gestern noch scheinbar so mächtig, ruhen sie heute auf dem Friedhof eines gnadenlosen Fortschritts: Ob Kodak oder Dresdner Bank, PanAm oder Nokia – alle waren mal groß, alle sind nun Geschichte.

Auch Kirchen und Gewerkschaften leiden unter Auszehrung, Vereine wie Parteien kämpfen mit dem Verlust an Bedeutung und Mitgliedern. Das Wort Sportverein wirkt im Vergleich zum Fitness Center muffig wie eine ungelüftete Umkleide. Wenn sich etwas daraus lernen lässt, ist es, dass die Welt sich immer rasanter verändert – und nichts für die Ewigkeit ist.

WDR Vierscheibenhaus
Foto: Hirz

Womit wir bei beim Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk wären. Denn auch der ist alles, aber er ist für viele nicht mehr selbstverständlich. Anders jedoch als aus der SPD oder der Katholischen Kirche kann man aus ARD, ZDF und Deutschlandradio nicht austreten. Daran ändern weder aktuelle Skandale wie beim RBB noch eine anhaltende Unzufriedenheit mit dem Programm etwas. Da ist schon das Bundesverfassungsgericht vor, das dem Öffentlich-Rechtlichen eine Bestands- und Entwicklungsgarantie gegeben hat. Doch was heißt sowas in extrem volatilen Zeiten? Was heißt das, wenn das Publikum überaltert, Zuschauerzahlen schrumpfen und Hörer sich abwenden, weil andere Angebote – Netflix lässt grüßen – attraktiver erscheinen? Lässt sich dann noch der Anspruch geltend machen, von jedem Haushalt einen Beitrag zu kassieren, selbst wenn dort niemand mehr guckt und hört, was WDR und Deutschlandfunk, ZDF und SWR so senden? Der Nutzen einer Einrichtung zeigt sich vor allem in ihrer Nutzung.

Diese existenzbedrohende Botschaft, davon darf man ausgehen, ist in den Funkhäusern angekommen. Längst weiß man, dass die finanziell sorgenlosen Zeit vorbei ist. Mehrere Ministerpräsidenten haben bereits zu Protokoll gegeben: Mehr Geld gibt es nicht. Angesichts einer zumindest trabenden Inflation eine Nachricht, die Reformen erzwingt. Was heißt das aber im Klartext für das Publikum (weniger und/oder schlechteres Programm, reduziertes Internetangebot, Auflösung von Orchestern und Chören?) und für die Beschäftigten (Gehaltskürzungen, Stellenstreichungen, betriebsbedingte Kündigungen?)?

Gesundschrumpfen oder Kaputtsparen, zwischen diesen Positionen müssen die Verantwortlichen gerade navigieren, ohne die Titanic sinken zu lassen. Klar ist: Die Sender müssen sich gegenüber den Beitragszahlern neu legitimieren, ihren Wert für die Gesellschaft, der sie gehören, deutlich machen. Angesichts der gewachsenen Zahl von Kritikern links wie rechts ist das ein schwieriges Unterfangen. Einer, der in diesem Kampf viel Fronterfahrung hat, ist Jörg Schönenborn. Für den Programmdirektor des WDReins der bekanntesten Gesichter und der führenden Köpfe der ARD, ist das Alltag. Er gilt als erfahren, reformorientiert, unideologisch und pragmatisch. Doch wozu braucht es noch die Öffentlich-Rechtlichen, wie und wo sehen sie ihre Zukunft und was tun sie, damit sie diese Zukunft auch erleben? Müssen ARD und ZDF fusionieren? Einige der Angebote abgeschaltet werden? Ist der Rundfunkbeitrag eine „Demokratieabgabe“, wie Jörg Schönenborn es einmal formuliert hat? In Zeiten von Fake News, Shitstorms und einer zunehmend polarisierten Gesellschaft ist der Zustand der Medien nicht irrelevant, das zeigt nicht zuletzt die Entwicklung in den USA. Deshalb hat der Kölner Presseclub Jörg Schönenborn eingeladen, zu diesen und anderen Fragen Rede und Antwort zu stehen (Montag, 30. Januar ab 19.30 Uhr im Hotel Excelsior Ernst). Eine gute Gelegenheit also, sich selbst ein Bild zu machen. Gerne nehme ich Ihre Fragen auf, schicken Sie die bitte per Mail an info@koelner-presseclub.de. Ich freue mich über Rückmeldungen und Anregungen.

In diesem Sinne grüße ich Sie, herzlich wie stets,

Ihr

Michael Hirz