NEWSLETTER 16.02.2023

Von den Heiligen Drei Königinnen bis hin zu alten weißen Männern. Reaktionen zur Diskussion um ein Kölner Dreigestirn mit Frauen.

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

mit dem letzten Newsletter des Kölner Presseclubs haben wir eine interessante Debatte angestoßen. Die Forderung der Präsidentin der Colombina Colonia, der ältesten Damengesellschaft Kölns, nach einem weiblichen Dreigestirn im Kölner Karneval wurde in den sozialen Medien kontrovers diskutiert. Damit haben wir ein Thema getroffen, das den Zeitgeist aufgreift und zu dem jeder eine Meinung hat.

Zahlreiche User in den Kommentarspalten kämpfen für den Erhalt des Brauchtums: „Lasst das Brauchtum nicht sterben!!!“, bittet Leo. „Frauen müssen nicht überall mitmischen.“, meint Helma. „Ich weiß nicht, warum die Frauen immer alles wollen“, will Ernst wissen. Marianne kommentiert: „Lasst das Dreigestirn wie es jetzt ist, basta!“ Elke fragt sich: „Haben wir Frauen so wenig Selbstbewusstsein, dass wir das den Männern auch noch nehmen müssen?“ Sogar ein Ralf aus Mannheim kennt sich offenbar aus:  „Ihr in Köln habt doch so eine tolle Oberbürgermeisterin, reicht dies euch noch nicht?“ Christel bemüht die Literatur mit einem Zitat des österreichischen Volksschriftstellers Peter Rosegger aus dem 19. Jahrhundert: „Das Weib an der Macht pflegt sich zu entweiben. Da es kein Mann sein kann, wird es ein Tyrann.“

„Der Ball liegt bei den gemischten Karnevalsgesellschaften. Die müssen sich jetzt mit ihren Frauen bewerben!“ sagt Heinz-Günther Hunold, Präsident der Roten Funken
Foto: Claudia Hessel

Heiko meint dagegen, diese Kommentare wären vor 120 Jahren identisch gewesen z.B. bei Fragen wie: „Dürfen Frauen studieren? Oder dürfen Frauen wählen“? Auch für Ortwin Weltrich ist ein Dreigestirn ohne Frauen antiquiert und rückwärtsgewandt. „Das passt nicht zum vielbeschworenen modernen Karneval. Was steckt dahinter? Die Angst von Männern eine ihrer letzten Bastionen zu verlieren, weil dann auch in den renommierten Karnevalsvereinen Frauen nicht mehr außen vorgelassen werden können. Aber gibt es auch nur ansatzweise ein sachliches Argument, Frauen in diesen Vereinen und im Dreigestirn nicht zuzulassen? Es ist wohl mehr die Urangst vor Veränderung. Aber in einer modernen Welt gilt: Wer sich nicht verändert, wird irgendwann verändert.“

In dasselbe Horn stößt Oliver: „Ich würde eher sagen, dass die Veränderungsunwilligkeit und Besitzstandswahrung des vorwiegend aus alten weißen Männern bestehenden Karnevalsestablishment das Problem ist.“ Er geht sogar noch einen Schritt weiter und wittert unlautere Methoden. Auch beim Stichwort Quote, obwohl sie noch ­keiner fordert, scheiden sich die Geister: Bastian Ebel vom Express ist auf Linie des verantwortlichen Kölner Festkomitees, wonach einem weiblichen Dreigestirn prinzipiell nichts im Wege stehen würde: „Es geht doch schon längst, dass Frauen im Kölner Dreigestirn unterwegs sein dürfen. Warum soll Quote vor Qualität gehen? Gebt mir ein Superfrauen-Dreigestirn, die in der Bewerbung besser sind und gut.“ Beim Thema Quote meldet sich Inga Vogt zu Wort: „Keiner fordert eine Quote, aber es ist die gleiche Argumentation, zu der immer wieder Unternehmen und auch viele Organisatoren von Panels und Fachveranstaltungen greifen: Es gebe keine geeigneten Frauen. 51,1% der Kölner Bevölkerung „Qualität“ abzusprechen, finde ich gewagt.“

Und was sagt das Festkomitee dazu? „Zum Geschlecht des Kölner Dreigestirns gibt es in unserer Satzung keine Vorgaben.“ heißt es. Auch ein gemischtes Trio sei möglich. „Es stimmt, dass es in der Vergangenheit bereits weibliche Bewerber gab. Über die Anzahl oder die Leistungen der Bewerberinnen und Bewerber machen wir aber grundsätzlich keine Angaben.“

Emanzipation im Karneval – kein Thema im Kölner Jubiläums-Rosenmontagszug. Nur das Bärbelchen als Bischöfin soll die Zukunft sein? Das ist zu wenig.
Foto: Claudia Hessel

Gibt es einen fairen Wettbewerb? 75 Karnevalsgesellschaften gehören dem Festkomitee an und sind vorschlagsberechtigt für das Dreigestirn. Davon sind zur Zeit vier Frauengesellschaften sowie noch einige gemischte Karnevalsgesellschaften, wobei der Frauenanteil wohl sehr gering sein dürfte. Auf der Grundlage ist offenbar schon allein rein rechnerisch die Chance für ein weibliches Dreigestirn gering.  Repräsentanten des etablierten Karnevals sehen das zuversichtlicher. Rote Funken Präsident Heinz-Günther Hunold nimmt es fußballerisch: „Der Ball liegt bei den gemischten Karnevalsgesellschaften. Die müssen sich jetzt mit ihren Frauen bewerben!“ Auch für den amtierenden Prinz Boris I. gehören Frauen ins Dreigestirn – irgendwann. Für ihn ist es aber wichtig, dass man sich im Dreigestirn bestens versteht. „Sonst klappt es im Team nicht.“

Ich finde, die Diskussion um ein Kölner Dreigestirn mit Frauen muss nicht nur in den sozialen Medien, sondern vor allem auch auf den Straßen dieser Stadt geführt werden. Und gibt es 2023 das Thema Emanzipation im Jubiläums-Rosenmontagszug? Leider Fehlanzeige! Lediglich im Bezug auf die Kirche wird die Rolle der Frau aufgriffen: mit Bärbelchen als Bischöfin unter dem Titel: „Zokunf – mer spingkse wat kütt“ – Zukunft, wir schauen, was kommt. Das ist entschieden zu wenig für 2023. Es müssen ja nicht gleich Die Heiligen Drei Königinnen werden, wie Birgit auf facebook ironisch vorschlägt. Aber ein Dreigestirn mit Damen sollte in Zukunft selbstverständlich sein.

Eine jecke Zeit wünscht Ihnen

Ihre Claudia Hessel