NEWSLETTER 19.05.2023

Wie Köln aufs Ehrenamt und einen Sportverein pfeift – Wir gratulieren dem Excelsior Hotel Ernst zum 160-Jährigen – Demokratie im Supermarkt

 

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

stille Helden kommen sympathisch rüber. Zumindest im Film finden Sie Aufmerksamkeit und es kommt zu einem glücklichen Ende. Die Wirklichkeit ist meist anders. Da wird der Leise mit seinen Argumenten nicht gehört. Wenn er geduldig ist, Verständnis zeigt und Vertrauen hat in Institutionen, kann das sogar ein Nachteil sein. Die Jahre gehen dahin und unversehens stellt sich die Existenzfrage. Das ist die Erfahrung der Ehrenamtler des RSV Rath/Heumar, eines mehr als 100 Jahre alten Sportvereins am Rande dieser Stadt, jedoch „mitten im Dorf“, wie die Rather selbst sagen.

Aufmerksam wurde ich, weil der Verein nun an die Öffentlichkeit geht. Rund 100 Mitglieder, vom Steppke bis zum Vorsitzenden Hans-Georg Offermann (66), protestierten jüngst mit den Schlachtrufen des RSV vor dem Kölner Rathaus. Im Karnevalszug marschierten die Mitglieder demonstrativ neben einem Sarg aus Sperrholz. Wer den Verein an einem Regentag besucht, versteht das: Der Asche-Sportplatz steht dann unter Wasser. Seit Jahren ist sein Zustand desolat. Wechselt das Wetter, drohen Spielabbrüche. Obendrein ist die Pacht gekündigt. Die Zahl der Mitglieder sank in zehn Jahren von 1200 auf 550.   

Dennoch ist das Gelände am Wochenende Treffpunkt für ganze Familien. Kinder lernen hier, was ein Handy nicht bieten kann: ein Team zu bilden, zu verlieren, aufzustehen und beim nächsten Mal zu gewinnen, andere zu respektieren oder sich einzuordnen, kurzum – sie lernen fürs Leben. An der frischen Luft sind sie außerdem.

Die Vereinsspitze hat über die Jahre alles richtig gemacht. Hans-Georg Offermann und Vize Gerd Gran sind sortierte und realistische Gesprächspartner. Vereinsheim und Umkleiden atmen Kostenbewusstsein. Rücklagen wurden gebildet, um bei Arbeiten Eigenanteile beisteuern zu können. Sogar ein umsetzungsfertiger Rettungsplan mit dem Pachtgeber wurde entwickelt, der mit einem Bauprojekt neue Sportanlagen finanzieren will. Bislang nicht mit Ruhm bekleckert hat sich jedoch die Kölner Politik.  

Fußball ist eine Integrationsmaschine. Das weiß ich von Salvatore Saporito, der an der Spitze von Borussia Kalk steht. Sein Vater zog aus einem Dorf in Sizilien nach Köln, wo er Arbeit in der Chemischen Fabrik Kalk fand. Heute ist Salva erfolgreicher Manager. Kalk hat er verlassen, doch Vorsitzender der Borussia ist er geblieben. „Wir haben 28 Nationen im Verein, 90 Prozent haben Migrationshintergrund“, berichtet er. Wenn er von seinen Jugendmannschaften spricht, wie sie sich entwickeln und Herausforderungen auch außerhalb des Spielfelds annehmen, leuchten seine Augen. Fußball spricht alle Sprachen, steht auf der Internetseite von Borussia Kalk.

Das muss stimmen. Denn der eher beschauliche Dorfclub RSV Rath-Heumar und die raue Borussia aus Kalk sind gute Nachbarn und Partner, wie auch Viktoria Köln. „Wir haben schon früher immer gerne in Kalk gespielt. Da war Feuer drin“, erzählt Hans-Georg Offermann. Aber: „Unsere Mitgliederstruktur ist anders.“ Doch auch Rath-Heumar spiegelt die aktuelle Entwicklung. „Im Karnevalszug sind Türken, Inder, Griechen, Italiener und Ukrainer mitgegangen.“

Anfang des Jahres schrieb gar der Fußball-Verband Mittelrhein wegen des TSV Rath-Heumar an die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Von einer „verheerenden Signalwirkung für das Ehrenamt, auch weit über die Stadtgrenzen von Köln hinweg“, ist in dem Schreiben zu lesen, vom Wert des Engagements, das in Köln auf €925 Mio. beziffert wird (https://www.ehrenamtatlas.de). Aber eigentlich weiß man das.

In seinem Plädoyer verweist Dr. Christos Katzidis, Präsident des Fußballverbands, auf die praktische Sozialarbeit von Vereinen, auf die Vermittlung von Werten. „Wenn das verloren geht, bröckelt der Zusammenhalt in der Gesellschaft.“ Dann wird es richtig teuer für die Stadt. Hoffen wir, dass diese Geschichte ein Happy End findet. Denn nun hatte der RSV Rath/Heumar einen Termin im Rathaus, der ein wenig Zuversicht gab. Schade, dass die Leisen erst laut werden müssen. Aber dieses Spiel dürfen sie nicht verlieren.   

Nun zu einem besonderen Ort: Dem Excelsior Hotel Ernst. Vor 160 Jahren, 1863, nahm es seinen Betrieb auf. „Zwei Jahre nach dem Wallraf-Richartz-Museum“ und „zu Füßen des Doms“, notierte Patrick Bahners in der Frankfurter Allgemeinen gedankenvoll, nachdem er eine Veranstaltung des Kölner Presseclubs im Gobelin-Saal besucht und dabei nebenbei eine Kölner Dreifaltigkeit markiert hatte, die uns stolz macht.

Denn im „Excelsior“ finden seit 20 Jahren unsere großen Veranstaltungen statt, dank unserer Ehrenpräsidentin Hildegard Stausberg, die einst die Bande knüpfte. Hier haben wir kürzlich NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst interviewt oder Lionel Souque, Chef der Rewe Group, haben auch wir als „Presseclub“ erleben dürfen, dass dieses Haus gleichermaßen für Tradition wie Innovation steht. Sein klassischer Rahmen gibt Halt, wenn uns die Themen der Zeit zu schaffen machen, der Stil des Hauses bietet Orientierung.

Als im Zuge der Corona-Maßnahmen auch diese Institution gleichsam stillgelegt wurde, versorgte sie die Kölner umso verlässlicher mit Gänsen für die Vor-Weihnachtstage und versicherte ihrem Publikum, dass sie lebt, was nicht selbstverständlich war – zu viele gingen damals vom Markt. Auch wir vom Kölner Presseclub mussten uns bangen Fragen stellen und rückten näher an die, die wir leichthin Partner und Sponsoren nannten und die sich in diesen Tagen als Freunde, manche auch als Retter erwiesen.

Ganz sicher – das Excelsior Hotel Ernst ist für die meisten kein Ort für alle Tage. Es ist ein besonderes Haus und es bedarf eines Anlasses, es aufzusuchen – eine Feier, ein festliches Essen, ein besonderes Beisammensein. Oder eine unserer Veranstaltungen. Am Sonntag, 21. Mai, von 12 bis 18 h aber ist Tag der Offenen Tür. Dann ist das Excelsior sich selbst Anlass genug. Mittags wird von Eigentümer Charles Roulet und Hotelchef Georg Plesser eine gewaltige Geburtstagstorte angeschnitten, der Verkaufserlös dient einem guten Zweck.

Susanne Hengesbach macht sich derweil ihre eigenen Podcast-Gedanken darum, das Wahlalter herabzusetzen. Sollten bereits Kleinkinder den Einkauf bestimmen und vor den Supermarkt-Regalen entscheiden, was gekauft werden soll? Ist das gewissermaßen die Minimalform von Demokratie? Und wenn nicht – was ist es dann? Hören Sie selbst ….

Vielleicht sehen wir uns im Excelsior? Ein sonniges Wochenende wünscht Ihnen

Ihr

Peter Pauls