„Bündnis von OB Reker versagte“

Vor einer erstarkten AFD hat die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) in einem Namensbeitrag in der Wochenendausgabe des Kölner Stadt-Anzeiger vom 23./24.9.2023 gewarnt („Gegen rechte Stimmungsmache“) und die Dringlichkeit dieses Themas betont. Darauf hat Rainer Kippe von der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim (SSM) dem Kölner Stadt-Anzeiger geantwortet. Sein Zusammenschluss „SSM“ hat der Stadt Köln über die Jahrzehnte viel Geld für Sozialarbeit gespart, Menschen buchstäblich von der Straße geholt und mit ihnen Gebäude saniert. Kippe hat uns gestattet, sein Schreiben zu veröffentlichen, was wir in Auszügen tun:

Die Gefahr, die Frau Reker beschreibt, und die Warnungen, die sie ausspricht, teile ich.

Frau Reker vergisst nur hinzuzufügen, dass das größte Problem unserer kölschen Stadtgesellschaft und damit das Einfallstor für die Stimmungsmache der rechten Rattenfänger im Entscheidungsbereich von Frau Reker und dem sie stützenden Ratsbündnis liegt. Ich meine die wachsende Wohnungsnot, die galoppierenden Mieten und die explosionsartig ansteigenden Zahlen von Obdach- und Wohnungslosen, die auf Jahre hinaus in Mehrbettzimmern in Billighotels untergebracht sind und in immer größerer Zahl auf unseren Straßen übernachten- das ist es, was die Menschen beunruhigt und immer mehr an unserem sozialen System zweifeln lässt.

Hier hat – das sagt die Analyse Ihrer Zeitung (des „Kölner Stadt-Anzeiger“, d. Red.), die vor einem halben Jahr erschienen ist – das Reker-Bündnis versagt. Sie, der Stadtanzeiger, sprachen damals von „Scheitern“. Die Grünen – meine Partei -, also muss ich sagen WIR Grünen-, verhindern den Neubau, weil wir das Klima schützen wollen, die Privatwirtschaft, mit der Frau Reker ein Bündnis geschlossen hat, verweigert den Weiterbau aus Kostengründen. Riesige Brachen stehen leer, zu besichtigen bei uns in Mülheim entlang der Deutz-Mülheimer Straße.

Köln hat schon einmal eine solche Krise erlebt, und Köln hat sie bravourös gemeistert: Ende der 60er Jahre hatte Köln über 20.000 Menschen, die in Bunker und Kasernen hausten. Durch Gründung einer eigenen Wohnungsbaugesellschaft, der Grund und Boden, und ein eigenes „Hundert-Millionen-Programm“ (das entspricht heute etwa einer Milliarde, also gerade mal so viel, wie die Sanierung von Oper und Schauspielhaus kosten), hat die Stadt damals binnen weniger Jahre 20.000 Wohnungen in modernen Siedlungen errichtet und so die Wohnungsnot zum Verschwinden gebracht. Das Geheimnis: alle Parteien haben sich in einer „Kölschen Fraktion“ zusammengetan und alle Maßnahmen einstimmig beschlossen – auch die FDP, die mit ihrem damaligen Sprecher im Kölner Rat Gerhart Baum den Vorschlägen der Verwaltung unter Wohnungsamts- und Sozialamtsleiter Uwe Kessler und Sozialdezernent Norbert Burger erst zum Durchbruch verholfen hat. (Am Ende stritten sich CDU und SPD, wer den Vorschlag zuerst gemacht hat….) Nachzulesen im Ratsprotokoll vom 25.03.71

Eine solche „Kölsche Fraktion“ benötigen wir heute wieder, wenn unsere Demokratie, deren Kern der Soziale Rechtsstaat nach Art.20 GG ist, bestehen soll.