Abends durch Bad Godesberg nur noch mit Pfefferspray

Die strenge Stausberg

Abends durch Bad Godesberg nur noch mit Pfefferspray

Es gibt Veränderungen, die kommen schleichend daher. Irgendwann sind sie einfach da. Im Nachhinein fragt man sich, wie alles so kommen konnte – und ob es so kommen musste.

Das erleben zurzeit Freunde von mir in Bonn-Mehlem, früher ein kleines Fischerdorf, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein eleganter Kurort in der Nähe von Bad Godesberg. Als sie ihr Reihenhaus kauften, waren Bundesregierung und Bundestag in Bonn. Im benachbarten Godesberg residierten Botschaften und wichtige Verbände.

Wer eine Immobilie dort erwerben konnte, schätzte sich glücklich – ihr Wertzuwachs schien programmiert. Dann fiel die Mauer, und der Umzug nach Berlin wurde vorbereitet. 1995 öffnete am Rhein die vom saudischen Königshaus finanzierte König-Fahd-Akademie ihre Pforten. Es hieß damals, durch sie solle der „Clash of Civilisations“ bekämpft oder zumindest abgemildert werden.

Es kam anders: Die Akademie wurde zum Mekka für Anhänger des strengen saudischen, also wahabitischen Islam. Dadurch änderte sich in weniger als einer Generation das Bild Bad Godesbergs: Wo früher Botschaftergattinnen shoppten, gehen nun schwarz vermummte Damen mit großer Kinderschar spazieren. Im letztem Jahr wurde die Akademie zwar geschlossen, aber die Stadt bleibt ein Magnet für Immigranten aus dem arabischen Raum.

Hilfloser Rechtsstaat

Die Menschen, die seit Jahrzehnten dort leben, spüren besonders, wie sich ihre Stadt verändert hat. Dazu gehört vor allem eine Unsicherheit, die es dort so nie gab. Meine Freunde etwa, Mitte sechzig und noch sehr rüstig, empfinden das stark.

Seit Jahrzehnten gehört für sie zum Tagesausklang der Spaziergang am Rhein entlang. Dabei müssen sie durch eine Unterführung der B 9. Längst umgehen sie die weitläufig; bei beginnender Abenddämmerung tragen beide Pfefferspray in der Tasche.

Allein würde meine Freundin abends ein paar „heikle Gegenden“ in Bad Godesberg sowieso ausklammern, die allbekannten No-go-Areas. Und der Fall Niklas hat die Stimmung nicht gerade verbessert: Das Verfahren zum Tod des 17 Jahre alten Schülers im Mai 2016 wurde jetzt mit einem Freispruch für den vorbestraften, gewalttätigen 21 Jahre alten Hauptangeklagten Walid S. beendet.

Meine Freundin meint, das „Aktionsbündnis für ein lebenswertes Godesberg“ habe recht, wenn es von einem „fatalen Signal“ spricht und die Hilflosigkeit des deutschen Rechtsstaats angesichts der Macht der die Szene beherrschenden Klans beklagt. Gerade das mache ihr als Frau Angst. Besserung sieht sie nicht und zum Wegziehen sei sie zu alt.

von Dr. Hildegard Stausberg

Quelle: welt.de

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