Beethovenhalle bitte abreißen!

Die strenge Stausberg

Beethovenhalle bitte abreißen!
Liebhaber klassischer Musik, die im Rheinland leben, haben es in diesen Wochen gut: Das Angebot des Beethovenfests in Bonn ist so spannend wie seit Langem nicht mehr.

Vom 9. September bis zum 9. Oktober hat Intendantin Nike Wagner rund um das Thema „Revolution“ ein musikalisches Feuerwerk entzündet. Und es ist toll, dass die in Bonn residierende Deutsche Welle dies aufgegriffen hat für die Vergabe einer Auftragsarbeit an den jungen mexikanischen Komponisten Enrico Chapela: „Zimmergramm“. Dabei geht es um das sogenannte „Zimmermann-Telegramm“ vom Januar 1917. In ihm bot der damalige Staatssekretär im Auswärtigen Amt Arthur Zimmermann der mexikanischen Revolutionsregierung ein Bündnis gegen die Vereinigten Staaten an. Das verschlüsselte Telegramm wurde vom englischen Geheimdienst entziffert – kurze Zeit später erklärte Washington Berlin den Krieg.

In Deutschland fast vergessen, ist diese Episode in Mexiko wohlbekannt – auch weil sie in die Wirren der Revolution hineinspielt. Nun also in Bonn die grandiose Uraufführung von „Zimmergramm“ durch das Bundesjugendorchester und den Jugendchor des Landes Nordrhein-Westfalen, unter der Leitung von Alondra de la Parra, einer charismatischen jungen mexikanischen Dirigentin. Wunderbar!

Doch es gab einen Wermutstropfen: die runtergekommene Beethovenhalle – klein, muffig, mit verbautem Eingangsbereich („Hauptfoyer“) und einem Netz unübersichtlicher Nebenzimmer und Minisäle. Diese Halle ist die falsche Hülle für das Beethovenfest. Im September 1959 fertiggestellt, wurde sie rasch zu einem Wahrzeichen der „Bonner Republik“. Da sie aber ein Mehrzweckbau war, also ebenso als Konzertsaal dienen sollte wie als Quartier für Kongresse oder Karnevalsveranstaltungen, wurden Zugeständnisse bei der Akustik gemacht. Kurt Masur empfand sie als „zu trocken“.

Die Bonner DAX-Unternehmen – Post, Telekom, Postbank – plädierten 2009 richtigerweise für einen Abriss. Sie boten den Bau einer neuen Halle an, die vor allem dem Beethovenfest, das für die Stadt immer wichtiger wird, gerecht werden sollte. Den Neubau wird es nicht geben. Dafür aber eine Sanierung der alten Hütte, die, so viel steht längst fest, viel teurer werden wird als jeder Neubau, und selbst nach einer Geldvernichtung von wohl so um die 100 Millionen Euro nicht die akustischen Anforderungen erfüllen wird. Armer Beethoven!

von Dr. Hildegard Stausberg
Quelle: welt.de

Eine Empfehlung von Gabriele Gehrt