Newsletter 8. April 2022

Newsletter vom 08.04.2022

Der schmutzige Krieg in der Ukraine wird grenzenlos – Weltweit drohen Hungerkatastrophen 

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

niemand kann genau sagen, wie viele Flüchtlinge aus der Ukraine sich in Deutschland aufhalten. Offiziell hat die Bundespolizei 307.000 Menschen registriert. Wegen fehlender Grenzkontrollen dürfte die tatsächliche Zahl aber deutlich höher liegen. Vielleicht bei einer halben Million? Mindestens 4.1 Millionen Menschen haben das überfallene Land verlassen. In der Ukraine selbst sind mehr als sieben Millionen Menschen auf der Flucht. Sie müssten versorgt werden, damit nicht Hungersnöte oder Seuchen ausbrechen.

Bereits diese Zahlen sind gewaltig. Sie muten unwirklich an, als ginge es nicht um ein Land, das nur zweieinhalb Flugstunden entfernt liegt, sondern um ein entferntes Krisengebiet wie den Süd-Sudan. Womöglich müssen wir als Folge dieses Krieges jedoch noch mit Fluchtbewegungen in unerhörter Dimension rechnen.

Die Ukraine und Russland gehören zu den fünf größten Weizenproduzenten. Doch auf den fruchtbaren Äckern wird Krieg geführt und Russland ist mit Handelssanktionen belegt. Mit einer Ernte rechnen nur noch Optimisten. Die internationalen Märkte schon gar nicht. Der zu erwartende Mangel ist eingepreist. Wir spüren es bei jedem Einkauf. Außerhalb West-Europas rechnen Experten fest mit Hungerkatastrophen.

Werner Baumann, Chef des Chemiekonzerns Bayer, hat einen dramatischen Aufruf verfasst. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung forderte er sofortiges Handeln und verwies auf Zahlen des Welternährungsprogramms. Danach leiden derzeit 276 Millionen Menschen an Hunger. 44 Millionen von ihnen in 38 Ländern stehen an der Schwelle zum Hungertod. „Die Auswirkungen des Krieges könnten diese Zahlen verdoppeln„, schrieb Baumann und formulierte den zentralen Satz: „Der Markt wird das nicht lösen können.“ Mit anderen Worten: Die Politik muss übernehmen.

Mehr als ein Drittel der rund 100 Millionen Ägypter lebt unterhalb der Armutsgrenze und damit von hoch subventioniertem Fladenbrot. Vier Fünftel des dafür notwendigen Getreides kommt aus den Gebieten der Kriegsparteien. Was geschieht, wenn diese Lieferungen ausfallen? 2011 kam es zum „Arabischen Frühling“, der in seinem Kern ein Brotaufstand war, wie Experten das nennen.   Ist unsere, ist die Weltpolitik gerüstet für eine solche Situation? Hat sie womöglich Vorkehrungen getroffen? Ich glaube, nachdem ich einige Telefongespräche mit PolitikerInnen in der Hauptstadt geführt habe, nicht mehr daran. Was wird, wenn es erst gar kein Brot gibt – egal wie teuer? Kalkuliert Wladimir Putin womöglich mit Fluchtbewegungen von Millionen und Abermillionen hungriger Menschen, die die Völkerwanderungen früherer Zeiten wie Sonntagsspaziergänge aussehen lassen?

Was geschieht, wenn wir konsequent auf russisches Erdgas verzichten? Ein Freund berät Industrieunternehmen in energetischen Fragen und prophezeit, dass dann weite Teile der deutschen Wirtschaft brach liegen werden. Sie stehen still. Anders als in jedem bisherigen Lockdown wird dann nicht mehr produziert. Das bedeutet: Keine Arbeit für hunderttausende von Menschen. Nun wird verständlich, warum Wirtschaftsminister Robert Habeck trotz Grünen-Parteibuch partout keinen Lieferstopp aus Russland will.

Die Corona-Jahre haben gelehrt, wie abhängig Staaten von industriellen Lieferketten sind. Der Ukraine-Krieg erweist, dass der Nahrungsmittelsektor keine Ausnahme ist. Das ostafrikanische Kenia etwa bezieht 40 Prozent seines Weizenbedarfs von den Kriegsparteien. Die eigenen fruchtbaren Böden werden genutzt, um den Kaffee oder Tee anzubauen, den wir täglich trinken. Zusätzlich zu Lieferengpässen bedroht noch eine Jahrhundertdürre die Menschen am Horn von Afrika. Bis zu 20 Millionen Menschen sind von ihr betroffen. Wenn das keine Fluchtgründe sind?

Über diese Fragen und viele andere aktuelle Fragen möchte ich am Donnerstag, 28. April, 19.30 Uhr, im Excelsior Hotel Ernst mit unserem Experten auf dem Podium sprechen. Hier finden Sie alle Informationen zum Gesprächsabend.

Als wir den Titel „Schmutziger Krieg ohne Grenzen“ wählten, wussten wir noch nicht von den tief verstörenden Bildern aus dem ukrainischen Butscha, die die Welt entsetzen.  Udo Lielischkies hat viele Jahre das ARD-Studio in Moskau geleitet und ist einer der erfahrensten Auslandskorrespondenten unseres öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Er wird uns erklären können, warum dieses Entsetzen geteilt ist. Denn auch die Moskauer Version, wonach die Ukraine diese Horrorbilder selbst inszeniert hat, findet Anhänger.

Dr. Sonja Beer vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln hat soeben noch einen Bericht über die Handelsbeziehungen zwischen Russland und Deutschland verfasst. Was kommt da noch auf uns zu? Sie weiß um die Verflechtungen und Abhängigkeiten. Und Douglas Graf Saurma, Geschäftsführender Vorstand von Malteser International, kennt Krisen, schon von Berufs wegen und aus eigenem Erleben. Ihm ist der traurige Mechanismus geläufig, dass mitunter ein Wink engstirniger  Machtpolitiker genügt, um Millionen von Menschen einem Leben in Entwurzelung und Elend auszusetzen.

Vor einer Woche thematisierten wir, dass die Kölner Stadtverwaltung in ihrer unergründlichen Weisheit den Dom aus dem Logo der Stadtverwaltung hat entfernen lassen. Uns erreichten Mails, dieser Scherz sei nun wirklich dämlich, denn wir sendeten am 1. April. Wer immer so denkt, muss jetzt tapfer sein: Nein, das war kein Aprilscherz!

Ich wünsche Ihnen friedvolles Wochenende

Ihr

Peter Pauls

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Newsletter 1. April 2022

Newsletter vom 1.04.2022

Henriette Reker, die Verwaltung und eine verpatzter Markenauftritt
Die Kunst, aus einer Chance eine Krise zu machen

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

es ist so eine Sache mit dem Alleinstellungsmerkmal: Es ist nicht in jedem Fall das höchste Glück, unverwechselbar zu sein. Womit wir bei der Kölner Stadtverwaltung wären. Der wurde in einem Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger gerade von zwei Investoren bestätigt, bundesweit der Standort mit den langwierigsten und unkalkulierbarsten Genehmigungsverfahren zu sein. Diese fundamentale Kritik (u.a. vom Kölner Unternehmer und Kommunalpolitiker Anton Bausinger), davon muss man ausgehen, wird (mit Ausnahme der Oberbürgermeisterin Henriette Reker und der betroffenen Verwaltung) kaum auf Widerspruch stoßen.

Das soll allerdings nicht heißen, dass die Stadtverwaltung untätig ist. Im Gegenteil: Mit einem neuen Signet will sie sich einen zeitgemäßeren Anstrich geben – zumindest nach außen also modern und leistungsfähig erscheinen. Köln wäre nicht Köln, würde nicht aus einer beabsichtigten Lösung ein neues Problem. Denn das überarbeitete Signet verzichtet auf die stilisierten Domtürme – mithin auf das zentrale Alleinstellungsmerkmal der Stadt.

Wer immer Henriette Reker beraten haben mag, er kann es nicht gut mit ihr gemeint haben. Denn sofort erhob sich ein Protest gegen diese wenig instinktsichere Idee, angeführt vom Alt-Oberbürgermeister Fritz Schramma über den Präsidenten des einflussreichen Dombau-Vereins Michael Kreuzberg bis hin zu Kölsch-Rocker Peter Brings. Der nachgereichte Hinweis, es handele sich nur um das Signet der Stadtverwaltung, ein Standort-Logo für die „Stadt Köln in ihrer Gesamtheit“ werde auf das markante Profil der Domtürme nicht verzichten, vermochte nicht zu beruhigen.

Dass es sich nicht nur um eine sentimentale Gemütsaufwallung von Lokalpatrioten handelt, macht Michael Kreuzberg deutlich: „Von der Verwaltungspost bis zum Markenauftritt nach draußen braucht es eine Einheitlichkeit. Dieses Prinzip wird hier verletzt. Das verstößt gegen jedes Gebot einer angestrebten Corporate Identity“, formuliert er sein Unverständnis. In diesem Urteil wird er von Walter Brecht, einem international erfahrenen Markenspezialisten, bestätigt: „Das wirkt wie ein hastig nachgeschobenes Argument“ – mithin wenig glaubwürdig.

Dombauvereins-Präsident Michael Kreuzberg
Quelle: ZDV

Als langjähriger Chef von Verwaltungen – erst als Bürgermeister von Brühl, dann als Landrat des Rhein-Erftkreises – kennt Kreuzberg aus eigener Erfahrung solche Prozesse gut. Auch einen anderen heiklen Punkt sieht er, wenn die Stadt-Bürokratie mit einem eigenen Signet operiert: „Damit entsteht die Gefahr, dass die Verwaltung sich separiert, noch mehr meint, sie sei eine eigene Welt.“ Auch dürfte nicht der Eindruck bei den Bürgerinnen und Bürgern entstehen, „ihre Stadtverwaltung ist etwas anderes als ihre Stadt.“ Es zeuge im Übrigen, merkt er ironisch an, schon von einem enormen Selbstbewusstsein der Stadt, in einem Logo den Hinweis auf die weltweit berühmte Kathedrale zu verzichten. Andere Städte wie Berlin mit dem Brandenburger Tor kämen wohl kaum auf die Idee.

Man könnte sich fragen, warum ein neues Signet eine solche Erregungswelle provoziert. Aber was auf manchen wie ein Sturm im Wasserglas wirkt, legt ein offensichtlich tiefer sitzendes Unbehagen frei. Eine generelle Unzufriedenheit mit der Stadt und ihrer politischen Führung. Der Eindruck, dass Köln hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt, sein Potential nicht ausreizt, die PS nicht auf die Straße bringt. Es kann sein, ist sogar wahrscheinlich, dass sich die Aufregung über das neue Signet nach verhältnismäßig kurzer Zeit wieder legt, wie Marken-Experte Walter Brecht vermutet. Aber das Unbehagen, so steht zu befürchten, wird bleiben.

Ein Störgefühl anderer Art löst auch die Umweltministerin Ursula Heinen-Esser aus. Sie hatte als zuständiges NRW-Kabinettsmitglied während der verheerenden Flutkatastrophe im vergangenen Jahr ihren Mallorca-Urlaub nur kurz unterbrochen. Während Menschen Hab, Gut und manchmal sogar das Leben verloren haben, war die Ministerin nicht vor Ort, sondern auf einer Ferieninsel. Das ist schwer zu vermitteln. Zudem gab es Ungereimtheiten und Aussagen, die nachträglich peinlich korrigiert werden mussten. Wenige Wochen vor der wichtigen Landtagswahl ist sie damit für ihre Partei und Ministerpräsident Wüst zu einer brisanten Belastung geworden. Ein Rücktritt dieser politisch so erfahrenen Kölnerin scheint kaum zu vermeiden sein. Es zeigt einmal mehr, dass erst in Extremsituationen sichtbar wird, ob Instinkt und Charakter den Herausforderungen eines öffentlichen Amtes gewachsen sind.

In diesem Sinne grüßt Sie nachdenklich, doch herzlich wie stets,

Ihr

Michael Hirz

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Newsletter 25. März 2022

Newsletter vom 25.03.2022

Der ungleiche Kampf der Klitschko-Brüder in der Ukraine – Verbreiten Holzkohlegrills am Eigelstein „giftige Gase“?

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

heute, wenn dieser Newsletter in Ihrem Postfach liegt, wird Wladimir Klitschko 46 Jahre alt. Der frühere Weltklasseboxer ist eine der großen, internationalen Sport-Persönlichkeiten – und Ukrainer. Nach Lage der Dinge feiert er in einer Trümmerwüste. Denn als der Nachbar Russland die Ukraine überfiel, verließ Wladimir Hamburg, wo er eigentlich lebt, und reiste nach Kiew, um der Heimat und seinem älteren Bruder beizustehen. Vitali Klitschko (50) ist Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt. Unter den Augen der Welt wird sie von russischen Truppen gerade in Trümmer geschossen. Manchmal sehen wir ihn im Fernsehen. Der promovierte Sportmediziner, auch er ein großer Boxer und Athlet, trägt Schutzkleidung und versucht, den gebliebenen Bürgern Zuversicht zu geben. Sich selbst vermutlich auch, denn Vitali weiß, wie ungleich die Kräfte verteilt sind.

Zudem stehen die Klitschkos mutmaßlich auf Todeslisten. Sie reißen diesen Krieg aus der Anonymität und geben ihm ein Gesicht. Wie natürlich vor allem Wolodymyr Selenskyj, der Präsident des Landes, den bis vor kurzem nur wenige in Deutschland kannten und dessen verzweifelte Reden heute Weltnachrichten sind. Die Brüder aber sind gefühlt seit ewigen Zeiten Teil auch unseres Landes. Sie gelten als Sinnbild für Fairness, Sportlichkeit und Charakter. „Die Deutschen haben meine Söhne adoptiert“, sagte Wladimir Rodionowitsch Klitschko seinerzeit stolz, der 2011 verstorbene Vater.

2011 kam auch der Film „Klitschko“ in die Kinos. Produziert haben ihn Leopold Hoesch und sein Team von Broadview TV aus Köln. Damals besuchte Vitali Klitschko den „Kölner Stadt-Anzeiger“. Wir versteigerten Filmplakate und der charismatische Sportler alberte mit uns in der Redaktion herum – ein echter Menschenfischer dank seines Lächelns, seiner Intelligenz sowie seines Mutterwitzes, weniger wegen seiner Muskeln und hünenhaften Statur. Häufig gewinnt die Gegenwart ihren Wert erst durch die Entwicklung in der Zukunft. Im Rückblick jedenfalls denke ich, was für unbeschwerte Zeiten das waren.

Vitali und Wladimir Klitschko mit Filmproduzent Leopold Hoesch (Mitte) auf dem Tribeca Film Festival 2011.

Bild: Broadview

Seit den Jahren des Klitschko-Films ist Leopold Hoesch den Brüdern freundschaftlich verbunden. Mut, Gradlinigkeit, Entscheidungsfreude, Humor und Größe – was Vitali und Wladimir heute zu Helden macht, war damals schon Teil ihrer Persönlichkeit, sagt der Filmproduzent. Er erkenne nichts Neues in den Beiden, sie seien ihrem Wesen treu geblieben. Nur stehen sie heute auf einer anderen Weltbühne. Es bleibt zu hoffen, dass der tragische Kampf ihre Kräfte nicht übersteigt. Sportliche Regeln und Fairness gelten nichts mehr.

Wozu Moskau fähig ist, konnte man in den Tschetschenienkriegen und in Syrien beobachten. In all den vergangenen Jahren war immer die Rede davon, eine Fortsetzung des Klitschko-Films (sie finden ihn hier) zu drehen. Ich wünsche den Brüdern und damit ihrem Land, dass nicht nur Klitschko II, sondern eines Tages auch Klitschko III gedreht werden. Lebendige Helden sind die liebsten Helden.

Nun ruht der Blick auf Köln. Unser Newsletter vom 11.3. zum Eigelstein – hier klicken – fand viel Resonanz. Und wieder gibt es Schlagzeilen: „Wo Geruch ist, ist auch Gift, Bürgerverein gegen Kohlegrills am Eigelstein„, titelte der Kölner Stadt-Anzeiger über eine Sitzung der Bezirksvertretung. „Gift“ aus dem Mund des Bürgervereins ist ein starkes Wort. Mir kommt der Totenkopf mit den gekreuzten Knochen in den Sinn. In der Apotheke gibt es einen Giftschrank, zu dem nur geschulte Kräfte Zugang haben. Das sollte auch für Worte gelten, die ein Miteinander vergiften können. Zumal – so eine Amtsvertreterin – die Abluftanlagen der Grills regelmäßig überprüft würden: Bisher ohne Beanstandungen, die Grenzwerte würden eingehalten. Schädliche Umwelteinwirkungen müssten erst gerichtsfest nachgewiesen werden, sagt sie. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

„Ich hätte mir im Leben nicht vorstellen können, dass gerade in Köln in Bezug auf eine von türkischen Geschäften dominierte Straße permanent der Begriff „Gift“ fällt“, sagt Lale Akgün. Ob die Stadt nach Gutdünken der Vereinsmitglieder die Imbissstuben auf der Weidengasse mit weiteren Auflagen versehen soll, fragt die frühere SPD-Bundestagsabgeordnete. „Ich bin sehr vorsichtig mit dem Begriff Rassismus. Doch frage ich mich, wie man eine Kampagne bezeichnen soll, die sich mit Begriffen wie Gift und Giftgas gegen türkische Imbissstuben richtet und von dem vehementen Wunsch beseelt ist, diese Straße nach eigenen Vorstellungen umzuformen?“

Warum so viel Eigelstein? Weil das Viertel für den Wandel in Großstädten steht, zumal hier die Verhältnisse konturiert sind und die Fragen offenliegen. Wie gestaltet man Veränderung, ohne ganze Bevölkerungsteile zu verdrängen? Gibt es Gewinner und Verlierer? Kann Politik vermitteln, gar Visionen aufzeigen? Das Schlusswort überlasse ich dem Architektur-Experten Andreas Grosz (KAP-Forum), der viele Jahre in Köln gelebt hat.

„Eine kleine Schicht wohlsituierter und gut ausgebildeter Mittelständler hat längst die Deutungshoheit, wie wir zu leben, zu arbeiten und zu wohnen haben, übernommen,“ schreibt er. „Statt gemischter Quartiere sind in unseren Großstädten feine Trennungslinien entstanden – sind urbane in monostrukturierte Quartiere verwandelt worden . . . Solches sozialromantisches Puppenstubendenken (besser Besitzstandsdenken) hat mit der notwendigen Transformation unserer Städte und Lebensweisen in Richtung Klimawandel, ökologischer Landwirtschaft und Ernährung, neuer Mobilität, der Digitalisierung und einer Regionalisierung wenig im Sinn.“

Wie schön wäre es, Köln könnte sich von diesem Trend abheben!

Ich wünsche Ihnen ein sonniges Wochenende!
Ihr

Peter Pauls

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Newsletter 18. März 2022

Newsletter vom 18.03.2022

„Fällt die Ukraine, fällt Europa“ –
Joschka Fischer im Gespräch

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

die Tradition Kölns als Wallfahrtsort lebt weiter. Doch diesmal sind nicht Kirchen und Heilige das Ziel der Pilger. Es sind Intellektuelle, Schriftsteller, Politiker und Künstler, die auf Einladung der lit.Cologne die Stadt am Rhein für elf Tage zum geistigen Zentrum des Landes machen. Europas größtes Literaturfestival schafft es damit, das ramponierte Image der Stadt nicht unwesentlich aufzupolieren. Der Hunger nach Austausch, nach Orientierung und Gespräch ist groß, das zeigt schon der Auftakt zu den rund 180 Veranstaltungen, unter anderem mit Nobelpreisträger Abdulrazak Gurnah.

Auch das Festival, das schon in den letzten Jahren viel von früher unbeschwert-verspielter Leichtigkeit verloren hatte (oder an Ernsthaftigkeit gewonnen, um es positiver zu formuklieren), blendet in diesem Jahr die hässliche Welt außerhalb der Literatur nicht aus. Im Gegenteil: Schon die spontan in kürzester Zeit organisierte Eröffnung war eine Solidaritätsveranstaltung mit der Ukraine. Politisch, hochkarätig besetzt, würdevoll. Die schreckliche Realität wird also nicht ausgeblendet, sondern als Anlass für gründliches öffentliches Nachdenken genutzt.

Ein Höhepunkt in dieser Zeit war der Auftritt des früheren Außenministers Joschka Fischer, inzwischen zum international gefragten Elder Statesman gereift. Vor der mit 800 Plätzen ausverkauften Flora analysierte er im Gespräch mit mir den Krieg in Europas Osten. „Es geht Putin nicht um die Ukraine“, so Fischer, „es geht um viel mehr, es geht um die gesamte europäische Ordnung.“ Wladimir Putins Feindbild sei das freiheitliche, demokratische Modell, sein Ziel sei die Vorherrschaft in Europa. „Russland will wieder Weltmacht sein auf Augenhöhe mit den USA und China.“ Das Baltikum, Moldawien, Georgien, auch Polen und Finnland sieht er konkret bedroht. In der Vorbereitung auf unsere Veranstaltung hatte ich gesehen, dass Joschka Fischer schon früh vor der Entwicklung gewarnt hatte, die jetzt wie prophezeit eingetreten ist („Fällt die Ukraine, fällt Europa“). Aber der ehemalige deutsche Chef-Diplomat, der im Auswärtigen Amt nach wie vor einen beachtlichen Respekt genießt, verzichtete auf peinliche Rechthaberei – auch das ein Zeichen von Alters-Souveränität.

Joschka Fischer
Foto: Ast/Juergens, lit.Cologne

Inzwischen kaum noch erstaunlich, dass ein ehemaliger Spitzen-Grüner wie Fischer die Wurzeln zur pazifistischen Vergangenheit komplett gekappt hat. Er war einer der Ersten in seiner Partei, die für einen höheren Wehretat, eine Stärkung der NATO und enge militärische Zusammenarbeit in Europa geworben hat – gegen heftige Widerstände. Inzwischen fühlt er sich von der Entwicklung bestätigt. Gegenüber Russland plädiert er für Härte, für schmerzhafte Sanktionen, für Waffenhilfe. Gleichzeitig müsse aber alles vermieden werden, was zu einer unmittelbaren militärischen Auseinandersetzung zwischen Russland und der NATO führe – dazu gehöre, keine Flugverbotszone über der Westukraine zu verhängen.

Putins Denken (Fischer: „Das sind die Kategorien des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, also Militär und Territorium“) sei allerdings genau das Gegenteil von dem, was angesichts der eigentlichen Herausforderung dringend geboten sei: Gemeinsames Handeln der Menschheit im Angesicht des Klimawandels. In seinem jüngsten Buch „Zeitenbruch“ hat er das Dilemma beschrieben, das durch die rohe Machtpolitik Putins, aber auch durch das Streben Chinas, Hegemonialmacht zu werden, besteht: „Auf Staatsegoismus gründende Machtpolitik und planetare Verantwortung gehen nicht zusammen.“ Erstmals in der Menschheitsgeschichte sei ein existentielles Risiko nur durch Kooperation, gemeinschaftliches, entschlossenes Handeln zu bewältigen. Das Erschreckende: Die nächsten zehn Jahre sind entscheidend, da Wissenschaftler übereinstimmend danach Kipp-Punkte sehen, die die Klimakrise unbeherrschbar machten.

Ist er optimistisch, dass es gelingt, die Menschheits-bedrohende Katastrophe abzuwenden? Langes Schweigen, dann die Antwort: „Haben wir denn eine Alternative dazu, es wenigstens mit aller Kraft zu versuchen?“

In diesem Sinne grüßt Sie nachdenklich, doch herzlich wie stets,

Ihr

Michael Hirz

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Newsletter 11. März 2022

Newsletter vom 11.03.2022

Am Eigelstein stoßen zwei Welten aufeinander – doch die Kölner Politik nimmt nur eine wahr

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

neulich habe ich mich gefragt, ob ich in einer verkehrten Welt lebe. In einer Zeitung las ich, wie sich Politik, Verwaltung und der Bürgerverein gegenseitig lobten für die Verkehrsberuhigung an einer der wuseligsten Straßen Kölns, dem Eigelstein. Endlich frei von Autoverkehr! Gelungen! Sehr zufrieden! Der grüne Bezirksbürgermeister Hupke wurde mit den Worten zitiert, die örtlichen Geschäftsleute hätten „zu hundert Prozent hinter der Idee gestanden haben, den Eigelstein autofrei zu machen“.

Das habe ich ganz anders erlebt. Für viele Anwohner und Geschäftsleute dort ist ein Verkehrsstrom wichtig – er bringt Kunden. Ob in die Weidengasse, mit Spezialgeschäften und Restaurants, oder auf den Eigelstein mit Einzelhandel, vom Juwelier über den Drogeriemarkt bis zum Brautmodengeschäft. Diese Menschen, mancher hat einen Migrationshintergrund, sehen sich durch die Autofreiheit in ihren Sorgen bestätigt. Die Geschäfte laufen schlecht.

Kein Wunder, dass die Kunsthändlerin Antje Hegge vergangenes Jahr auf Anhieb 300 Unterschriften von Anwohnenden sammelte, die sich durch die Verkehrsplanung unberücksichtigt fühlten. Empfänger der Unterschriftenliste, auf der auch Geschäftsleute standen: der grüne Bezirksbürgermeister Andreas Hupke. Denen, die vom Eigelstein leben, stehen die gegenüber, die ihn zu einer „Wohlfühlstraße“ machen wollen, die „zum Flanieren einlädt,“ die dort bummeln wollen. Hupke ist einer von ihnen.

Am Eigelstein stoßen aber nicht nur zwei Welten aufeinander. Vielmehr werden die Sorgen eines relevanten Bevölkerungsteils überhaupt nicht aufgegriffen. Gleichgesinnte klopfen einander auf die Schulter – und die anderen finden nicht statt. In dieses zynische Bild passt, dass die von Antje Hegge in drei Sprachen abgefasste kritische Resolution nie thematisiert wurde und der Bezirksbürgermeister nun von 100 Prozent Zustimmung schwadroniert. So bastelt man sich seine heile Welt, getragen von unerschütterlicher Ignoranz.

Eine Seminararbeit von fünf Studentinnen der Uni Köln hat mich ermutigt, das Thema noch einmal aufzugreifen. Unter dem Titel „Eigelstein, Weidengasse & Umgebung: Identitätspolitik, Gentrifizierung, Rassifizierung“ werden hier Stimmen aus dem Viertel gesammelt und ein Konfliktfeld markiert. Die Studentinnen schlagen sich nicht auf eine Seite. Doch sie tun, was Politik, Verwaltung und Bürgerverein nicht hinbekommen: Sie geben den Menschen und ihren Bedürfnissen Ausdruck, die nicht zu der eloquenten und verbal versierten Schicht gehören, die politisch gut vernetzt ist und den Eigelstein für sich und die eigenen Wohlfühl-Ansprüche reklamiert. Anwohner, Friseure, Imbiss-Betreiber und Schmuckhändler formulieren in der Uni-Arbeit ihre Sorge, wie Bürger zweiter Klasse behandelt zu werden.

Bevor ich mich in Rage schreibe, lasse ich Prof. Dr. Wolf-Dietrich Bukow von der Uni Köln zu Wort kommen, in dessen Seminar die Arbeit entstand. Der Soziologe ist Pionier in der Erforschung städtischen Zusammenlebens und sieht den Eigelstein in seiner Mischung und Diversität gut aufgestellt. Arbeit, Wohnen und Versorgung spielen sich im eigenen Quartier ab. Doch dieses Potential müsse „sehr bedacht und in enger Zusammenarbeit mit der Bevölkerung entwickelt werden“, sagt er.

Am Eigelstein zeige sich auch, dass solche Quartiere für Menschen mit Kapital interessant seien. Ihnen kommt es nicht auf die urbane Gesamtqualität, sondern eher auf eine Investitionen unterstützende bürgerliche Quartierslyrik an, die sich gerne auch ökologisch schminkt, so Wolf Bukow. Die Behörden, ja sogar die Oberbürgermeisterin selbst würden dienstbar gemacht, um im Quartier eine „pseudobürgerliche Welt“ zu inszenieren. Und tatsächlich bestätigt der Bürgerverein laut Seminararbeit, ein „gut funktionierendes Netzwerk“ mit der Politik zu haben – „zumeist auf direktem Weg, persönlich, telefonisch oder per Mail.“ Die Oberbürgermeisterin kam zweimal vorbei. Ebenso ist der Besuch von Innenminister Reul (CDU) notiert worden.

Auch die Politikerin Dr. Lale Akgün (SPD) bat ich um ihre Einschätzung. Sie kennt die Gegend um den Eigelstein seit Jahrzehnten. „Fein“ war es dort nie, erinnert sie sich. Aber „es war ein leben und leben lassen, ganz gleich woher man kam.“ Probleme regelte man unter sich und zeigte nicht mit dem Finger auf andere. Dass regelfixierte Anwohner heute im Ruf stehen, schnell nach Polizei und Ordnungsamt zu rufen, kommt vor diesem Hintergrund einem Kulturbruch gleich. Entsetzen löste ein WDR-Beitrag aus, der einem Bürgervereinsmitglied zugeschrieben wird. Darin wurden Frauen am untersten Ende der sozialen Skala präsentiert. Wenn heute das äußere Straßenbild und Pflanzenkübel höher bewertet werden als der gesellschaftliche Frieden, frei nach dem Motto „Unser Dorf soll schöner werden“, hat der Eigelstein ein Problem, sagt die promovierte Psychologin Akgün.

Wem gehört das Viertel? „Für mich sieht es so aus, dass man eine Wohlfühloase für Wohlstandsbürger schaffen will; für Leute, die gern in renovierten Altbauwohnungen in einem >kölschen< Disneyland leben möchten,“ meint die Politikerin: Mit Migranten als Folklore-Kulisse. Solange geduldet, wie sie in den Restaurants nicht ihre amtlich genehmigten Grills anschalten. Denn diese, so wird von der anderen Seite unterstellt, verbreiteten „extrem giftige Gase“.

Eine Schande nennt die frühere SPD-Bundestagsabgeordnete das alles. „Dies schließt auch die Politiker und Politikerinnen mit ein, die bereit sind, diese Ansinnen zu unterstützen,“ sagt Lale Akgün und ich kann ihr nur zustimmen. Eine Mischung aus Brechstange und Ignoranz kann nicht die Keimzelle eines neuen, urbanen Kölns sein. Ein Ärgernis übrigens zieht sich durch die Uni-Arbeit: die Kampfradler. Sie brettern weiter – ob nun über Autostraßen oder verkehrsberuhigte Flaniermeilen und Wohlfühlzonen.

Herzlich grüßt
Ihr

Peter Pauls

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Newsletter 4. März 2022

Newsletter vom 04.03.2022

Krieg, Atomstrom und die Grünen als Seismograf der Gesellschaft
Ein Gespräch mit Landtags-Vize Oliver Keymis

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

nach endlosen zwei Jahren ist Corona nicht mehr das Thema Nummer eins. Doch das ist leider keine wirklich gute Nachricht, denn natürlich ist die Pandemie immer noch unter uns, aber inzwischen auch der grausame Krieg zurück in Europa. Wie die Seuche verändert der Krieg in unserer Nachbarschaft die Gesellschaft und ihre Grundüberzeugungen. Seismograf dieser Entwicklung ist wie keine andere weltanschauliche Gruppe die Partei der Grünen: Ihre 180 Grad-Wende in der Sicherheitspolitik vollzog sich nach dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine wie in einem Zeitraffer. Waffenlieferungen an die Ukraine? 100 Milliarden Sondervermögen zugunsten der Bundeswehr und strukturelle Anhebung des Wehretats?  Wie keine andere Partei kappen die Grünen ihre pazifistischen Wurzeln.

„So mancher Glaubenssatz der Grünen hält dem Druck der Realität nicht mehr stand“, diagnostiziert Oliver Keymis. Der nordrhein-westfälische Spitzen-Grüne – seit bald 16 Jahren Vizepräsident des Landtags, dem er seit 22 Jahren angehört – hat die schmerzhaften Häutungsprozesse der Grünen seit ihrer Gründung als öko-pazifistische Fundi-Partei miterlebt und mitgestaltet. Er erinnert daran, dass auch Union, SPD und FDP teils harte Korrekturen vornehmen mussten, um den Anschluss an die Wirklichkeit nicht zu verlieren. „Nur wer sich ändert, bleibt sich treu“, zitiert er den Liedermacher Wolf Biermann. Aber weil seine Partei „ihre Ziele noch höher gesteckt habe, stehe sie vor einer noch größeren Bewährungsprobe.“

Oliver Keymis, Vizepräsident des Landtags NRW
Foto: Harald Krichel

Und die beschränkt sich nach Keymis‘ Auffassung nicht nur auf die Sicherheitspolitik. „Die eigentliche Katastrophe ist der Klimawandel“, so seine Überzeugung, „dagegen wird, so bitter das klingt, auch der Krieg gegen die Ukraine verblassen. Ist es in diesem Zusammenhang wirklich klug, die verbliebenen sechs deutschen Atomkraftwerke demnächst abzuschalten und die Kohlekraft bis 2038 weiter laufen zu lassen? Ist das rational? Ist das die richtige Reihenfolge?“ Damit mache man sich noch abhängiger von der unsicheren Versorgung mit Gas oder dem Verfeuern von klimaschädlicher Kohle.

Für den nächsten Winter gebe es wegen der Ausrichtung auf – vor allem russisches – Gas noch keine Lösung, die die Versorgung Deutschlands sicherstelle. Dass „ausgerechnet die Grünen auf das ökologisch noch problematischere und teurere Fracking-Gas setzen, mutet einem alten Grünen wie mir seltsam vor.“ Dabei sei offensichtlich nicht allen bewusst, dass die Hälfte der deutschen Haushalte auf Gas angewiesen ist – kein wärmender Gedanke mit Blick auf den nächsten Winter.

Entsprechend sieht der grüne Spitzenpolitiker auch schwierige Zeiten auf seine Partei zukommen, und zwar möglicherweise schon bei der NRW-Landtagswahl im Mai. Da sind einerseits, daran erinnert Oliver Keymis, die hochgesteckten Erwartungen, die vor allem vor der Bundestagswahl in die Grüne Partei gesetzt wurden, andererseits die Regierungspolitik der Ampelkoalition, die von den realpolitischen Zwängen diktiert ist – bis hin zu einem engen Schulterschluss mit NATO und USA. Für die Anhänger von „Fridays for Future“ über die Bewegung „Letzte Generation“ bis zu den Friedensgruppen ist das kaum akzeptabel. Das Ergebnis könnte sein, dass die Grünen einen Gutteil ihrer außerparlamentarischen Basis verlieren und den übrigen Wählern wie eine Partei erscheinen, die sich von anderen kaum noch unterscheidet. Auch dürfte der Öko-Partei die drastische und weiter steigende Verteuerung der Energiepreise angelastet werden.

Für die Grünen ist die gegenwärtige Situation eine echte Zerreißprobe mit ungewissem Ausgang. Ob sie die bestehen, wird sich an der Qualität ihres Spitzenpersonals vor allem in Berlin entscheiden, charakterlich wie intellektuell. Die wenig kalkulierbare Realität zwingt die in Frieden und Freiheit wohlbehütet aufgewachsene Generation der sechziger, siebziger und achtziger Jahre, erwachsen zu werden. Das kann manchmal eine Überlebensfrage sein.

In diesem Sinne grüßt Sie, herzlich wie stets,

Ihr

Michael Hirz

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Newsletter 25. Februar 2022

Newsletter vom 25.02.2022

Ein Leben zwischen Verzweiflung und Modernisierungsschub –
Das Corona-Virus hat die Kölner Kultur (noch) nicht klein gekriegt

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

wofür brauchen wir Kultur? Sie scheint offenbar ein menschliches Urbedürfnis zu stillen. Darauf weisen zum Beispiel 64.000 Jahre alte Höhlenzeichnungen in Spanien hin, die Forscher vor wenigen Jahren dem Neandertaler zuschreiben mussten. Dem Ur-Menschen hatte man so etwas nicht zugetraut. Aber die Fakten ließen keinen anderen Schluss zu. Selbst hinter diesen einfachen Zeichnungen entdecke ich die Grundformel, die der Psychologe Jens Lönneker von „Rheingold Salon“ so formuliert: Kultur ist Ausdruck menschlicher Freiheit. Man findet sie jenseits des unmittelbar zum Leben Notwendigen. Anders ausgedrückt, denken wir über uns und die Welt nach und versuchen, unser Leben schön zu gestalten. Aber gerade dadurch löst Kultur auch Veränderungen aus und sendet neue Botschaften, schafft nicht nur Genuss, sondern provoziert auch.

Nun liegen zwei äußerst kulturarme Jahre hinter uns. Wegen der Corona-Pandemie legte die Politik buchstäblich alles still, Theater, Opernhäuser, die Kölner Philharmonie, Eventhallen, Kleinkunstbühnen, Museen und Sammlungen, Kammerorchester und Solisten. Öffentliche Kulturinstitutionen durften sich zum Glück auf den Staat verlassen wie auch Teile der freien Szene. Doch Solo-Selbstständige konnten mitunter ihren Beruf nicht mehr ausüben, wie Gerhardt Haag, Leiter des Kölner Africologne-Festivals, anmerkt. Er spricht von einer „riesigen Tragödie„.
Dazu passt auch der verzweifelte Hilferuf von Richard Bargel. Tausende Künstler seien in ihrer Existenz bedroht, warnt der Blues-Gitarrist aus der Kölner Südstadt.

Wie steht es um die Kultur in Köln? Wie ist sie bisher durch die Corona-Zeit gekommen? Das habe ich Kulturschaffende gefragt, aus deren Statements ich zitiere. In voller Länge dokumentieren wir sie im Anschluss an diesen Newsletter – also scrollen Sie bitte nach der Lektüre weiter. Einerseits ging es um die blanke Existenz, nicht ganz von der Bildfläche zu verschwinden, wie Stefan Löcher von der Lanxess-Arena bemerkt. Hervorzuheben sei, „dass viele Partner und Freunde aus der Kultur-Branche . . . überlebt haben“, schreibt er und fährt bitter fort: „Möchte man ein positives Fazit ziehen, dann, dass wir uns alle nicht haben unterkriegen lassen und zusammengerückt sind, als man uns über zwei Jahre lang alleine gelassen hat.“ Louwrens Langevoort, Chef der Kölner Philharmonie, klingt ähnlich: „Alle Regeln eines vernünftigen Marketings sind über Bord gegangen und wir treiben auf hoher See.“ Am schlimmsten seien die viel zu spät angekündigten Verordnungen des Landes NRW. Planungsmöglichkeit: Fehlanzeige.

Auf der Habenseite könne die Pandemie wie ein Verstärker für einen „Modernisierungsschub“ zu Themen wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Teilhabe gesehen werden, urteilt Hermann Hollmann (Kölner Kulturrat). Auch Kölner Oper, Schauspiel, das Museum Ludwig und Africologne heben digitale Verbreitungswege hervor, die die Zahl der Zuhörer und Zuschauer auf einen Schlag vergrößerten. Der Moderator einer Africologne-Diskussion etwa wurde aus dem Senegal digital mit ExpertInnen aus zwölf Ländern verbunden. Yilmaz Dziewior vom Museum Ludwig verweist auf einen digitalen 360-Grad-Rundgang durch sein Haus, einen Podcast und neue Social-Media-Formate. Gleichwohl hat durch das Stakkato von Öffnungen und Schließungen die klassische Museumsarbeit gelitten. Auch Wallraf-Chef Marcus Dekiert schaut sorgenvoll auf steigende Kosten für Transport, Reisen und Material sowie das Ausbleiben auswärtiger Gäste.

Corona wird auch auf der Agenda für die erste Präsenz-Veranstaltung stehen, die der Kölner Presseclub in 2022 anbietet. Mit Kulturdezernent Stefan Charles spricht meine Kollegin Claudia Hessel am Donnerstag, 10. März, 19.30 Uhr, im Hotel Excelsior Ernst. Im Anschluss laden wir Sie auf ein Glas ein. Anmeldungen bitte an: info@koelner-presseclub.de.

Kunst spricht die Sinne an, sagt der Psychologe Lönneker, schafft neue Räume, wenn sie Anknüpfungspunkte an unser Leben identifiziert und sie verbindet – Gesellschaften wie auch ein Publikum. Auch das ist es, was den Kunstgenuss ausmacht – nicht mehr allein zu Hause zu sitzen, sondern ein Gefühl von Einigkeit und Gemeinsamkeit zu erleben. Das Publikum aber ist heute die große Unbekannte. Wird es wie früher, mit ausverkauften Häusern? Oder haben Menschen sich entfernt, weil Nähe ihnen nicht mehr geheuer ist und sie Alternativen in den eigenen vier Wänden gefunden haben?

Solche Gedanken mögen auch Stefan Bachmann, den Schauspielintendanten, umtreiben. Welche Auswirkungen die Pandemie-Jahre langfristig auf Theaterszene und soziales Miteinander haben, werde sich wohl erst in den kommenden Jahren zeigen. Die Zahlen aus der Publikums- und Abo-Struktur werden Veränderungen erkennbar machen. Optimistisch ist Birgit Meyer, die Intendantin der Kölner Oper. Aus dem Publikum seien viele bewegende Rückmeldungen eingegangen. Und die nächste Premiere – Mozarts „Entführung aus dem Serail“ – samt sämtlicher folgender Vorstellungen ist bereits ausverkauft.

Dieser Newsletter ist eine Momentaufnahme. Der Frühling naht und das Omikron-Virus mag lästig sein, hat sich bislang aber nicht als sehr bedrohlich erwiesen. Warten wir ab, was als nächstes um die virale Ecke kommt. Daher hat noch einmal der Psychologe das vorletzte Wort: Wenn wir leiden, wenn es um Leben oder Sterben geht, dann leidet auch die Kultur.

Das lenkt unseren Blick nach Osten. Russische Soldaten rücken auf die ukrainische Hauptstadt Kiew vor. Niemandem, den ich kenne, ist jetzt nach Karneval zumute. Ein stilles Wochenende steht vor meiner Tür. Umso wacher werde ich die Zerstörung durch den Krieg in der Ukraine wahrnehmen, die nicht an Landesgrenzen endet. Hier fällt ein Bild davon in Trümmer, wie Staaten miteinander umgehen können – im Vertrauen auf gemeinsame und unveräußerliche Grundwerte. Dies ist ein Krieg, wie wir ihn uns nicht mehr vorstellen konnten, Präsidenten, Kanzler und Regierungschefs eingeschlossen. Allesamt sprachen sie bei Wladimir Putin in Moskau vor, weil sie glaubten, er sei anderer als der Kriegsherr, den wir jetzt erleben.

Nachdenklich grüßt Ihr

Ihr

Peter Pauls

Wie kamen Sie bisher durch Corona?

Wir fragten (Uhrzeiger v. lks.): Stefan Bachmann (Schauspiel), Birgit Meyer (Oper), Hermann Hollmann (Kulturrat), Stefan Löcher (Lanxess Arena). Weitere Beiträge von Marcus Dekiert (Wallraf), Yilmaz Dziewior (Museum Ludwig), Garhardt Haag (Africologne), Louwrens Langevoort (Kölner Philharmonie).

Stefan Bachmann, Schauspiel Köln

„Das Schauspiel Köln ist alles in allem gut durch diese schwierigen Zeiten gekommen und ich bin stolz auf das, was das Haus und die Künstlerinnen und Künstler geleistet haben. Angefangen bei unserem außerordentlichen Streaming-Programm während des Lockdowns, mit dem wir es bis in die New York Times geschafft haben, bis hin zur Wiederbelebung des Live-Repertoires mit vielen sehr starken Arbeiten. Manchmal scheinen Krisen ja durchaus belebend für die Kunst zu sein. Jedenfalls haben wir nicht aus Angst vor dem Tod Selbstmord begangen, sondern sind der Situation mit Kreativität und dem Mut, neue Wege zu gehen, entgegengetreten. Dabei hat es natürlich sehr geholfen, dass wir subventioniert sind. Wir haben zudem das Glück, dass Nordrhein-Westfalen zu seinen Kulturinstitutionen steht, inklusive dem Versprechen in den nächsten Jahren die entstandenen Defizite auszugleichen, das stimmt uns optimistisch. Welche Auswirkungen die Zeit langfristig auf die Theaterszene und unser soziales Miteinander haben wird, wird sich wohl erst in den nächsten Jahren zeigen, vor allem mit Blick auf Publikums- und Abo-Struktur.“

Marcus Dekiert, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud (WRM&FC)

An den gewaltigen Erfolg der Ausstellung „Inside Rembrandt“ mit über 160.000 Besucherinnen und Besuchern bis zum 01.03.2020 schloss sich unmittelbar die jetzt zwei Jahre währende pandemisch bestimmte Zeit an. Ein maximales Kontrastprogramm! Mehrmonatige Schließungen wechselten in der Folge mit für das Publikum unterschiedlich regulierten Öffnungsperioden. Größere und kleinere Ausstellungsprojekte mussten (z.T. mehrfach) verschoben, nicht selten konzeptuell angepasst werden. Die erheblichste Schwierigkeit war die Unabsehbarkeit der Entwicklung der Pandemie und die sich ergebende allgemeine Planungsunsicherheit. Die Besuchszahlen lagen und liegen noch stets deutlich unter jenen der Vorjahre. Merkbar war und ist nicht zuletzt die sehr begrenzte Zahl auswärtiger Gäste (national und vor allem international). Eine große Herausforderung bleibt die Sicherstellung der Finanzierung von Projekten bei zu erwartender geringerer Besuchszahl und zugleich steigenden Kosten (Transport, Reisen, Material etc.).
Insgesamt aber geht der Blick jetzt hoffnungsfroh nach vorne: Im kommenden Winter zeigen wir im Wallraf mit „SUSANNA. Bilder einer Frau vom Mittelalter bis MeToo“ eine große Sonderausstellung mit herausragenden Kunstwerken aus internationalen Sammlungen und bedeutsamem Gegenwartsbezug.

Yilmaz Dziewior, Museum Ludwig

Natürlich haben wir es sehr bedauert, unsere Türen so lang geschlossen halten zu müssen. Die Ausstellung Andy Warhol Now hätten viel mehr Menschen gern gesehen.
Die politische Diskussion während des Lockdowns hat letztlich das Bewusstsein der Bedeutung der Kultur für die Gesellschaft geschärft.

Die Beschränkungen der Pandemie haben dazu beigetragen, die Digitalisierung stärker in den Fokus zu nehmen. Wir haben mit einer Agentur ein Konzept erarbeitet und unsere digitalen Aktivitäten ausgeweitet, beispielsweise mit einem 360 Grad Rundgang, einem Podcast und neuen Formaten auf unseren Social Media Kanälen. Dies sind wichtige Maßnahmen, um mit unseren Besucher*innen in Kontakt zu bleiben.

Eine weitere Debatte, die Corona verstärkt hat, ist die der Nachhaltigkeit. Wir waren gezwungen, viele Treffen online abzuhalten, konnten nicht reisen. Ausstellungen und Kunsttransporte mussten verschoben werden. Das hat zum Überdenken unserer Arbeitsweise geführt. Welche Dienstreisen müssen wirklich sein? Können wir auch Ausstellungen ohne physische Leihgaben realisieren? Wo können wir im täglichen Museumsbetrieb Ressourcen einsparen? Es hat sich ein Team Nachhaltigkeit im Museum Ludwig gebildet, das den Weg zu einem grünen Museum verfolgt und das natürlich über die Zeit der Pandemie hinaus.

Hermann Hollmann , Kölner Kulturrat

Wir halten es zu diesem Zeitpunkt für verfrüht, eine auch nur vorläufige Corona-Bilanz zu ziehen. Es gibt auch zu große Unterschiede zwischen der Situation der öffentlichen Kultureinrichtungen und der freien Szene.

Die Unterstützungsprogramme von Bund, Land und Stadt haben sicherlich dazu beigetragen, dass viele Kultureinrichtungen und Veranstalter zumindest finanziell einigermaßen durch die Pandemie gekommen sind, aber auch hier stellt sich die Frage, was 2022 ff. geschehen wird, wenn Corona weiterhin die Arbeit beeinträchtigt (Ausfälle von Veranstaltungen wegen Krankheit etc.), aber die Fördermöglichkeiten nach und nach schwinden.

Viele freischaffende Künstler*innen konnten sich nur durch Stipendienprogramme (soweit sie sich dafür qualifizieren konnten) und private Hilfsaktionen über Wasser halten. Manche haben sich vollständig von einem Leben für und mit der Kunst verabschieden müssen, bei anderen hat die inhaltliche Arbeit durch den Wegfall von Aufführungsmöglichkeiten stark gelitten. Jedenfalls hat die Pandemie die schlechte Einkunftssituation von freien Künstler*innen sehr deutlich gemacht. Hier wäre es interessant herauszufinden, wie viele die künstlerische Arbeit eingestellt haben.

Auf der Habenseite hat die Pandemie wie ein Verstärker für einen „Modernisierungsschub“ gesorgt bei Themen wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Teilhabe. Angesichts einsetzender Digital-Müdigkeit einerseits und immer noch bestehender Zurückhaltung des Publikums bei Präsenzveranstaltungen andererseits werden duale bzw. hybride Formate relevant bleiben oder auch ausgebaut werden müssen (wenn man solche technisch und finanziell darstellen kann). Digitale Angebote haben häufig zu einer höheren Publikumsteilnahme gesorgt, aber gerade für die freien Kulturschaffenden nicht die notwendigen Einnahmen generiert.

Eine positive Erfahrung bestand darin, dass mit öffentlichen Geldern häufig unbürokratisch und effizient geholfen wurde, ohne dass wohl nennenswerte „MItnahmeeffekte“ entstanden. Für viele Kultureinrichtungen und -veranstalter gibt es auch die Herausforderung, das Publikum zurückzugewinnen, das sich aus Vorsicht oder Bequemlichkeit oder Planungsunsicherheit von regelmäßigem „Kulturkonsum“ entfernt hat.

Gerhardt Haag, Africologne

Mein Eindruck: Die städtischen Kulturinstitute wie auch die Institutionen der Freien Szene sind einerseits durch unglaubliche Anstrengungen des Aufrechterhaltens der Öffnung für Publikum, andererseits durch nie dagewesene Förderungen der öffentlichen Hände einigermaßen gut durch die zwei Jahre gekommen. Ganz hart getroffen sind die sog. Solo-Selbständigen, von denen sehr sehr viele ihren Beruf nicht mehr ausüben können. Das ist eine riesige Tragödie.

Es scheint mir, als hätten wir einen Teil des Publikums verloren. Derzeit bleiben viele dann doch zuhause aus Furcht, aus Bequemlichkeit – hoffentlich nicht aus dem Gefühl: Es geht doch auch ohne. Die Anstrengungen der Kulturschaffenden, das Publikum zurückzugewinnen, müssen immens sein. Andererseits eröffnen hybride Formate, die geradezu einen Boom erleben, ganz andere Reichweiten. Das unterstreicht die Internationalität im Kunstschaffen und unterstützt internationalen Austausch. Allerdings: ein Theater- oder Tanzstück, einen Kinofilm auf dem kleinen Bildschirm zu sehen ist wie ein Fotoband von Picasso oder Gerhard Richter durch zu blättern. Man setzt sich der Kunst nicht aus, man ist im geschützten Raum, zuhause, allein.

Beim 6. africologneFESTIVAL im Juni und September 21 haben uns die Corona-Einschränkungen voll erwischt. Im Vorfeld waren Reisen unseres Teams zu Festivals insofern erschwert als die Festivals entweder verschoben oder abgesagt wurden. Wir hatten bis kurz vor knapp keine Planungssicherheit, ob wir die Produktionen einladen können oder nicht. Bei einer Koproduktion (Le Syndrome de la pintade) wurde dann in Burkina Faso die Uraufführung aufgezeichnet und daraus eine Filmversion erstellt. Die boten wir dann im Stream an. Der Leiter des dialogFORUMS aus dem Senegal bekam von seinem Arbeitgeber nicht die Erlaubnis, nach Deutschland zu fliegen. Also moderierte er aus Dakar per Zoom die Panels, bei denen Expert:innen aus 12 Ländern digital verbunden waren.

D.h. Die internationale Kulturarbeit und die Zusammenarbeit mit afrikanischen Künstlerkollektiven war auf den bekannten Wegen erschwert bis unmöglich. Aber es mussten und müssen dann eben neue Wege der Verbindung und Kollaboration entdeckt und gegangen werden. Insofern setzen die Corona-Beschränkungen auch viel Kreativität frei.

Louwrens Langevoort, Kölner Philharmonie

Seit dem 9. März 2020 bis jetzt sind Konzerte in unterschiedlichen Phasen von Kurzarbeit oder behördlichen Regelungen ausgefallen. Dazu gibt es auch immer noch einzelne Absagen von Veranstaltungen durch private Veranstalter, die aus wirtschaftlichen Gründen nicht stattfinden können. Fast zwei Jahre Rangierbahnhof und das Publikum vertrösten mit neuen Terminen, Gutscheinen oder einfach „Geld zurück“. Alle Regeln eines vernünftigen Marketings sind über Bord gegangen und wir treiben auf hoher See.

Kein schönes Szenario. Deshalb spreche ich seit zwei Jahren von einer „sportlichen Herausforderung“ durch die Pandemie. Eine Untertreibung, denn die äußeren und innerbetrieblichen Folgen sind massiv. Am schlimmsten waren die immer viel zu spät angekündigten Verordnungen des Landes NRW. Planungsmöglichkeit: Fehlanzeige. Oder ich muss es jetzt im Februar 2022 so sagen: Ja zu Brauchtum, nein zu Konzert und Theater.

Der finanziellen Schaden sollte eigentlich von einem Sonderfonds ausgeglichen werden. Auch hier noch keine Zusage in zwei Jahren. Die Stadt Köln meint, zuerst müssen die Rücklagen verbraucht werden und friert vorerst die Zuwendungen ein. Der Stadtrat schweigt fast still und tut, was die Kämmerin will.

Dabei hat Köln doch schon genug Baustellen.

Birgit Meyer, Opernintendantin

In dieser für uns alle so herausfordernden Zeit bin ich dankbar und froh, dass wir trotzdem zahlreiche Produktionen verwirklichen konnten. Unser von Anfang an mit großer Sorgfalt geplantes Sicherheits- und Hygienekonzept hat sich bewährt und die vielen bewegenden Rückmeldungen seitens des Publikums verdeutlichen eindrücklich, wie wichtig Kunst- und Kulturangebote gerade auch in schwierigen Zeiten sind. Sie geben Freude und Zuversicht.

Ich kann somit festhalten, dass die Oper Köln trotz Pandemie auf eine reiche künstlerische Zeit zurückblickt: zum ersten Mal in ihrer Geschichte zeigte die Oper in der Spielzeit 20/ 21 mehrere Premieren im Stream, darunter auch das Divertissementchen 2021. Darüber hinaus realisierte sie in der laufenden Spielzeit wegweisende Neuproduktionen wie Erich Wolfgang Korngolds »Die tote Stadt«, Kaija Saariahos »L’amour de loin«, »Die Vögel« von Walter Braunfels, den kompletten »Ring des Nibelungen für Jung und Alt« und in der Kinderoper die Uraufführung von »Die Geschichte vom Fuchs, der den Verstand verlor«. 109 Veranstaltungen wurden seit September 2021 vor Publikum gespielt; nur 4 Abende entfielen coronabedingt.

Die nächste Premiere plus alle folgenden Vorstellungen von Mozarts „Entführung aus dem Serail“ ab 13. März 2022 sind bereits ausverkauft. Dieser Zuspruch seitens des Publikums geht nicht zuletzt auf unsere vielfältigen Angebote und unsere intensive Zusammenarbeit mit dem Nachwuchs – dem Publikum von morgen – zurück. Dazu zählt das breite pädagogische Angebot der Abteilung Theater und Schule, die zahlreichen Vorstellungen der Kinderoper und weitere Projekte, wie „Oper für Jung und Alt“, das Menschen mit Demenz und ihren Begleiter*innen Opernbesuche in der Kinderoper Köln ermöglicht und damit eine Vorreiterrolle an deutschen Opernhäusern einnimmt.“

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Newsletter 18. Februar 2022

Newsletter vom 18.02.2022

Köln ist hipp, wenn man nicht genau hinschaut – Michael Hüther im Gespräch über explodierende Kosten, nervöse Börsen und diese Stadt

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

seit mehr als 70 Jahren residiert das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Chef dieser Denkfabrik mit circa 165 Mitarbeitern ist Prof. Michael Hüther. Der meinungsstarke und einflussreiche Wirtschaftsforscher ist mit wachem Blick unterwegs, auch auf die Stadt, in der er seit fast 18 Jahren arbeitet. Kein Wunder, dass wir für unseren neuen Podcast mit ihm nicht nur über steigende Lebenshaltungskosten, nervöse Börsen und die Europäische Zentralbank (EZB) sprachen, sondern auch über diese Stadt. Hier ist der 59jährige ein gefragter Experte – wie erst jüngst, als das Prachtbuch „KölnGold“ festlich vorgestellt wurde, das zwischen Buchdeckeln Schätze aus zwei Jahrtausenden versammelt und Ansporn sein soll, sich auf eigene Stärken zu besinnen.

Daran anknüpfend, bescheinigt Michael Hüther Köln ein Potential der Ausstrahlung, was eine freundliche Umschreibung für den Umstand ist, dass Deutschlands viertgrößte Stadt unter ihren Möglichkeiten bleibt. Sie sei eben nicht „das Hoch im Westen“, das sie eigentlich sein müsste, sagt Hüther und urteilt: „Köln ist hipp, wenn man nicht genau hinschaut“. Wo denn die großen Projekte der Stadt seien?, fragt er. Die gezielte Präsentation der „Via Culturalis“ etwa, die von historischen Baudenkmälern gesäumte Achse zwischen Dom und der Kirche St. Maria im Kapitol. Warum ist dort kein Haus der Universität geplant?, fragt er rhetorisch. Die Universität Köln, eine der größten Deutschlands, sei schließlich eine Gründung der Stadt. Den ganzen Podcast mit Michael Hüther hören Sie, wenn Sie hier klicken.

Eine Metropole, eine Strahlkraft entsteht auch durch Leuchtturmprojekte„, erklärte unser Gesprächspartner, erinnerte an den Erfolg des Rheinauhafens und die ewigen Pläne zur Tieferlegung der Nord-Süd-Fahrt, die die Stadt zerschneidet. „Die Via Culturalis müsste mit einer ganz anderen Dynamik betrieben werden“, urteilt er. Dynamik wünscht Hüther sich auch für den Strukturwandel im rheinischen Braunkohlegebiet, in dem die Kohleförderung nun bereits 2030 enden soll. 15.000 Arbeitsplätze seien bedroht. Das müsse von der Politik begleitet werden. Sonst würde Deutschland ähnliches erleben wie Frankreich mit den „Gelbwesten“, dem Pendler-Protest gegen überhöhte Benzinpreise. „Eine Gesellschaft erträgt das nur in Grenzen.“

Die Frage, ob viele Menschen sich ein Leben in dieser Stadt überhaupt noch leisten können, führt im Grunde über Köln hinaus und zu allgemeinen Fragestellungen – und zunächst zur wohl aktuellsten: Wie berechtigt ist die Sorge vor einer Inflation? Nach Hüther begann alles im vergangenen Jahr mit Lieferproblemen bei Halbleitern, Holz, Gips und anderen Materialien. In der Korrekturphase der Pandemie kamen plötzlich viele Dinge zusammen. Die Einschätzung der meisten Experten war, dass sich das im Jahr 2022 normalisieren würde. Doch dann kam, nicht zuletzt wegen der politischen Großwetterlage, der Anstieg der Energiepreise. „Wenn Sie den Anstieg der Preise im Januar gegenüber dem Vorjahresmonat sehen, liegen wir bei 4,9 Prozent. Nimmt man die Energiepreise raus, sind wir bei gut drei Prozent. Der Haupttreiber ist der Energiepreis.“

Allerdings, so fügt er an, sei das auch auf dem Weg in eine emissionsfreie Zukunft gewollt, schließlich wollten wir das fossile Zeitalter hinter uns lassen: „Die Preise haben da einen gewollten Steuerungseffekt. Zumindest eine Zeitlang wird der Preis für Energie ein Treiber der Teuerung bleiben.“ Skepsis klingt in dem Zusammenhang aber auch an. Ständig würden wir konfrontiert „mit schönen Bildern einer grünen klimaneutralen Zukunft“, aber niemand könne sagen, wie die Transformation dahin funktioniert. Der nötige Ausbau der Netzstruktur, um den Strom etwa vom windstarken Norden Deutschlands zu den Produktionsstätten und Verbrauchern im Süden zu bringen, komme mehr als schleppend voran, die Fertigstellung der wichtigsten Trasse, die ursprünglich in diesem Jahr stehen sollte, wird immer weiter in die Zukunft verschoben. „Ein bisschen wie bei der Kölner Oper. Da fragt langsam auch keiner mehr, vielleicht auch, weil es niemanden mehr interessiert.“

Sparen nicht als Verwahren betrachten – nach diesem Grundsatz empfiehlt Michael Hüther ein breit aufgestelltes, international und nach Branchen diversifiziertes Depot als Schutz vor dem inflationsbedingten Wertverlust des eigenen Vermögens. Die Angst vor einem Börsencrash oder einer Immobilienblase teilt er nicht, auch wenn es immer mal wieder Rückschläge gebe. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass sich die Märkte – ob in der Finanzkrise oder während der Pandemie – rasch wieder erholten. Allerdings: „Wenn die Balken vom Himmel fallen, hilft Ihnen auch kein Regenschirm.“ Eine gewisse Blasenbildung sieht er derzeit vor allem bei den grünen Investments, in die wegen der sog. Taxonomie der EU alle hingetrieben würden: „Es gibt nicht zu wenig Kapital für grüne Investitionen.“

Angesprochen auf die Rolle der Politik sieht der IW-Chef ein fundamentales Versäumnis nicht nur, aber auch der neuen Regierung. Sie hätte zwar einen umfangreichen Koalitionsvertrag beschlossen, aber das gravierende Problem der demografischen Alterung schlicht ignoriert. „Es gibt kein goldenes Jahrzehnt mehr. Das war nach der Finanzkrise. Das ist vorbei. Alterung frisst Produktivität.“ 2030 gebe es drei Millionen Erwerbspersonen weniger, das entspräche 4,2 Milliarden Arbeitsstunden. Multipliziert mit einer durchschnittlichen Vergütung entstehe ein enormer Verlust für das Bruttoinlandsprodukt, das ließe sich mit Produktivitätsfortschritten gar nicht kompensieren.

Wir haben noch über den Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB, die gigantische Staatsverschuldung von Ländern im Euroraum, die Notwendigkeit von Hilfen für Geringverdiener und vieles andere gesprochen. Am besten, Sie hören das Gespräch mit Michael Hüther ganz. Seine Einschätzungen, seine Expertise helfen, in unsicheren Zeiten die Orientierung nicht zu verlieren. Schon deswegen lohnt es sich.

Herzliche Grüße
Ihre

Michael Hirz und Peter Pauls

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Newsletter 11. Februar 2022

Newsletter vom 11.02.2022

Corona, waffenfreie Zonen und die Schmutzecken unserer Gesellschaft

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

jede Krise hat ihre Helden. Auch die Pandemie. Früh wurden Pflegepersonal und Ärzte gefeiert, die bis zur völligen Erschöpfung und manchmal darüber hinaus im Einsatz für die Allgemeinheit waren und noch sind. In einer rührend spontanen Dankbarkeit ist ihnen – völlig zurecht – applaudiert worden. Neben dieser demonstrativen Geste haben sich Bezahlung und Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte allerdings nicht grundlegend verändert – allen vollmundigen Versprechungen zum Trotz. Sicher kein Ruhmesblatt für eine Gesellschaft.

Noch nicht einmal öffentlichen Applaus hat eine andere Berufsgruppe bekommen, obwohl sie es angesichts der enormen Sonderbelastungen, die Corona mit sich gebracht hat, durchaus verdient hätte: Die Polizei. Ohne sie könnte das Gemeinwesen vermutlich keinen Tag überleben, sie garantiert dem Einzelnen die Sicherheit, die den freiheitlichen Rechtsstaat auszeichnet. Sie wird in die Schmutzecken der Gesellschaft gerufen, um Ordnung wieder herzustellen, sie ist täglich mit den hässlichen Seiten unseres Lebens konfrontiert, sie ist das Ziel von Aggressionen, die den Staat meinen, aber die Ordnungshüter treffen. Wie gefährlich der Job sein kann, wie unvermittelt Leib und Leben in Todesgefahr sind, zeigt der brutale Doppelmord an zwei Polizisten in Kusel.

In Köln, inoffizielles Weltzentrum ausgelassener Feierfreude, steht jetzt eine weitere Herausforderung bevor: Karneval unter Pandemie-Bedingungen. Wie soll das gehen? Der Reiz dieses liebevoll gepflegten Brauchtums liegt ja gerade in einer gewissen anarchischen Regellosigkeit, nicht in der peniblen Einhaltung von eng gesetzten Grenzen, wie sie der Infektionsschutz erfordert. Darüber habe ich mit Christian Weykamp gesprochen. Mit seinen mehr als 20 Dienstjahren ist er ein erfahrener Polizist und hat als Vorstandsmitglied der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Köln einen guten Überblick über Situation und Befindlichkeit seiner Kolleginnen und Kollegen vor Ort.

Nachdem ganz Köln an den tollen Tagen zur Brauchtumszone erklärt worden ist, liegt nun die ganze Last, auf die Einhaltung der Schutzmaßnahmen zu achten und sie notfalls durchzusetzen, bei den Ordnungskräften, also Menschen wie Christian Weykamp – eine extreme Herausforderung, definitiv nicht vergnügungssteuerpflichtig. Derzeit wird noch geplant, fest steht nur:  Nicht hinter jedem Lappenclown wird ein Polizist mit Gummiknüppel stehen. Die Sorge der Traditionskorps, dass der Karneval durch mögliche Exzesse bei unorganisierten Feiern einen Imageschaden erleiden könnte, ist für Christian Weykamp durchaus nachvollziehbar – bitter angesichts des Verzichts, den die Vereine freiwillig geleistet hätten.

„Ein Teil der Menschen ist in der Pandemie dünnhäutiger und reizbarer geworden“, ist Christian Weykamp überzeugt. „Das Unverständnis über manche Corona-Schutzmaßnahmen, über Einschränkungen der Freiheit schafft gelegentlich Frust, der ein Ventil sucht.“ Das bekommen Polizisten bei ihren Einsätzen zu spüren, obwohl sie nur Regeln durchsetzen müssen, die sie nicht gemacht – und damit nicht zu verantworten – haben.

Eine in der Pandemie irrlichternde Politik („Eine Impfpflicht ist ausgeschlossen“), die Regeln über Nacht umschmeißt, schafft zusätzliche Unsicherheit und provoziert einen gelegentlich gewalttätigen Bürgerzorn, der sich an der Nahtstelle zwischen Staat und Gesellschaft entlädt – und damit auf dem Rücken von Ordnungskräften. „In den Uniformen stecken Menschen“, sagt Weykamp. Eine Selbstverständlichkeit, an die von Zeit zu Zeit wieder erinnert werden sollte.

Zu den zusätzlichen Herausforderungen bei den Einsätzen kommt noch etwas anderes: „Dadurch, dass jeder mit seinem Smartphone eine qualitativ hochwertige Kamera dabeihat und Aufnahmen unmittelbar ins Netz stellen kann, wird die Arbeit nicht leichter. Vor allem bergen solche Bilder, wenn einseitig ausgewählt sind, ein hohes Erregungspotential.“ Dazu komme, dass der von den Handys verfolgte Einsatz der Beamten vor Ort meist auch noch „verbal lautstark begleitet“ werde.

Aber auch jenseits von Corona verändern sich die Aufgaben. Sichtbar wird das durch die Einrichtung waffenfreier Zonen in Köln. Sie markieren die Kehrseite der Event-orientierten Spaßgesellschaft, die Ablenkung und Zerstreuung sucht. „Messer sind für die Polizei ein Riesen-Problem“, sagt Christian Weykamp. Wer ein Messer bei sich trage, werde es in Auseinandersetzungen schnell einsetzen, zumal wenn Alkohol oder Drogen die Steuerung der eigenen Impulse einschränkten – da sinkt die Hemmschwelle.

„Wir begrüßen solche Zonen, weil sie einerseits abschrecken und uns andererseits Kontrollmöglichkeiten geben. Es ist ein Zeichen, dass das gesellschaftlich nicht toleriert wird.“ Allerdings, so schränkt er ein, es gehe nur um Hieb- und Stichwaffen nach dem Waffengesetz. Ob es einen Trend zu mehr und härteren Gewalttaten gebe, will Weykamp nicht bestätigen. „Wir sind vielleicht sensibler geworden, wollen bestimmte Dinge nicht mehr hinnehmen. Das ist erst einmal gut“, meint er und verweist auch darauf, dass die mediale Aufmerksamkeit heute höher ist.

Die erhöhte Aufmerksamkeit zeigt sich auch beim Blick der Gesellschaft auf die Polizei, auf Fehlverhalten und Übergriffe der Ordnungskräfte. Das ist das selbstverständliche Recht einer freien Gesellschaft, geradezu ihre Pflicht. Nur dadurch entsteht das nötige Vertrauen. Darüber darf allerdings nicht vergessen werden, dass die Polizistinnen und Polizisten einen enorm anstrengenden Job machen, buchstäblich manchmal Haut und Haar riskieren, damit unser Gemeinwesen zivilisiert bleibt.

In diesem Sinne grüßt Sie, herzlich wie stets,

Ihr

Michael Hirz

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Newsletter 4. Februar 2022

Newsletter vom 04.02.2022

Eine andere Meinung ist keine Störung des Friedens – Warum Thomas Breuer Kölns mächtigstem Politiker die CDU-Führung streitig macht

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

seit 2011 ist Bernd Petelkau Chef der Kölner CDU und mit den Jahren hat er sich zu Kölns mächtigstem Politiker entwickelt. Konkurrenten wie Martin Börschel (SPD) und Jörg Frank (Grüne) – auch sie geübte politische Handwerker – räumten das Feld. Bernd Petelkau behauptete sich. Doch seit fünf Monaten ist er angezählt. Anfang September setzte er sich mit nur knapp 52 Prozent in der Wahl zum Kölner Parteivorsitzenden gegen Herausforderer Thomas Breuer (48 Prozent) durch, der bis dato zwar einen guten Ruf, aber keine nennenswerte Hausmacht hatte. In der NRW-Landtagswahl am 15. Mai geht es für Petelkau nun um alles oder nichts. Verliert er seinen Wahlkreis als Direktkandidat, fehlt ihm die wirtschaftliche Basis, um seine zeitraubenden Chefämter in der CDU ausüben zu können. Womöglich könne das sogar in seine Lebensplanung passen, spekulierte jüngst der Kölner Stadt-Anzeiger, und, Petelkau flirte mit dem Ausstieg.

Angesichts dieser kölschen Form von Götterdämmerung habe ich mich an unser Format des Podcasts erinnert und mit Thomas Breuer gesprochen, der als möglicher CDU-Vorsitzender eigentlich so gar nicht in das Anforderungsprofil passen will, das dem Zeitgeist entspricht. Der frühere Personalvorstand der Rheinenergie ist mit 68 Jahren Privatier und ein Gesprächspartner alter Schule, ein geerdeter Brückenbauer, der das Verbindende sucht, statt das Trennende zu betonen, Argumente plakativen Formeln vorzieht und dabei überraschende Standpunkte einzunehmen weiß.

Interessant ist, dass es ihm vor allem um die Art des Umgangs in seiner eigenen Partei, der CDU, geht. Er fordert nicht mehr Schwarz und weniger Grün. Stattdessen fielen in unserem Gespräch markante Sätze zum Miteinander: „Die CDU muss wieder diskutieren lernen,“ fordert er, eine Mitmach-Partei solle sie sein. „Andere Parteien machen uns das vor“. Auf Parteitagen der Kölner Union müsse um Standpunkte gerungen werden, wünscht er sich, die Zeiten der einsamen Entscheidungen sollten vorbei sein. Die andere Meinung dürfe nicht als Störung des Friedens gelten, es gelte, das Potential der Partei zu heben. Manches Parteimitglied sehe sich inzwischen zum reinen Beitragszahler reduziert.

Den ganzen Podcast mit Thomas Breuer finden Sie, wenn Sie hier klicken. Und natürlich sind wir auch auf den anderen gängigen Podcast-Apps wie Apple Podcasts, Google Podcasts, Deezer oder Amazon Music/Audible vertreten. Dort hören Sie auch Antworten auf Fragen, wie man quasi über Nacht zum Gegenkandidaten wird, welche Rolle Fritz Schramma dabei gespielt hat und wie Personalentwicklung in der Kommunalpolitik aussehen könnte.

In Köln muss man wieder wissen, wofür die CDU steht, fordert Breuer. Die aktuelle Mobilitätswende dient ihm als Beispiel. Ein Drittel der Parkplätze zu streichen, sei kein Masterplan, sondern lediglich kleinteilige Politik, die zudem die Außenbezirke Kölns vernachlässige und sich überwiegend auf die Innenstadt konzentriere. Wussten Sie, dass man im Mittel eine Stunde pro Strecke braucht, um von Köln-Widdersdorf oder -Rheinkassel mit dem öffentlichen Nahverkehr zu einem Arbeitgeber in der Innenstadt zu gelangen? Eine Alternative zum Auto ist das nicht. Wie es weitergeht? Zielmarke für den Herausforderer Breuer ist die Kommunalwahl 2025, in der ein neuer Rat, ein neuer Oberbürgermeister oder eine neue Oberbürgermeisterin gewählt werden. Bis dahin müsse seine Partei wieder imstande sein, ihr Potential zu entwickeln und ein CDU-Mitglied für das Spitzenamt zu benennen. Dann sei seine Aufgabe erfüllt.

Als Zukunftsorakel bietet sich übrigens der Karneval an. Auf dem aktuellen CDU-Orden versuchen Ralph Elster und Niklas Kienitz nicht weniger, als die Zeit bzw. eine Uhr anzuhalten. Warum? Weil Bernd Petelkau sich am großen Zeiger festhält und herunterzufallen droht. Das kann man auch anders sehen? Urteilen Sie selbst. Der Orden bestätigt die Erkenntnis meines alten Chefredakteurs Hans Schmitz: „Wir sind hier in Köln und da ist immer ein wenig Karneval“, pflegte er zu sagen und meinte das gar nicht böse.

Eine Schlussbemerkung in eigener Sache. In unserem Newsletter vom 21. Januar haben wir uns kritisch mit den Online-Meinungsforschern von Civey auseinander gesetzt, die für die NRW-SPD mit der ihr eigenen „Civey-Methode“ Wünsche und Ansichten der Bevölkerung dieses Landes punktgenau gemessen haben wollen. Dem Kölner Presseclub hat dieser kritische Beitrag eine Auseinandersetzung mit dem Start-Up aus Berlin eingetragen. Unter der Überschrift „Das Orakel von Civey“ hat sich nun Dr. Reiner Burger, NRW-Korrespondent der FAZ, ausführlich mit dem Streit befasst, der in der Meinungsforschung herrscht. Sie finden den Artikel, der unseren Newsletter umfänglich bestätigt, wenn Sie hier klicken. artikel_faz_01022022 (forsa.de)

In dieser Woche schien einmal die Sonne so, als wolle sie baldigen Frühling verheißen, und die Vögel sangen aus Leibeskräften mit. Vielleicht war das nur eine Sinnestäuschung. Aber mir gab sie Kraft und Hoffnung, dass es eines Tages wieder grünt und Corona zum lästigen Schnupfen verkommt.

Herzlich grüßt Sie

Ihr

Peter Pauls

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