Die unerträgliche Milde der Richter in NRW

Die strenge Stausberg

Die unerträgliche Milde der Richter in NRW
Seit den Kölner Übergriffen diskutiert Deutschland über schärfere Gesetze. Aber selbst die bestehenden werden von der laschen Rechtsprechung in Nordrhein-Westfalen kaum ausgeschöpft.

Was haben wir in diesen Tagen nicht alles gehört über das Versagen der Kölner Polizei in der Silvesternacht! Mich beschleicht aber das Gefühl: Wir machen es uns mit dem Eindreschen auf diese Sicherheitskräfte, die gravierende Fehler machten, zu einfach. Warum?

Ich empfehle die Lektüre von Tania Kambouris Buch „Deutschland im Blaulicht“. Die 1983 in Bochum geborene Polizeikommissarin, Kind griechischer Einwanderer, öffnet eben nicht nur die Augen für die gravierenden Probleme der Polizei in Nordrhein-Westfalen, sondern auch der dortigen Justiz.

Kann man die erschreckenden Kölner Vorkommnisse trennen von der laschen, inkonsequenten und unerträglich langsamen Rechtsprechung in diesem Bundesland?

500 neue Polizisten

Wenn Polizisten dort immer mehr den Eindruck einer „Hilflosigkeit auf Seiten der Justiz – selbst bei alltäglichen Fällen“ bekommen, und dass die Richter nur „aus Angst um ihren Ruf milde handeln“, beides O-Ton Kambouri, dann steht es schlecht um den Rechtsstaat an Rhein und Ruhr.

Illusionslos konstatiert die Autorin: „Wenn selbst ein Richter den Delinquenten keine Grenzen mehr aufzeigen kann, wer bleibt dann noch übrig, um dem Ganzen Einhalt zu bieten? Im Grunde niemand.“

Hat Ministerpräsidentin Kraft das gelesen? Sie verspricht jedenfalls einen „stärkeren Staat“ und 500 „zusätzliche“ Planstellen für Polizisten an den Brennpunkten ihrer Großstädte. Danke. Aber wo bleibt der Aufruf an die Justiz zu schnelleren, klareren und härteren Strafen? Bisher Fehlanzeige.

Mehr Videoüberwachung

Für die Opfer des grapschenden Männermobs will Frau Kraft eine „zentrale Anlaufstelle“ bei der Justiz einrichten. Klingt gut. Mündet wohl aber – wie alles in NRW – in der Schaffung einer neuen Behörde, also mehr Planstellen und damit mehr Bürokratie. Das liebt die SPD. Wäre nicht ein Aufruf an die Justiz wichtiger gewesen?

Allerdings scheint die rot-grüne Landesregierung endlich bereit zu Schritten, die bis vor Kurzem noch abgelehnt wurden: Nicht nur an Bahnhöfen, sondern auch anderen Brennpunkten, wo besonders viele Straftaten registriert werden, sollen Videoüberwachungen stattfinden, „um Täter abzuschrecken oder Straftaten besser nachweisen zu können“, so Kraft. Reicht das?

Hier eine Kostprobe der „kölschen“ Rechtsprechung: das vor wenigen Tagen ergangene Urteil gegen zwei „Raser“. Sie lieferten sich ein Autorennen auf einer stadtnahen Ausfallstraße, bei dem es nach Zusammenstoß mit einem Taxi nicht nur Schwerverletzte gab, sondern auch einen toten Fahrgast. Die beiden – zum Tatzeitpunkt 19 Jahre alt – bekamen ein Jahr auf Bewährung und ein Jahr Führerscheinsperre. Schreckt das ab?

Quelle: welt.de
von Dr. Hildegard Stausberg

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