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Starke Frauen: Shikiba Babori

26. Januar, 2023 um 19:30 - 23:00

Ein Gespräch mit:
Shikiba Babori, Journalistin und Ethnologin

Moderation:
Michael Hirz, Vorstand und Journalist

Fotos: Ulrike Brincker

 

Frauen – Spielball der Politik

Von Ulrike Brincker

„Heimat ist ein Thema für sich, dieses Gefühl habe ich nicht, ich kann nur sagen, wo ich mich wohl fühle“ so Shikiba Babori im Rheingold-Salon im Gespräch mit Michael Hirz.

Geboren in Afghanistan, aufgewachsen in Bonn, Wahlheimat Spanien, aktueller Wohnort Köln. 1979 kamen die dreizehnjährige Shikiba und ihre Familie nach Bonn. Ihr Vater war an die dortige Botschaft versetzt worden. „Wir waren die einzigen Afghanen weit und breit“ erzählt sie. Schwierigkeiten habe es jedoch nur mit der Sprache gegeben. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich die Lehrerin jemals verstehe.“ Nach drei Jahren sollte die Familie eigentlich zurück nach Afghanistan, doch der Vater weigerte sich, mit der afghanischen Regierung zusammen zu arbeiten und so blieb die Familie in Deutschland. Nachdem 1979 sowjetische Truppen in die afghanische Hauptstadt eingefallen waren, setzte eine große Fluchtwelle ein. „Die Leute wollten alle raus“ so Shikiba Babori. Der große Aufbruch der Mittelschicht sollte sich in den folgenden Jahrzehnten fortsetzen. Seit 1980 haben sechs Millionen Menschen das Land verlassen. Zurück blieben die, die es sich nicht leisten konnten, woanders neu anzufangen.

Shikiba studierte Ethnologin und wurde schließlich Journalistin. 2003, als sich in ihr der „Exilblues“ regte, kehrte sie das erste Mal zurück nach Kabul. „Womit ich nicht gerechnet hatte, als ich in Kabul ankam: alle waren draußen, es wurde getanzt und gefeiert“. Seitdem reist sie als Journalistin immer wieder nach Afghanistan. Vor Ort bildete sie auch Journalistinnen aus und gründete das Netzwerk Kalima-News. In ihren Kursen fragten damals Teilnehmerinnen: Was ist, wenn die Taliban zurückkomen? „Wir haben damals immer gesagt: nein, das könne nicht passieren.“ So dachten die meisten.

Seit dem Abzug der Nato im August 2021 und der Machtübernahme der Taliban haben sich die Lebensbedingungen von Mädchen und Frauen dramatisch verschlechtert, obwohl Frauenn und Männer seit 2004 per Verfassung gleichgestellt sind. Auf dem Land sei die Situation schon vorher kompliziert gewesen, die Mädchen hatten bereits damals keine Möglichkeit zur Schule zu gehen. Nun sei der Bildungsweg auch in den großen Städten abgeschnitten und die Frauen mehr und mehr aus der Öffentlichkeit verbannt.

Seit dem 21.12.2022 dürfen sie sich nicht mehr in Parks aufhalten, keinen Sport treiben und überhaupt „nichts draußen tun, was Spaß macht“. Das Beschäftigungsverbot für Frauen bei NGOs habe ebenfalls dramatische Folgen: Denn diese Mitarbeiterinnen seien diejenigen gewesen, die in den Provinzen Zugang zu Frauen gehabt hätten. Medizinische Unterstützung gibt es für kranke Mädchen und Frauen nun nicht mehr, den von Männern dürfen sie sich nicht behandeln lassen.

Hinzu komme die schlechte humanitäre Situation. Afganistan ist eins der ärmsten Länder der Welt. 23 Millionen Menschen leiden inzwischen an Hunger, Familien geben ihre Kinder weg, weil sie sie nicht mehr ernähren können. Und nun liegen die Temperaturen teilweise bei minus 34 Grad. Der kälteste Winter seit fünfzehn Jahren. Das Land ist abhängig von internationalen Geldern, von denen niemand weiß, wo sie wirklich ankommen.

Journalistin Shikiba Babori telefoniert fast täglich miit Freundinnen und Bekannten in Afghanistan. Von Mal zu Mal veränderten sich die Stimmen ihrer Gesprächspartnerinnen. Die Hoffnungslosigkeit sei extrem. Die Möglichkeit zum zivilen Ungehorsam werde zwar gelegentlich genutzt, aber in der Regel würde Demonstrationen sofort niedergeknüppelt.

„Nachdem die Sowjets raus waren, hat das Interesse des Westens aufgehört.“ Das Land sei in Vergessenheit geraten. Dabei könne man durch Hingucken und Berichterstattung Veränderung bewirken. „Wir könnten genug wissen, wenn wir es denn wollten“ so Babori. „Aber wegen des Kriegs in der Ukraine ist Afghanistan aus dem Fokus geraten“. Grundsätzlich dürfe man aus Afghanistan berichten, wenn man denn nur wollte.

Details

Datum:
26. Januar, 2023
Zeit:
19:30 - 23:00

Veranstaltungsort

Excelsior Hotel Ernst
Trankgasse 1-5
Köln, 50667

Details

Datum:
26. Januar, 2023
Zeit:
19:30 - 23:00

Veranstaltungsort

Excelsior Hotel Ernst
Trankgasse 1-5
Köln, 50667