Ein Gespräch mit:
Dr. Nicole Grünwald, Präsidentin der IHK zu Köln
Meike Jungbluth, Vorsitzende „Mine ReWIR“ Aachen
Prof. Dr. Hubertus Bardt, Geschäftsführer des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln
Thomas Schauf, Geschäftsführer der Metropolregion Rheinland e.V. Köln
Moderation:
Michael Hirz und Peter Pauls, Vorstand und Journalist
Fotos: Ulrike Brincker
Europas größtes Loch liegt im rheinischen Revier. Doch nun soll die Zeit der Kohle enden und das Revier muss sich neu erfinden. Der Ausstieg aus dem Loch: vom Klimasünder zur nachhaltigen Vorzeigeregion. Aber wie lassen sich die Klimaziele einhalten, ausreichend Energie produzieren und auch noch Arbeitsplätze erhalten? Gerät dadurch eine ganze Region in Dauerstress fragen Peter Pauls und Michael Hirz im Kölner Presseclub. Zu Gast: Dr. Nicole Grünewald, Präsidentin der IHK zu Köln. Sie beschäftigt vor allem die Frage, wie in Zukunft der enorme Energie-Bedarf im rheinischen Revier gedeckt werden soll. Denn gerade einmal die Hälfte der benötigten Energie lässt sich mit Gas und erneuerbaren Energien ersetzen. Deshalb fürchtet sie die Abwanderung von großen Industrieunternehmen.
„Durch den Strukturwandel können wir mit sehr vielen Arbeitsplätzen im rheinischen Revier rechnen“, lautet die etwas optimistischere Sichtweise von Professor Dr. Hubertus Bardt, Geschäftsführer des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln. Laut einer Studie seines Hauses könnten die Milliardenhilfen für den Strukturwandel für 27.000 neue Arbeitsplätze sorgen. Doch 2030 sei mehr oder weniger schon „nächste Woche“. Deshalb müssten die Investitionsentscheidungen jetzt fallen.
„Wenn wir den Turnaround nicht bis 2030 schaffen, dann gelingt das auch nicht in 2032 oder 2033,“ glaubt Meike Jungbluth, Vorsitzende von „Mine ReWIR“ Aachen und Geschäftsführerin der Roskopf Unternehmensgruppe, deren Geschäftsmodell über Jahrzehnte auf der Kohle beruhte.
Noch halten ihre Mitarbeiter Förderbänder in Gang, arbeiten in Veredelungsbetrieben und Kraftwerken. Der Ausstieg aus der Kohle bedeutet für sie zwar das Ende einer 70-jährigen Geschichte, doch Jungbluth versucht, andere Industrien zu finden und Mitarbeiter umzuqualifizieren. Keine einfache Aufgabe, denn „durch den Krieg in der Ukraine laufen meine Kollegen schon jetzt auf 120 Prozent“.
So wie ihren Mitarbeitern geht es auch den meisten anderen in der Region. Schon jetzt sind sie einer hohen Belastung ausgesetzt. Und die Zukunft scheint ungewiss. 2020 gründete sich deshalb die private Initiative „Mine ReWir“. Ein gemeinnütziger Verein von und für Unternehmen im rheinischen Revier, die vom Strukturwandel betroffen sind. Gemeinsam mit der Wissenschaft wird eine Zukunftsperspektive entwickelt. „Unsere Ideen sind die einzigen konkreten auf dem Markt,“ sagt Meike Jungbluth. „Hilfe durch Selbsthilfe.“
Besonders für energieintensive Unternehmen ist die Explosion der Energiepreise durch den Krieg in der Ukraine ein Problem. Viele Geschäftsmodelle basieren auf billigem Kohlestrom, den es so nicht mehr geben wird. Viele Unternehmen stehen deshalb vor dem Aus.
Für die Transformation des rheinischen Reviers stehen 14,8 Milliarden Euro zur Verfügung. Koordiniert und vorangetrieben wird der Wandel durch die „Zukunftsagentur“. Doch wie die Mittel genau verteilt werden, konnte in der Gesprächsrunde nicht beantwortet werden. Klar scheint nur, dass Geld allein nicht die Lösung ist. Genehmigungsverfahren müssten schneller gehen. Und die leidige Bürokratie dürfe dem Strukturwandel auch nicht mehr im Wege stehen.
Wenn nichts passiere, drohe die Gefahr, dass aus dem rheinischen Revier bald ein Ruhrgebiet 2.0 werde. Eine Region ohne Zukunft, die subventioniert werden müsse.
Arbeitsplätze gebe es jedoch nur, wo es auch Industrie gäbe. Viele Industriebetriebe wollten sich hier ansiedeln, doch es mangele an entsprechenden Gewerbeflächen. Es scheitere oft an den Anwohnern, die nicht schon wieder Industrie vor ihrer Haustür wollen. „Jeder Bürgermeister, der einen Windpark planen will, wird nicht wiedergewählt“, so Nicole Grünewald. Deshalb dürfe die Landesregierung die Bürgermeister nicht alleine lassen. Denn wenn die Industrie einmal abgewandert sei, käme sie nicht wieder.
Doch wenn die „richtigen Weichen gestellt“ würden, dann könnte das rheinische Revier im Jahr 2040 „die größte Chance vor der Haustür“ werden, glaubt Nicole Grünewald. Der Blick in die Glaskugel ist auch für Hubertus Bardt ein „optimistischer“ dank der „Erfahrung mit der Industrie“ und „der Kreativität der Menschen“.
„2040 wird es Innovationen geben,“ meint auch die Hoffnung von Meike Jungbluth.
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Nach dem Ausstieg der Abstieg?
21. März, 2023 um 19:30 - 23:00
Ein Gespräch mit:
Dr. Nicole Grünwald, Präsidentin der IHK zu Köln
Meike Jungbluth, Vorsitzende „Mine ReWIR“ Aachen
Prof. Dr. Hubertus Bardt, Geschäftsführer des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln
Thomas Schauf, Geschäftsführer der Metropolregion Rheinland e.V. Köln
Moderation:
Michael Hirz und Peter Pauls, Vorstand und Journalist
Fotos: Ulrike Brincker
Europas größtes Loch liegt im rheinischen Revier. Doch nun soll die Zeit der Kohle enden und das Revier muss sich neu erfinden. Der Ausstieg aus dem Loch: vom Klimasünder zur nachhaltigen Vorzeigeregion. Aber wie lassen sich die Klimaziele einhalten, ausreichend Energie produzieren und auch noch Arbeitsplätze erhalten? Gerät dadurch eine ganze Region in Dauerstress fragen Peter Pauls und Michael Hirz im Kölner Presseclub. Zu Gast: Dr. Nicole Grünewald, Präsidentin der IHK zu Köln. Sie beschäftigt vor allem die Frage, wie in Zukunft der enorme Energie-Bedarf im rheinischen Revier gedeckt werden soll. Denn gerade einmal die Hälfte der benötigten Energie lässt sich mit Gas und erneuerbaren Energien ersetzen. Deshalb fürchtet sie die Abwanderung von großen Industrieunternehmen.
„Durch den Strukturwandel können wir mit sehr vielen Arbeitsplätzen im rheinischen Revier rechnen“, lautet die etwas optimistischere Sichtweise von Professor Dr. Hubertus Bardt, Geschäftsführer des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln. Laut einer Studie seines Hauses könnten die Milliardenhilfen für den Strukturwandel für 27.000 neue Arbeitsplätze sorgen. Doch 2030 sei mehr oder weniger schon „nächste Woche“. Deshalb müssten die Investitionsentscheidungen jetzt fallen.
„Wenn wir den Turnaround nicht bis 2030 schaffen, dann gelingt das auch nicht in 2032 oder 2033,“ glaubt Meike Jungbluth, Vorsitzende von „Mine ReWIR“ Aachen und Geschäftsführerin der Roskopf Unternehmensgruppe, deren Geschäftsmodell über Jahrzehnte auf der Kohle beruhte.
Noch halten ihre Mitarbeiter Förderbänder in Gang, arbeiten in Veredelungsbetrieben und Kraftwerken. Der Ausstieg aus der Kohle bedeutet für sie zwar das Ende einer 70-jährigen Geschichte, doch Jungbluth versucht, andere Industrien zu finden und Mitarbeiter umzuqualifizieren. Keine einfache Aufgabe, denn „durch den Krieg in der Ukraine laufen meine Kollegen schon jetzt auf 120 Prozent“.
So wie ihren Mitarbeitern geht es auch den meisten anderen in der Region. Schon jetzt sind sie einer hohen Belastung ausgesetzt. Und die Zukunft scheint ungewiss. 2020 gründete sich deshalb die private Initiative „Mine ReWir“. Ein gemeinnütziger Verein von und für Unternehmen im rheinischen Revier, die vom Strukturwandel betroffen sind. Gemeinsam mit der Wissenschaft wird eine Zukunftsperspektive entwickelt. „Unsere Ideen sind die einzigen konkreten auf dem Markt,“ sagt Meike Jungbluth. „Hilfe durch Selbsthilfe.“
Besonders für energieintensive Unternehmen ist die Explosion der Energiepreise durch den Krieg in der Ukraine ein Problem. Viele Geschäftsmodelle basieren auf billigem Kohlestrom, den es so nicht mehr geben wird. Viele Unternehmen stehen deshalb vor dem Aus.
Für die Transformation des rheinischen Reviers stehen 14,8 Milliarden Euro zur Verfügung. Koordiniert und vorangetrieben wird der Wandel durch die „Zukunftsagentur“. Doch wie die Mittel genau verteilt werden, konnte in der Gesprächsrunde nicht beantwortet werden. Klar scheint nur, dass Geld allein nicht die Lösung ist. Genehmigungsverfahren müssten schneller gehen. Und die leidige Bürokratie dürfe dem Strukturwandel auch nicht mehr im Wege stehen.
Wenn nichts passiere, drohe die Gefahr, dass aus dem rheinischen Revier bald ein Ruhrgebiet 2.0 werde. Eine Region ohne Zukunft, die subventioniert werden müsse.
Arbeitsplätze gebe es jedoch nur, wo es auch Industrie gäbe. Viele Industriebetriebe wollten sich hier ansiedeln, doch es mangele an entsprechenden Gewerbeflächen. Es scheitere oft an den Anwohnern, die nicht schon wieder Industrie vor ihrer Haustür wollen. „Jeder Bürgermeister, der einen Windpark planen will, wird nicht wiedergewählt“, so Nicole Grünewald. Deshalb dürfe die Landesregierung die Bürgermeister nicht alleine lassen. Denn wenn die Industrie einmal abgewandert sei, käme sie nicht wieder.
Doch wenn die „richtigen Weichen gestellt“ würden, dann könnte das rheinische Revier im Jahr 2040 „die größte Chance vor der Haustür“ werden, glaubt Nicole Grünewald. Der Blick in die Glaskugel ist auch für Hubertus Bardt ein „optimistischer“ dank der „Erfahrung mit der Industrie“ und „der Kreativität der Menschen“.
„2040 wird es Innovationen geben,“ meint auch die Hoffnung von Meike Jungbluth.
Details
Veranstaltungsort
Köln, 50667
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