Newsletter 11. September 2020

Newsletter vom 11.09.2020

Unsere Kölner Gäste halten uns die Stange – und da bin ich auch sehr dankbar drüber.

Seit 1863 steht neben dem Kölner Dom das Excelsior Hotel Ernst. Es ist ein Glück für die Stadt, dass dieses immer noch inhabergeführte Haus zu den „Leading Hotels of the World“ gehört. Georg Plesser leitet es seit Anfang dieses Jahres – und muss mit Corona eine der schwersten Krisen des deutschen Hotelgewerbes meistern. Und es sind, so Plesser, „zurzeit die Kölner, die das Hotel am leben halten“, allerdings nur in den Bereichen Gastronomie und Veranstaltungen. Wie es weitergehen soll mit Kölns „guter Stube“, der Hotellerie insgesamt und dem Standort Köln kam im Gespräch mit dem Kölner Presseclub zur Sprache. Wir geben hier Auszüge davon wieder.

Hildegard Stausberg: Ihr Hotel liegt im absoluten Herzen der Stadt. Dieses „Herz“ hat sich aber in den letzten Jahren stark verändert: Ist das Umfeld des Excelsiors einem „Leading Hotel of the World“ noch angemessen?

Georg Plesser: Luxushotellerie hat unheimlich viele Geschäftsfelder: Wir können nicht nur von einem überleben. Es sind Geschäftskunden, das hochwertige Gruppengeschäft, der Freizeit Gast, der raus geht und dort einiges erleben möchte, und der internationale Gast. Alle suchen in unterschiedlicher Weise Geschäft und Freizeit. Natürlich ist die Stadt und das Umland gefordert, da die richtigen Angebote zu bringen. Dabei ist heute, das sage ich ganz ehrlich, Shopping in Köln ein echt schweres Thema! Ich gebe mal einen Vor-Corona Vergleich: Im Juli und August ist die Stadt Düsseldorf traditionell voll mit Gästen aus dem Mittleren Osten – mit sehr, sehr guter Kundschaft, die sich entweder im medizinischen Bereich behandeln läßt oder shoppen geht, aber im absoluten Luxus Segment bitte, also „Edel-Shopping“. Köln bekommt von diesem Kuchen im Juli und August fast gar nichts ab.

Stausberg: Und wie sieht es jetzt aus?

Plesser: Ein großes Pfund für das Excelsior ist unsere lokale Kundschaft. Da können wir zwar kein Hotel mit füllen, aber immerhin unsere Veranstaltungsräume und die Gastronomie. Unsere Kölner Gäste halten uns die Stange – und da bin ich auch sehr dankbar drüber. Wir waren nach dem Ausbruch von Corona neun Wochen total zu – es gab keinen einzigen Gast! Wir sind von 100 auf null runter! Dann haben wir mit einem kleinen Kernteam am 25.Mai wieder eröffnet. Vom Tag eins an war und ist die Lage der Bettenbelegung grausam, aber unsere Hanse Stube, unser Taku Restaurant und unser kleines Take-Away „Poké Makai“ liefen von Anfang an gut – und sind längst auf Vorjahresniveau. Das gibt Mut und Hoffnung!

Stausberg: Im Kölner Wahlkampf spielt in diesen Tagen das Thema Sauberkeit eine große Rolle: Was fällt Ihnen zu diesem Thema ein?

Plesser: Wir müssen damit leben, wo wir sind! Aber es ist natürlich ein Thema für uns. Ich habe schon geschmunzelt, als ich so manches Wahlversprechen gelesen habe zum Thema Verkehr, Sicherheit, e-Mobilität. Da fehlt es in meinem direkten Hotel Umfeld an allen Ecken. Wenn man sich gerade vorstellt, dass die große Domgarage nicht einen einzigen e-Parkplatz hat, wo man mit dem Stecker sein Auto aufladen kann – und wir haben immer mehr Kunden, die das einfordern – dann ist das, gelinde gesagt, schwierig. Und auch hinter unserem Haus haben wir, wenn es dunkel wird, eine wenig ansprechende Ecke! Das muss man in aller Deutlichkeit so sagen.

Stausberg: Wie setzt sich Ihre Kundschaft zusammen: Mehr Business oder Tourismus?

Plesser: Wir haben nie auf eine Karte gesetzt: Es war immer ein Mix. Das kommt uns jetzt zugute. Das Haus war immer sehr international aufgestellt. Vor Corona hatten wir nur noch 40 Prozent deutsche Gäste. Dabei war übrigens ein extrem wichtiger Markt Amerika – gerade in der Weihnachtszeit.

Stausberg: Was bedeutet die Absage des Weihnachtsmarktes für Sie?

Plesser: Das wurde uns – ohne jede Rücksprache mit den Organisatoren – einfach so mitgeteilt. Abgesehen davon, dass wir seit langem selbst da einen Stand für unsere Excelsior-Stollen hatten, gab es in dieser Zeit immer ein solides Kontingent von 500 Zimmern für amerikanischen Gästen, die den Kölner Weihnachtsmarkt besuchten, das ist nicht mehr aufzuholen. Wir müssen unsere Verkaufsstrategien nun ganz auf den deutschen Markt fixieren!

Stausberg: Was bedeutet die Messe für Ihr Hotel?

Plesser: Das ist der ganz große Baustein, der einfach dazu gehört. Der muss sein – für alle Hotels in dieser Stadt, egal ob drei oder fünf Sterne. Und das Messegeschäft ist vorläufig natürlich gänzlich zum Erliegen gekommen. Was uns umtreibt, ist dass wir zur Zeit immer noch sehr kurzfristig informiert werden, ob und wann eine Messe vielleicht doch noch stattfinden kann. Im Moment steht die Art Cologne für November noch. Die Möbelmesse im Januar ist noch mit Fragezeichen behaftet. Bei diesen Messen trifft sich die Welt in Köln – und diese Welt kann zur Zeit halt nicht zu uns reisen.

Stausberg: Der Chef der Koelnmesse, Herr Böse, bekräftigt ja immer wieder, dass für ihn auch das ganz obere Segment in der Hotellerie sehr wichtig ist …

Plesser: Sie sprechen meinen Nachbarn an, das Domhotel. Zu dieser Aussage muss ich ganz laut JA sagen: Konkurrenz stärkt das Geschäft. Wenn diese Baustelle, die ja unsäglich ist für das Stadtbild, irgendwann geschlossen sein wird, werden wir gemeinsam für das Top-Segment antreten. Man muss die Marke Köln raustragen ins internationale Geschäft. Denn, wenn es ums Lokale geht, ist Köln phantastisch, aber man muss es auch laut und deutlich draussen sagen.

Stausberg: Das Domhotel liegt am Roncalliplatz – und da gibt es ja noch viel mehr zu tun. Geht es nicht viel zu langsam weiter?

Plesser: Ich freue mich nicht darüber, dass es jetzt nochmals ein paar Jahre mehr dauern soll!

Stausberg: Ihr Hotel hat eine lange Tradition in Aus- und Fortbildung des eigenen Personals

Plesser: Vor Corona hätte ich Ihnen Anfang des Jahres noch gesagt, dass das größte Problem der Hotelbranche der Nachwuchs ist, also vor allem die Ausbildung des Fachpersonals. Ich würde jetzt mal tippen, dass kaum ein Hotel in Deutschland vor Corona nicht noch ein paar offene Stellen hatte. Auch das Excelsior hatte davon zehn. Corona hat das kurzfristig verändert, weil so gut wie alle Hotels einen rigorosen Einstellungsstopp haben. Viele mussten Personal entlassen, wir nicht. Momentan ist es also etwas einfacher, aber wie das langfristig sein wird, ist schwer zu beurteilen. Die Hotellerie hat nicht unbedingt einen guten Ruf: Wir haben komische Arbeitszeiten, keine hohen Löhne. Wir hier haben zum Glück Personal, das wir sehr langfristig an unser Haus binden konnten: Unser Rekordhalter ist seit 42 Jahren bei uns!

Stausberg: Der Austausch mit dem Baur au Lac in Zürich findet nicht mehr statt?

Plesser: Wir sind ein Solitär, wir sind auf uns allein gestellt. Wir machen alles selber. Ein reger Austausch findet statt mit dem Verbund des „Leading Hotels of the World“. Letztes Jahr haben wir einen Azubi Contest gewonnen, denn wir bilden jedes Jahr 35 junge Menschen aus. Das ist durchaus eine gute Zahl für 136 Zimmer.

Stausberg: Sie selbst haben ja viele Erfahrungen in verschiedenen Städten in Deutschland gemacht: In was für einer Liga spielt Köln?

Plesser: Wir gehören definitiv zur Champions League dazu. Es gibt aber Städte, die für die Hotellerie einen noch höheren Stellenwert haben. Da liegt München ganz weit vorn – und dann kommt erstmal lange nichts … Wenn man die sonstigen Zahlen sieht, da bewegt sich Köln mit Hamburg, Berlin und Frankfurt in einem vergleichbaren Fahrwasser.

Stausberg: Gibt es Trends bei der Anreise?

Plesser: Momentan haben wir – wie schon gesagt – ein sehr deutsches Publikum und damit eine Anreise mit Auto und Bahn. Vorher war es überwiegend das Flugzeug. Hierzu eine Zahl: Im Juni letzten Jahres gab es am Kölner Flughafen 2,2 Millionen Passagiere – in diesem Juni waren es gerade mal 160.000: An dieser Zahl sieht man mal, was für tektonische Verschiebungen gerade stattfinden!

Stausberg: Wem geht es zur Zeit in Ihrer Branche am Besten?

Plesser: Hamburg hat Glück mit dem Tourismus Richtung Norden. Und an der Küste und auf den Inseln gibt es fast nur ausgebuchte Hotels! Dem Rest – also der Mehrheit – geht es gerade richtig dreckig!

Stausberg: Hamburg besuchen viele Touristen ja auch für die Elbphilharmonie – wie sehen Sie das Kölner Opern Debakel?

Plesser: Es gibt Kunden für alles: für Klassik, für die Lanxess Arena, für Pop und Rock. Zur Oper: Ich bin als Direktor des Excelsiors auch im Kuratorium. Also zu kurz dabei, um schon eine abschließende Meinung zu haben. So etwas dauert halt. Das hat man ja auch in Hamburg gesehen. Auch in Frankfurt muss die marode Oper renoviert werden – und die sehen nach Köln – und wissen nicht genau, was sie tun sollen.

Stausberg: Der Deutsche Verband des Wohnungswesens, Städtebau und Raumordnung spricht nach seiner letzten Tagung in Potsdam von einem drohenden dramatischen Niedergang der deutschen Stadtzentren – und sagt vor allem einen Zusammenbruch des Einzelhandels voraus: Wie sehen Sie das für Köln?

Plesser: Der deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga hat die neuesten Zahlen herausgegeben – und die sind erschreckend! Wir haben in der deutschen Hotellerie und Gastronomie 2,2 Millionen Angestellte. Davon sind gerade 80 Prozent in Kurzarbeit. Wenn es das Vehikel irgendwann nicht mehr gibt, sind Massenentlassungen zu erwarten.
Es gibt in der Hotellerie und Gastronomie 220.00 Betriebe in der BRD: Die Dehoga vermutet ein Sterben von etwa 70.000! Die Liquidität ist bei vielen sehr gering ist. Das Excelsior wiederum ist in der glücklichen Lage, keine Pacht zahlen zu müssen: wir sind im Eigentum. Zum Stadtbild gehört natürlich beides: Die kleine Kneipe ebenso wie das Luxushotel. Aber da wird wohl eine Ausdünnung stattfinden.

Stausberg: Könnte die Stadt Köln dem irgendwie aktiv entgegenwirken?

Plesser: Köln war für unsere Hotelbranche manchmal ein bisschen schnell – und zwar schnell im Negativen. Wir sind die einzige Großstadt in Deutschland gewesen, die einen vorgeschriebenen Lockdown hatte. Es war in allen anderen Städten so, dass der Tourist draußen bleiben musste, der Geschäftsmann aber noch nicht. Dann wurde das überstimmt vom Land. Wir waren auch sehr schnell beim Absagen des Weihnachtsmarktes. Und wir standen jetzt überall in der deutschen Presse als Vorreiter. Aber nicht unbedingt mit einer positiven Vorreiterschaft. Vielleicht hätte man sich da noch ein bisschen besser absprechen können.

Stausberg: Und wie erklären Sie sich diese Entscheidung in der Stadt?

Plesser: Das ist wohl damals unter dem Eindruck von Heinsberg gekommen. Am Rosenmontag war ja noch alles in Ordnung, wir hatten die Tribüne vorm Haus, unser letztes großes Event war der Aschermittwoch mit einem großen Fischessen. Dann war es vorbei. Und gerade wegen Heinsberg hat Köln dann damals besonders viel Sorge und Angst gehabt. Vielleicht auch zu Recht. Und natürlich ziehen wir jetzt alle Konsequenzen: Deutschland kommt für uns zuerst, dann kommt Europa – und zwar vor allem der Teil, der mit Auto und Zug erreichbar ist – Benelux ist da ein besonders wichtiger Faktor. Und irgendwann hoffen wir, dass die Welt wieder dazu kommt.

Stausberg: Was halten Sie von der Verkehrsplanung in Köln – vor allem derjenigen, die Sie hier im Herzen der Stadt betrifft?

Plesser: Das ist eigentlich ein geordnetes Chaos. Und ja: Es ist alles ein bisschen beengt. Aber unsere Wagenmeister schaffen es immer wieder, damit fertig zu werden. Natürlich hätte ich gern eine größere Vorfahrt und natürlich ist es um mich herum abends ein bisschen finster. Und ja: Da würde ich mir schon ein stärkeres Durchgreifen wünschen.

Stausberg: Es gibt Forderungen, den Personenverkehr auf dem Kölner Flughafen noch mehr einzugrenzen …

Plesser: Davor würde ich warnen: Die gute Erreichbarkeit über einen Flughafen ist für eine Stadt wie Köln unerläßlich!

Stausberg: Wie könnte Köln das internationale Gästesegment noch mehr anziehen?

Plesser: In Düsseldorf hat sich der luxuriöse Einzelhandel zur Kö-Allianz zusammengeschlossen. Da sind die drei ersten Häuser am Platze aktiv dabei, also Breidenbacher Hof, Steigenberger und Interconti. Die organisieren dann diverse Festivals – ein Food-Festival zum Beispiel – oder ein Shopping Festival. Aber auch die Medical Schiene boomt. Wir haben hier in Köln hervorragende Ärzte, aber wir müssen dafür klappern! Wir müssen damit raus, denn da gibt es ein Segment von gut betuchten Leuten, die man ansprechen kann. Wenn sie mal an die Kunden aus dem Mittleren Osten denken, die kommen für viele, viele Wochen. Das schafft sogar unser anderer kleiner Nachbar besser, die Stadt Bonn. Die betreiben das sehr aktiv. Da müßte auch in Köln mehr getan werden.

Stausberg: Also ist der „Medizin-Tourismus“, der „Medical Tourism“, auch spannend für ein Hotel Ihrer Kategorie?

Plesser: Ganz genau. Und das sieht man an zwei Städten besonders: München und Düsseldorf. Aber auch Wiesbaden hat sich in dieser Nische gut eingenistet.

Stausberg: Wie gehen Sie mit dem Thema Nachhaltigkeit um?

Plesser: Das nehmen wir enorm ernst: Nachhaltigkeit im Hotel ist uns extrem wichtig. Wir haben erst im letzten Jahr eine komplett neue Lüftungszentrale eingebaut, die wesentlich effizienter und auch gesünder arbeitet. Gut, dass das Investment schon vor Corona entschieden war. Unsere Köche versuchen, Lieferanten zu besorgen, die eher aus dem Kölner Umland stammen. Wir versuchen gerade unser ganzes Kosmetikangebot in den Zimmern auf nachhaltige Produkte umzustellen. Wir haben unsere kleine Dienstwagenflotte komplett auf hybrid umgestellt. Und würden uns da natürlich jetzt in der Stadt über eine bessere Anbindung an Aufladestationen freuen

Stausberg: Gibt es eigentlich für Sie gelungene Beispiele für eine aktive Wiederbelebung einer Altstadt?

Plesser: Das ist in Frankfurt gut gelungen mit dem historischen Wiederaufbau des Quartiers um den Römer. Das ist zwar kritisiert worden ohne Ende, aber das Ergebnis gibt den Initiatoren recht. Vor allem der Einzelhandel wurde belebt mit guten Geschäften, das ist enorm wichtig für eine Innenstadt.

Stausberg: Wie ist Ihr Ausblick für Köln?

Plesser: Die deutsche Hotellerie und damit auch wir haben nach der Finanzkrise von 2008 ein extrem gutes Jahrzehnt gehabt. Damals hatte die Finanzkrise ein Loch von 15 Monaten gerissen, bevor man auf das Niveau davor kam. Jetzt rechnen Fachleute aus der Hotellerie-Branche mit einer Durststrecke von etwa drei Jahren mindestens, bevor man wieder auf das Niveau von 2019 kommen kann. Uns gibt es seit 157 Jahren an diesem Platze: Das werden wir auch noch überstehen!

Dr. Hildegard Stausberg

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