Newsletter 27. August 2021

Newsletter vom 27.08.2021

Armin Laschet ist allein zu Haus – Warum „Die Unbeugsamen“ unseren Blick auf die Zukunft verändern 

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

erinnern Sie sich noch? 2017 wollte die SPD partout nicht in eine große Koalition mit CDU/CSU gehen. Da würden doch nur Union und Angela Merkel gewinnen. Erst ein Machtwort von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier änderte die Lage. Doch nicht wenige glaubten tatsächlich, dass die Sozialdemokraten ein staatspolitisches Opfer brächten, als sie das Land regierungsfähig hielten und koalierten. Viele Jahre sah es aus, als würden sie recht behalten, so stark sank die Partei in Umfragen.

Heute hat sich das Bild von Grund auf verändert. Manfred Güllners Forsa-Institut sieht die SPD bei 23 Prozent, CDU/CSU bei 22 Prozent. Das ist einer der schlechtesten Werte, den Forsa seit seiner Gründung 1984 für die Union ermittelt hat. Für die Grünen gibt es 18 Prozent, für die FDP 12, die Linke 6 und die AFD 10 Prozent. Der Vertrauenswert für Olaf Scholz (SPD) liegt mit 51 Punkten fast so hoch wie der von Markus Söder (53 Punkte). Armin Laschet fiel von 40 auf 29 Punkte. Fahren die Sozialdemokraten heute eine Ernte ein, an die sie selbst nie geglaubt haben?

Man muss sich diese Umkehr der Umstände vor Augen halten, will man den Argwohn nachvollziehen, mit dem die Union dem eigenen Kandidaten begegnet. Eine Mehrheit glaubt nicht mehr an ihn. Ob innerhalb oder außerhalb der Union. Wenn Sie ein wenig durch die einschlägigen Seiten in den sogenannten sozialen Medien streifen, finden Sie die Gewächshäuser, in denen der Zweifel an Armin Laschet gezüchtet wird und mit der Kraft einer Stangenbohne wächst. Häufig sind übrigens die eigenen Parteifreunde gefährlicher als der politische Gegner. Das habe ich vor 40 Jahren bereits als Lokalredakteur gelernt.

Betrachte ich Armin Laschet als Ministerpräsidenten, stelle ich fest, dass er Nordrhein-Westfalen ganz solide regiert hat. Sein Kabinett ist ausgewogen besetzt und seine Bilanz so pannenfrei, wie das in diesen Tagen möglich ist, in denen kein Schritt mehr unbeobachtet und unkommentiert bleibt. Und doch ist er in einer Abwärtsspirale. Was immer er tut – so bitte soll es nun gerade nicht sein. Die Weiche in Richtung Pannenstrecke wurde gestellt, als in der Tagesschau ein feixender Kanzlerkandidat Laschet gut sichtbar hinter dem Bundespräsidenten stand, der angesichts von Tod und Zerstörung Trost vermitteln wollte.

Sind die Medien für das Elend der Union verantwortlich? Meiner Meinung nicht – jedenfalls, wenn man die klassischen Anbieter wie Tageszeitungen, Fernsehen und Hörfunk betrachtet, Das heißt: wenn man Facebook, Twitter und Co. außer Acht lässt. Doch längst ist deren mediales  Grundrauschen zur Hintergrundmelodie unserer Tage geworden wie die Musik im Supermarkt, die – weitgehend unbeachtet – ihren Weg in unseren Kopf nimmt. Wäre alles ein Slapstick-Film, dann wäre Laschet der Unglückliche, der im Augenblick immer die Torte ins Gesicht bekommt.

Wie schnell sich das wieder ändern kann, weiß die eingangs erwähnte SPD.  Armin Laschet, der zur Zeit wie ein politischer Hiob unterwegs ist, muss man eines bescheinigen: Er hat Nehmerqualitäten und Standvermögen. Das ist nun wiederum keine schlechte Eigenschaft, um Bundeskanzler zu werden. Wer weiß, was da noch kommt?

Nun zu einem anderen, wenn auch wieder politischen Thema. Leopold Hoesch produziert mit seiner Firma Broadview TV in Köln Filme. Er ist für sie das, was ein Verleger und Herausgeber für eine Zeitung ist – einer, der die großen Themen besetzt und die wirtschaftliche Verantwortung trägt. Einer, der nicht in jedem Detail steckt, doch die großen Linien verfolgt, der seinem Team Freiräume verschafft, es anfeuert und vielleicht auch mal bremst. Der aber schließlich, wenn man ihn privat kurz vor der Zielgeraden trifft, wenn der Film vor Kinostart oder Sendetermin steht, nur wenig andere Themen kennt als das neue Werk. Das ist stets lehrreich und unterhaltsam.

Diesmal war Leopold Hoesch fast ruhig und sprach von einem „blinden Fleck“ im Nachkriegsdeutschland und einer „bislang unerzählten Geschichte,“ weil ihn das Thema nicht nur selber tief berührt hat. Vor sechs Jahren, als die Idee zu diesem Film von Regisseur Torsten Körner geboren wurde, war ein aus heutiger Sicht naheliegender Stoff als Kino-Dokumentarfilm praktisch unfinanzierbar. Schließlich stand der Produzent selber für  die Finanzierung gerade. Erst später stiegen die Filmstiftung NRW, die Kultur-Beauftragte der Bundesregierung (BKM) und ZDF/3sat in die Produktion ein.

Vielleicht hält Hoesch sich zurück, weil bereits die Botschaft des Films so unüberhörbar ist. „Die Unbeugsamen“ handelt von den Frauen in der Bonner Republik, die sich ihre Beteiligung an demokratischen Entscheidungsprozessen gegen erfolgsbesessene und amtstrunkene Männer wie echte Pionierinnen buchstäblich erkämpfen mussten. Sie verfolgten zielgerichtet ihren Weg, trotzten Vorurteilen und sexueller Diskriminierung. Wenn Politikerinnen von damals heute zu Wort kommen, bin ich hin und her gerissen. Denn die Erinnerungen mögen Jahrzehnte später fast komisch anmuten, doch mehr noch sind sie bitter, absurd – und bisweilen erschreckend aktuell. Und sie reichen von den 50er Jahren bis zur Wiedervereinigung.

Die Bilder entfalten eine Wucht, wie das nur in einem Kino möglich ist. Der Film ist eben angelaufen – in Köln im Cinenova, Odeon, Weißhaus und im Off Broadway. Einen Vorgeschmack liefert der Trailer, den Sie sehen, wenn Sie hier klicken.

Das Wetter soll wieder unbeständig werden und die Kinos sind geöffnet. Vielleicht ist das ein Tipp für das kommende Wochenende? Seien Sie sicher: Dieser Blick zurück verändert Ihre Perspektive für die Zukunft!

Herzlich grüßt

Ihr

Peter Pauls

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