Newsletter 28.10.2022

Newsletter vom 28.10.2022

Pekings gefährlicher Griff nach der Weltherrschaft
Experte: Konflikt mit China gefährlicher als der mit Russland

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

erinnern Sie sich noch an Kurt Georg Kiesinger? Muss man auch nicht, denn über den Kanzler der ersten Großen Koalition lässt sich wenig Berichtenswertes sagen. Aber seine Warnung bekommt in diesen Tagen eine beunruhigende Aktualität: „Ich sage nur China, China, China!“ Denn das Reich der Mitte hat sich vom nach außen friedlichen Armenhaus zu einer aggressiven Weltmacht gemausert, die sich anschickt, zur beherrschenden Kraft des 21. Jahrhunderts aufzusteigen.

Wandel durch Handel? Das hat schon mit Russland nicht funktioniert. Im Gegenteil: Wie Süchtige sind wir Deutschen existentiell abhängig vom Gas, das der Dealer im Kreml uns gerade vorenthält – kalter Entzug vom heißbegehrten Stoff, der hierzulande bislang Prosperität und sozialen Frieden garantiert hat. Während wir noch mit aller Kraft – und gigantischer Verschuldung – gegen den dadurch drohenden Kollaps ankämpfen, droht bereits die nächste Gefahr. Und die ist größer als die durch Russland, deutlich größer, wie der britische Wissenschaftler und international renommierte Sicherheitspolitiker Prof. Peter Neumann warnt. Für Kritiker wie ihn ist es sträfliche Blauäugigkeit, etwa chinesischen Staatskonzernen strategisch wichtige Teile unserer Infrastruktur wie Häfen zu überlassen. Der Konflikt mit Moskau werde im Vergleich zu dem, der sich mit Peking abzeichnete, nur eine Fußnote sein.

Das betont auch der bekannte chinesische Autor und Publizist Shi Ming, der mit seiner Expertise Politik und Wirtschaft berät. Noch ist China für deutsche Waren als Absatzmarkt eine Goldgrube, noch produzieren deutsche Autokonzerne und Mittelständler erfolgreich im bevölkerungsreichsten Land der Welt.  „China denkt langfristig und strategisch“, sagt Shi Ming, während Deutschland und der Westen eher an relativ kurzfristigen Gewinnen orientiert sei. Dabei ist durch die Verflechtung längst eine einseitige Abhängigkeit entstanden, die sich bitter rächen könnte: „China war vom Westen, von Know How und Technologie abhängig. Das hat sich umgekehrt.“ Aus ökonomischer werde gefährliche politische Abhängigkeit.

Aber was bedeutet das? Was bedeutet das für Mittelständler und Großkonzerne aus Deutschland? Was bedeutet es für unseren Wohlstand, unsere Sozialsysteme, die längst am Tropf chinesischer Interessenspolitik hängen? „China strebt Autonomie, Unabhängigkeit vom Westen ab und treibt das kraftvoll voran“, sagt Shi Ming. Oder, mit den Worten Peter Neumanns: „Wenn nichts passiert, dann ist die Geschichte des 21. Jahrhunderts nicht nur eine vom Aufstieg Chinas, sondern gleichzeitig die vom Niedergang des Westens.

Für die deutsche Wirtschaft sieht Shi Ming dunkle Wolken aufziehen. Detailliert wird der gefragte China-Experte am 9. November zu all diesen Fragen im Kölner Presseclub Stellung nehmen, wenn er auf Risiken, Hintergründe, aber auch inneren Widersprüche dieser atemberaubenden Entwicklung eingehen wird.

Eine Zeitenwende hat Olaf Scholz genannt, was wir gerade erleben. Originell ist das Kanzlerwort natürlich nicht, aber es ist zutreffend. Das Vormachtstreben Chinas, der russische Überfall auf die Ukraine, die epochale Herausforderung des Klimawandels, die neue Völkerwanderung – lauter Fragen, aber bislang keine wirklich befriedigenden Antworten.

Wohlstand, soziale Sicherheit, Frieden in Europa – nichts scheint mehr gesichert. In rasender Geschwindigkeit lösen sich scheinbare Selbstverständlichkeiten auf oder erodieren, Geschlechtergrenzen ebenso wie Kirchen, Parteien, Gewerkschaften, Autoritäten, Formen des Zusammenlebens. Denn nicht das Spiel ändert sich, es ändern sich die Regeln des Spiels.

Sind wir für das 21. Jahrhundert überhaupt gerüstet? Der Kölner Presseclub versucht in diesen wirren Zeiten, in seinen Veranstaltungen mit Expertinnen und Experten wenigstens stückweise Orientierung zu geben, eine Plattform für den Diskurs über die drängenden Themen zu bieten: Lokal, national, international. Wie mit dem Abend am 9. November. Das löst Probleme zwar nicht, aber es erhellt sie. Und schafft damit die Voraussetzung, klüger damit umzugehen.

In diesem Sinne grüße ich Sie, herzlich wie stets,

Ihr

Michael Hirz

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