Mehr als nur eine Frage der Perspektive? Wandel ohne Gewinner und Verlierer in einer Stadt für alle
Ein Gespräch mit:
Nicole Grünewald, IHK-Präsidentin
Jürgen Amann, Chef von Köln Tourismus
Witich Roßmann, DGB-Chef Köln
Moderation:
Peter Pauls, Vorsitzender Kölner Presseclub e.V.
Foto: Ulrike Brincker
Von Ulrike Brincker
Keine Liebe auf den ersten Blick, aber dafür habe die Stadt eine innere Schönheit glaubt Jürgen Amann, Chef von Köln Tourismus.
Es gebe Unterschiede, ob man die Stadt mit dem Herzen sehe oder mit den Augen. Bei letzterem sei noch ordentlich Luft nach oben befindet IHK-Präsidentin Nicole Grünewald.
Für Witich Roßmann, DGB Chef Köln, ist es ein Wunder, dass es die Stadt überhaupt noch gebe nach den Verwüstungen des zweiten Weltkriegs. Aber an vielen Stellen sei sie einfach schrecklich hässlich.
Der Kölner Presseclub lud im Hotel Excelsior zum Streifzug durch Köln. Das Motto „hübsch hässlich“ klaute Moderator Peter Pauls bei Heinz Rühmann, der als Pater Brown den Bewohnern einer irischen Insel entgegenruft: “Hübsch hässlich habt Ihr`s hier“. Oder eben „pretty ugly“. Doch wie schaut ein ganz normaler Tourist nun auf Köln? Die meisten Besucher kämen wegen der Menschen und des zugehörigen Lebensgefühls in die Stadt so Jürgen Amann. Sie fühlten sich hier zuhause und für einen kurzen Moment als Teil der Stadt und nicht etwa als Touristen. Das sei gerade ohnehin ein Trend im Tourismus. Das trifft sich gut für pretty ugly Köln und sorgt für jede Menge Übernachtungen: 6,6 Millionen pro Jahr.
Für viele Menschen, die immer in der Stadt leben, stellt sich eher die Frage, ob sie sich die Stadt überhaupt noch leisten können. In Köln gebe es zwar wachsende „Armutszonen“ bedauert Witich Roßmann, aber trotzdem noch ein „soziales Miteinander“ und keine Abschottung wie in vielen anderen Großstädten. Diejenigen, die in lang andauernden Mietverhältnissen lebten, hätten kaum Probleme. Die fingen erst an, wenn junge Familien nach größeren Wohnungen suchten.
Die Alternative: raus aus der Stadt? Dann entstehen für die meisten Familien neue Probleme. Sie müssen täglich zur Arbeit pendeln. Mit Bus und Bahn kann das zur Odyssee werden. Warum dann nicht das eigene Auto nehmen? Wer morgens in die Stadt rein und abends wieder raus fährt wie inzwischen 300 000 Einpendler muss das aufgrund der hohen Spritpreise schon jetzt teuer bezahlen. Hinzu kommt: in vielen Vierteln soll der Autoverkehr zugunsten des Fahrrads drastisch reduziert werden.
Die Mobilitätswende in Köln habe dazu geführt, dass nur noch Radwege gebaut würden und das Auto verteufelt werde so Nicole Grünewald. Es nütze nichts, das Autofahren ungemütlich zu machen und die Leute erziehen zu wollen. Es brauche bessere Alternativen und das könne nicht in erster Linie das Fahrrad sein. Auch Witich Roßmann möchte die Verkehrsadern erhalten, denn in circa zehn Jahren sei das autonome Fahren mit E-Autos selbstverständlich und dann würden die großen Straßen gebraucht.
Tourismus-Experte Jürgen Amann schaut gerne mal rüber zu den europäischen Nachbarn: Amsterdam, Kopenhagen, Paris – hier haben sich schon jetzt ganze Stadtviertel grundlegend verändert. Weniger Autos in den Innenstädten, mehr Freiflächen, mehr „Erlebnisqualität“. Den Touristen gefällt das in jedem Fall. Und wenn die viel befahrene Trankgasse am Dom demnächst zur Fahrradstraße wird freut das auch Jürgen Amann.
Im weiteren Verlauf des Abends wurde noch kräftig darüber diskutiert, ob Terrassenstühle in der Außengastronomie alle die gleiche Farbe haben müssen (kein Fazit) , wie liberal die Kölner tatsächlich sind (na ja, geht so) und wie konsequent Politik sein sollte (da geht noch was). Willkommen in pretty ugly Köln.
« Alle Veranstaltungen
Köln: Hübsch oder hässlich
2. Juni, 2022 um 19:30 - 23:00
Mehr als nur eine Frage der Perspektive? Wandel ohne Gewinner und Verlierer in einer Stadt für alle
Ein Gespräch mit:
Nicole Grünewald, IHK-Präsidentin
Jürgen Amann, Chef von Köln Tourismus
Witich Roßmann, DGB-Chef Köln
Moderation:
Peter Pauls, Vorsitzender Kölner Presseclub e.V.
Foto: Ulrike Brincker
Von Ulrike Brincker
Keine Liebe auf den ersten Blick, aber dafür habe die Stadt eine innere Schönheit glaubt Jürgen Amann, Chef von Köln Tourismus.
Es gebe Unterschiede, ob man die Stadt mit dem Herzen sehe oder mit den Augen. Bei letzterem sei noch ordentlich Luft nach oben befindet IHK-Präsidentin Nicole Grünewald.
Für Witich Roßmann, DGB Chef Köln, ist es ein Wunder, dass es die Stadt überhaupt noch gebe nach den Verwüstungen des zweiten Weltkriegs. Aber an vielen Stellen sei sie einfach schrecklich hässlich.
Der Kölner Presseclub lud im Hotel Excelsior zum Streifzug durch Köln. Das Motto „hübsch hässlich“ klaute Moderator Peter Pauls bei Heinz Rühmann, der als Pater Brown den Bewohnern einer irischen Insel entgegenruft: “Hübsch hässlich habt Ihr`s hier“. Oder eben „pretty ugly“. Doch wie schaut ein ganz normaler Tourist nun auf Köln? Die meisten Besucher kämen wegen der Menschen und des zugehörigen Lebensgefühls in die Stadt so Jürgen Amann. Sie fühlten sich hier zuhause und für einen kurzen Moment als Teil der Stadt und nicht etwa als Touristen. Das sei gerade ohnehin ein Trend im Tourismus. Das trifft sich gut für pretty ugly Köln und sorgt für jede Menge Übernachtungen: 6,6 Millionen pro Jahr.
Für viele Menschen, die immer in der Stadt leben, stellt sich eher die Frage, ob sie sich die Stadt überhaupt noch leisten können. In Köln gebe es zwar wachsende „Armutszonen“ bedauert Witich Roßmann, aber trotzdem noch ein „soziales Miteinander“ und keine Abschottung wie in vielen anderen Großstädten. Diejenigen, die in lang andauernden Mietverhältnissen lebten, hätten kaum Probleme. Die fingen erst an, wenn junge Familien nach größeren Wohnungen suchten.
Die Alternative: raus aus der Stadt? Dann entstehen für die meisten Familien neue Probleme. Sie müssen täglich zur Arbeit pendeln. Mit Bus und Bahn kann das zur Odyssee werden. Warum dann nicht das eigene Auto nehmen? Wer morgens in die Stadt rein und abends wieder raus fährt wie inzwischen 300 000 Einpendler muss das aufgrund der hohen Spritpreise schon jetzt teuer bezahlen. Hinzu kommt: in vielen Vierteln soll der Autoverkehr zugunsten des Fahrrads drastisch reduziert werden.
Die Mobilitätswende in Köln habe dazu geführt, dass nur noch Radwege gebaut würden und das Auto verteufelt werde so Nicole Grünewald. Es nütze nichts, das Autofahren ungemütlich zu machen und die Leute erziehen zu wollen. Es brauche bessere Alternativen und das könne nicht in erster Linie das Fahrrad sein. Auch Witich Roßmann möchte die Verkehrsadern erhalten, denn in circa zehn Jahren sei das autonome Fahren mit E-Autos selbstverständlich und dann würden die großen Straßen gebraucht.
Tourismus-Experte Jürgen Amann schaut gerne mal rüber zu den europäischen Nachbarn: Amsterdam, Kopenhagen, Paris – hier haben sich schon jetzt ganze Stadtviertel grundlegend verändert. Weniger Autos in den Innenstädten, mehr Freiflächen, mehr „Erlebnisqualität“. Den Touristen gefällt das in jedem Fall. Und wenn die viel befahrene Trankgasse am Dom demnächst zur Fahrradstraße wird freut das auch Jürgen Amann.
Im weiteren Verlauf des Abends wurde noch kräftig darüber diskutiert, ob Terrassenstühle in der Außengastronomie alle die gleiche Farbe haben müssen (kein Fazit) , wie liberal die Kölner tatsächlich sind (na ja, geht so) und wie konsequent Politik sein sollte (da geht noch was). Willkommen in pretty ugly Köln.
Details
Veranstaltungsort
Köln, 50667 Deutschland
Details
Veranstaltungsort
Köln, 50667 Deutschland
Veranstaltungs-Navigation