Über ihren oft mühsamen Weg durch die Männerwelt erzählt Barbara Schock-Werner im Gespräch mit Peter Pauls im „rheingoldsalon“. Barbara Schock-Werner wurde „vom lieben Gott mit viel Energie ausgestattet“. Sie ist Architektin, Kunsthistorikerin, Denkmalpflegerin, Buchautorin, Hochschullehrerin und sie leitete von 1999 bis 2012 Kölns größte Dauerbaustelle: den Kölner Dom. Die erste Frau in diesem Amt und obendrein noch Schwäbin. Da brauchte es neben dem Fachwissen einen „breiten Rücken“ und eine gesunde Portion Humor. „Babsi“, wie sie von den Mitarbeitern hinter vorgehaltener Hand genannt wurde, bekam bei vielen ihrer Amtshandlungen zu hören: „So etwas haben wir aber noch nie gemacht“. Ihr Vorgänger, Arnold Wolff war fast drei Jahrzehnte im Amt, nun will sie die Dinge anders angehen.
Wenn man aus einer schwäbischen Handwerkerfamilie kommt, darf man „keine zwei linken Hände“ haben. Und es braucht darüber hinaus Hände, die mit einem Märklin Metallbaukasten etwas anzufangen wissen. Ihre Eltern waren der damals gängigen Meinung, dass die Mittelschule gut genug sei für die Ausbildung der Tochter. Sekretärin werden kam für Barbara jedoch nicht in Frage, deshalb begann sie nach der mittleren Reife eine Lehre als Bauzeichnerin. „Kunst und Mathematik interessierten mich, ´das trifft sich in der Architektur“. Sie arbeitete auf Baustellen, absolvierte zunächst ein Ingenieurstudium, packte später noch ein Geschichts- und Kunstgeschichtestudium dazu, promovierte zwischen der Geburt zweier Kinder und räumte die Steine aus dem Weg, die ihr Männer immer wieder vor die Füße rollten.
Eine „frauenfeindliche Atmosphäre“, die es heute so nicht mehr gebe, erinnert sie sich. „Warum wollen Sie denn studieren, wenn sie so gute Schinkenhörnchen backen können?“ wurde sie gefragt. Auch die Kombination von Karrierefrau und Mutter stellte in den Augen vieler eine Provokation dar. „Dann kann man Sie auch vergessen,“ bekam Barbara Schock-Werner von ihrem Professor zu hören, als sie mit dem zweiten Kind schwanger war.
Auch im Domkapitel bewegte sie sich – ähnlich wie im Studium – in einer „puren Männergesellschaft“. Doch diesmal war der Umgang respektvoller. Die zwölf männlichen Vorgesetzten mussten die Frauenkonkurrenz nicht fürchten. Ein „souveräner Umgang“ so Barbara Schock-Werner. Und wie „schrecklich“ war es für die Kirche zu arbeiten? „Wenn Sie für den Rat der Stadt arbeiten, versteht der ein oder andere nicht, um was es geht“, aber in der Kirche sei das anders gewesen. Intelligente Menschen, die zu ihren Entschlüssen ständen, sagt sie.
So segnete das Domkapitel auch Gerhard Richters Entwürfe für das 100 Quadratmeter große Südfenster ab. Die Dombaumeisterin hatte den Künstler während eines Empfangs getroffen und kurzerhand zu einer Zusammenarbeit überredet. Anstelle der „Märtyrer des 20. Jahrhunderts“ sollten nun abstrakte Farbflächen das Fenster schmücken. Sehr zum Ärger von Kardinal Meisner, der sich gegen das neue Fenster wehrte. Es passe eher in eine Moschee als in den Dom. Auch andere ließen ihrem Unmut freien Lauf. Barbara Schock-Werner bekam Briefe mit Bitten wie, man möge sie doch im Meer versenken. Aber auf 80 Prozent Zustimmung habe das neue Fenster am Ende doch getroffen und das macht sie noch immer stolz. Blöde Bemerkungen überhört sie schon seit langem.
Heute ist Barbara Schock-Werner Koordinatorin für die deutsche Hilfen beim Wiederaufbau von Notre-Dame. Mit 75 Jahren schreckt sie vor „neuen Aufgaben“ nicht zurück. Und noch immer wohnt sie in Dom Nähe: in einer Wohnanlage für Geistliche im Ruhestand. Die Vorteile: es gibt keine lauten Partys.
Dank an unsere Partner und Sponsoren: lönneker & imdahl, Female Ressources, 923b und JTI.
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Starke Frauen: Barbara Schock-Werner
30. August, 2022 um 19:30 - 23:00
Ein steiniger Weg durch eine Männerwelt
Ein Gespräch mit:
Barbara Schock-Werner, frühere Dombaumeisterin
Moderation:
Peter Pauls, Vorsitzender Kölner Presseclub e.V.
Fotos: Ulrike Brincker
Die erste Bewährungsprobe in 160 Meter Höhe hoch oben in den Domspitzen. Es muss ein neuer Blitzableiter befestigt werden, die Dombaumeisterin klettert die letzte Außentreppe hoch. Unten steht – mit Ferngläsern bewaffnet- der ganze Betrieb und wartet darauf, dass die neue Chefin auf halber Strecke kehrt macht. Aber das tut sie nicht.
Über ihren oft mühsamen Weg durch die Männerwelt erzählt Barbara Schock-Werner im Gespräch mit Peter Pauls im „rheingoldsalon“. Barbara Schock-Werner wurde „vom lieben Gott mit viel Energie ausgestattet“. Sie ist Architektin, Kunsthistorikerin, Denkmalpflegerin, Buchautorin, Hochschullehrerin und sie leitete von 1999 bis 2012 Kölns größte Dauerbaustelle: den Kölner Dom. Die erste Frau in diesem Amt und obendrein noch Schwäbin. Da brauchte es neben dem Fachwissen einen „breiten Rücken“ und eine gesunde Portion Humor. „Babsi“, wie sie von den Mitarbeitern hinter vorgehaltener Hand genannt wurde, bekam bei vielen ihrer Amtshandlungen zu hören: „So etwas haben wir aber noch nie gemacht“. Ihr Vorgänger, Arnold Wolff war fast drei Jahrzehnte im Amt, nun will sie die Dinge anders angehen.
Wenn man aus einer schwäbischen Handwerkerfamilie kommt, darf man „keine zwei linken Hände“ haben. Und es braucht darüber hinaus Hände, die mit einem Märklin Metallbaukasten etwas anzufangen wissen. Ihre Eltern waren der damals gängigen Meinung, dass die Mittelschule gut genug sei für die Ausbildung der Tochter. Sekretärin werden kam für Barbara jedoch nicht in Frage, deshalb begann sie nach der mittleren Reife eine Lehre als Bauzeichnerin. „Kunst und Mathematik interessierten mich, ´das trifft sich in der Architektur“. Sie arbeitete auf Baustellen, absolvierte zunächst ein Ingenieurstudium, packte später noch ein Geschichts- und Kunstgeschichtestudium dazu, promovierte zwischen der Geburt zweier Kinder und räumte die Steine aus dem Weg, die ihr Männer immer wieder vor die Füße rollten.
Eine „frauenfeindliche Atmosphäre“, die es heute so nicht mehr gebe, erinnert sie sich. „Warum wollen Sie denn studieren, wenn sie so gute Schinkenhörnchen backen können?“ wurde sie gefragt. Auch die Kombination von Karrierefrau und Mutter stellte in den Augen vieler eine Provokation dar. „Dann kann man Sie auch vergessen,“ bekam Barbara Schock-Werner von ihrem Professor zu hören, als sie mit dem zweiten Kind schwanger war.
Auch im Domkapitel bewegte sie sich – ähnlich wie im Studium – in einer „puren Männergesellschaft“. Doch diesmal war der Umgang respektvoller. Die zwölf männlichen Vorgesetzten mussten die Frauenkonkurrenz nicht fürchten. Ein „souveräner Umgang“ so Barbara Schock-Werner. Und wie „schrecklich“ war es für die Kirche zu arbeiten? „Wenn Sie für den Rat der Stadt arbeiten, versteht der ein oder andere nicht, um was es geht“, aber in der Kirche sei das anders gewesen. Intelligente Menschen, die zu ihren Entschlüssen ständen, sagt sie.
So segnete das Domkapitel auch Gerhard Richters Entwürfe für das 100 Quadratmeter große Südfenster ab. Die Dombaumeisterin hatte den Künstler während eines Empfangs getroffen und kurzerhand zu einer Zusammenarbeit überredet. Anstelle der „Märtyrer des 20. Jahrhunderts“ sollten nun abstrakte Farbflächen das Fenster schmücken. Sehr zum Ärger von Kardinal Meisner, der sich gegen das neue Fenster wehrte. Es passe eher in eine Moschee als in den Dom. Auch andere ließen ihrem Unmut freien Lauf. Barbara Schock-Werner bekam Briefe mit Bitten wie, man möge sie doch im Meer versenken. Aber auf 80 Prozent Zustimmung habe das neue Fenster am Ende doch getroffen und das macht sie noch immer stolz. Blöde Bemerkungen überhört sie schon seit langem.
Heute ist Barbara Schock-Werner Koordinatorin für die deutsche Hilfen beim Wiederaufbau von Notre-Dame. Mit 75 Jahren schreckt sie vor „neuen Aufgaben“ nicht zurück. Und noch immer wohnt sie in Dom Nähe: in einer Wohnanlage für Geistliche im Ruhestand. Die Vorteile: es gibt keine lauten Partys.
Dank an unsere Partner und Sponsoren: lönneker & imdahl, Female Ressources, 923b und JTI.
Details
Veranstaltungsort
Köln, 50667 Deutschland
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Veranstaltungsort
Köln, 50667 Deutschland
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