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Starke Frauen: Nanette Snoep

4. Oktober, 2022 um 19:30 - 23:00

Kampf um etwas, was man bisher nicht kannte

Ein Gespräch mit:
Nanette Snoep, Direktorin des Rautenstrauch-Joest-Museums

Moderation:
Michael Hirz, Vorstandsmitglied Kölner Presseclub

Fotos: Ulrike Brincker

 

Warum um das Erbe des Kolonialismus emotional gerungen wird und die Kölner Museumschefin Nanette Snoep Hassmails erhält

von Ulrike Brincker

Kann man etwas vermissen, das man bis dahin gar nicht kannte? Benin-Bronzen aus West-Afrika zum Beispiel? Im Salon-Gespräch mit Michael Hirz, Vorstand des Kölner Presseclubs, erzählt die Anthropologin und Kulturmanagerin Nanette Snoep, warum die Debatte um das Erbe des Kolonialismus so emotional geführt wird.

Das Rautenstrauch-Joest- Museum, das Nanette Snoep seit 2019 leitet, bewahrt eine Sammlung von 96 höfischen Kunstwerken aus dem einstigen Königreich Benin auf. 1897 wurden sie von britischen Elitesoldaten geraubt, später gelangten sie über Auktionen in europäische Sammlungen. Man habe sich in Deutschland nie dafür interessiert, wisse auch häufig nicht einmal, wo das Königreich Benin überhaupt liege (im heutigen Nigeria nämlich), erzählt Nanette Snoep. Trotzdem sorge die Rückgabe der geraubten Kunst für gemischte Gefühle. Aber auch in Nigeria, wohin die Bronzen zurückgegeben werden, sei es nicht anders: dort „kämpften die Leute für etwas, das sie bis dahin gar nicht kannten“.

Nanette Snoep wuchs in den Niederlanden auf. Das Interesse für Kunst und Feminismus hat sie bereits in der DNA. Die Mutter ist Kunstkritikerin und Feministin, der jüdische Vater (war) Museumsdirektor. Schon als Kind interessierte sie sich für außereuropäische Geschichte. In der eigenen Familie hat sie an ihrem Vater erlebt, welche Gefühle die Rückgabe eines bis dahin nicht vermissten Gegenstandes auslösen kann. Nur dieser Weg könne zur Versöhnung führen. Ja, man könne auch etwas zurückgeben, das man liebt. Davon ist Nanette Snoep fest überzeugt.

Was die Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit angeht, übernimmt das Rautenstrauch-Joest-Museum in Deutschland eine Vorreiterrolle, folgt indes mit der Rückgabe der Kulturgüter auch den Grundsätzen der Berliner Außenpolitik. Schon 2004 gab es von ihrem Vorgänger initiiert die erste große Ausstellung zum deutschen Völkermord in Namibia. Knapp zwanzig Jahre später landet die aktuelle Museumsdirektorin, die 2022 mit dem Kenneth-Hudson-Award für institutionelle Courage und berufliche Integrität ausgezeichnet wurde, mitten in einem Shitstorm. Nahezu täglich erreichen sie anonyme Hassmails, die sie aufgrund ihres Frau seins attackieren, erklärt sie auf Nachfragen von Moderator Michael Hirz. Kritiker seien gegenüber Frauen „übergriffiger“. Als Mann hätte sie vermutlich andere Reaktionen bekommen. Inzwischen säßen in den Museen jedoch eine ganze Reihe Frauen in den Chefetagen. Möglicherweise bringe das Frausein dort auch Vorteile. Denn Frauen machten andere „Unrechtserfahrungen“ als Männer und für „ungleiche Machtverhältnisse“ hätten sie feinere Antennen. Über weite Strecken nahm das Gespräch im Rheingoldsalon eine solche Intensität an, dass man die sprichwörtliche Stecknadel hätte fallen hören können.

In Paris, wo sie Kulturelle Ethnologie studierte und 16 Jahre lang die historische Sammlung des Musée du quaie Branly leitete, sei es für Frauen einfacher. Sowohl als Mutter von drei Kindern als auch als berufstätige Frau. Auch in der Aufarbeitung der Kolonialgeschichte sei man dort schon wesentlich weiter als in Deutschland. In Köln wolle sie übrigens noch mindestens so lange bleiben, bis die Taxifahrer endlich wüssten, wo das Rautenstrauch-Joest-Museum sei. Bis dahin könne wohl noch viel Zeit vergehen.

Details

Datum:
4. Oktober, 2022
Zeit:
19:30 - 23:00

Veranstaltungsort

rheingold salon
Hohe Straße 160-168
Köln, 50667 Deutschland

Details

Datum:
4. Oktober, 2022
Zeit:
19:30 - 23:00

Veranstaltungsort

rheingold salon
Hohe Straße 160-168
Köln, 50667 Deutschland