Wie stark wird die US-Präsidentschaftswahl unser Land verändern?
Zu Gast:
Prof. Hubertus Bardt, Geschäftsführer des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln
Dirk Brengelmann, Botschafter a.D., deutscher Gesandter der Nato a.D.
Klaus-Dieter Frankenberger, FAZ-Auslandschef a.D.
Moderation: Michael Hirz, Vorstand des Kölner Presseclub
Fotos: Kölner Presseclub
Trump ist kein guter Dealmaker
Wie die Präsidentschaftswahl auch ausgeht – Europa ist in stürmischen Zeiten
So ungewiss der Ausgang der Präsidentenwahl in den USA zurzeit noch sein mag: Die Beziehung Europas zu den Vereinigten Staaten ist bereits jetzt stürmisch. Das zeigen Bestandsaufnahmen, die unabhängig von der Wahl bestehen. „Das Land ist zerrissen wie nie“, befand Klaus-Dieter Frankenberger in der Podiumsdiskussion des Kölner Presseclubs im Excelsior Hotel Ernst zur US-Wahl. Präsident Joe Biden sei mit seiner Versöhnungsmission gescheitert, konstatierte der frühere Auslandschef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auf Nachfrage von Moderator Michael Hirz im vollbesetzten Gobelin-Saal. Stattdessen habe Donald Trump sich als Retter in der Not, Kultfigur mit pseudoreligiösem Anstrich und populistischem Aufrührer inszenieren können.
Entscheidet die wirtschaftliche Situation die US-Wahlen, wie es Anfang der 90er in Bill Clintons Wahlkampfteam hieß? Schnell wurde „It’s the economy, stupid“ („Es geht um die Wirtschaft, Dummkopf“) zum geflügelten Wort von Wahlkampfstrategen. „Wahrnehmung ist Wirklichkeit“, hielt Prof. Hubertus Bardt, Geschäftsführer des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), dem entgegen. Schlechte Stimmung vernebele selbst günstige Tatsachen, sagte der Volks- und Betriebswirt unter Verweis auf eine Umfrage seines Instituts. Da hatten Befragte die Arbeitslosenquoten um ein Vielfaches höher als in der Realität eingeschätzt – wegen gedämpfter Stimmung in der Gesellschaft.
Drohe ein „Cyber War“, ein digitaler Krieg? fragte Michael Hirz den Botschafter a. D. Dirk Brengelmann, der über privilegierte Erkenntnisse der internationalen Sicherheitspolitik verfügt. Der frühere deutsche Gesandte bei der Nato erinnerte daran, dass russische Hacker sich 2016 Zugang zu Hillary Clintons Computer und deren Mailausgang verschafft hatten. Prompt wurden sicherheitsrelevante Nachrichten der Präsidentschaftskandidatin, die sie privat verschickt hatte, zum Wahlkampfthema. Doch sorge ihn heute, dass neben der großen Zahl an Trump-Sympathisanten diesmal auch eine republikanische Elite Donald Trump wähle, die es eigentlich besser wisse. Warum das so sei? Weil Trump liefert, antwortete Brengelmann.
Steht Elon Musk, Chef der Plattform X, an der Spitze derer, die die Verhältnisse radikal ändern wollen? Die Tech-Milliardäre wollten ungestört ihren Geschäften nachgehen, nimmt Hubertus Bardt an. Von einem Präsidenten Trump versprächen sie sich Ruhe in Steuer und Kartellrechtsfragen. In der Tat strengt das US-Justizministerium ein Verfahren gegen „Google“ an, in dessen Verlauf auch die Zerschlagung des Unternehmens möglich ist.
Ist Europa dieses Mal besser auf Trump vorbereitet als vor acht Jahren? Die Diskutanten waren einig im Zweifel, dass das so ist. Als Joe Biden wegen der Unwetter in den USA nicht nach Europa gereist sei, habe niemand dieses Vakuum ausgefüllt. „Wenn Trump den Stecker zieht, ist es dunkel“, mutmaßte der Journalist Frankenberger. Europa spiele keine Rolle mehr, urteilte auch Dirk Brengelmann mit Blick auf die Krisen in der Ukraine und in Nahost.
Der Freihandel würde unter beiden Kandidaten leiden. Der Trump-Berater Robert Lighthizer, maßgeblich am US-Handelskonflikt mit China beteiligt, ist als künftiger Wirtschafts- oder Industrieminister im Gespräch. Trump werde gewählt, um einen Handelskrieg zu führen. Kamala Harris würde zumindest verhandeln, erklärte Klaus-Dieter Frankenberger.
Ob die trumpsche Wirtschaftspolitik tatsächlich Früchte trage, bezweifelt Volkswirt Bardt. Geschäftsmodelle der US-Industrie funktionierten eben nur arbeitsteilig und über Grenzen hinweg, wie im Zusammenspiel mit Mexiko etwa, wo Automobilzulieferer, Elektronik- und Textilbetriebe angesiedelt seien. „Trump ist kein guter Dealmaker“, sagte Hubertus Bardt provokant. Hätte er das Erbe seines Vaters in Indexfonds angelegt und nicht in seine Unternehmen gesteckt, ginge es ihm heute wirtschaftlich besser.
Spielt Europa keine Rolle mehr? Nicht, wenn es ein Pfeiler in der Nato werde, sagte Dirk Brengelmann. Denn auch die USA bräuchten Partner in einer Welt, in der Wladimir Putin, China und die Brics-Staaten um Einfluss ringen.
Das zumindest ist eine Chance.
Peter Pauls
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Vor stürmischen Zeiten
4. November, 2024 um 19:30 - 22:00
Wie stark wird die US-Präsidentschaftswahl unser Land verändern?
Zu Gast:
Prof. Hubertus Bardt, Geschäftsführer des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln
Dirk Brengelmann, Botschafter a.D., deutscher Gesandter der Nato a.D.
Klaus-Dieter Frankenberger, FAZ-Auslandschef a.D.
Moderation: Michael Hirz, Vorstand des Kölner Presseclub
Fotos: Kölner Presseclub
Trump ist kein guter Dealmaker
Wie die Präsidentschaftswahl auch ausgeht – Europa ist in stürmischen Zeiten
So ungewiss der Ausgang der Präsidentenwahl in den USA zurzeit noch sein mag: Die Beziehung Europas zu den Vereinigten Staaten ist bereits jetzt stürmisch. Das zeigen Bestandsaufnahmen, die unabhängig von der Wahl bestehen. „Das Land ist zerrissen wie nie“, befand Klaus-Dieter Frankenberger in der Podiumsdiskussion des Kölner Presseclubs im Excelsior Hotel Ernst zur US-Wahl. Präsident Joe Biden sei mit seiner Versöhnungsmission gescheitert, konstatierte der frühere Auslandschef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auf Nachfrage von Moderator Michael Hirz im vollbesetzten Gobelin-Saal. Stattdessen habe Donald Trump sich als Retter in der Not, Kultfigur mit pseudoreligiösem Anstrich und populistischem Aufrührer inszenieren können.
Entscheidet die wirtschaftliche Situation die US-Wahlen, wie es Anfang der 90er in Bill Clintons Wahlkampfteam hieß? Schnell wurde „It’s the economy, stupid“ („Es geht um die Wirtschaft, Dummkopf“) zum geflügelten Wort von Wahlkampfstrategen. „Wahrnehmung ist Wirklichkeit“, hielt Prof. Hubertus Bardt, Geschäftsführer des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), dem entgegen. Schlechte Stimmung vernebele selbst günstige Tatsachen, sagte der Volks- und Betriebswirt unter Verweis auf eine Umfrage seines Instituts. Da hatten Befragte die Arbeitslosenquoten um ein Vielfaches höher als in der Realität eingeschätzt – wegen gedämpfter Stimmung in der Gesellschaft.
Drohe ein „Cyber War“, ein digitaler Krieg? fragte Michael Hirz den Botschafter a. D. Dirk Brengelmann, der über privilegierte Erkenntnisse der internationalen Sicherheitspolitik verfügt. Der frühere deutsche Gesandte bei der Nato erinnerte daran, dass russische Hacker sich 2016 Zugang zu Hillary Clintons Computer und deren Mailausgang verschafft hatten. Prompt wurden sicherheitsrelevante Nachrichten der Präsidentschaftskandidatin, die sie privat verschickt hatte, zum Wahlkampfthema. Doch sorge ihn heute, dass neben der großen Zahl an Trump-Sympathisanten diesmal auch eine republikanische Elite Donald Trump wähle, die es eigentlich besser wisse. Warum das so sei? Weil Trump liefert, antwortete Brengelmann.
Steht Elon Musk, Chef der Plattform X, an der Spitze derer, die die Verhältnisse radikal ändern wollen? Die Tech-Milliardäre wollten ungestört ihren Geschäften nachgehen, nimmt Hubertus Bardt an. Von einem Präsidenten Trump versprächen sie sich Ruhe in Steuer und Kartellrechtsfragen. In der Tat strengt das US-Justizministerium ein Verfahren gegen „Google“ an, in dessen Verlauf auch die Zerschlagung des Unternehmens möglich ist.
Ist Europa dieses Mal besser auf Trump vorbereitet als vor acht Jahren? Die Diskutanten waren einig im Zweifel, dass das so ist. Als Joe Biden wegen der Unwetter in den USA nicht nach Europa gereist sei, habe niemand dieses Vakuum ausgefüllt. „Wenn Trump den Stecker zieht, ist es dunkel“, mutmaßte der Journalist Frankenberger. Europa spiele keine Rolle mehr, urteilte auch Dirk Brengelmann mit Blick auf die Krisen in der Ukraine und in Nahost.
Der Freihandel würde unter beiden Kandidaten leiden. Der Trump-Berater Robert Lighthizer, maßgeblich am US-Handelskonflikt mit China beteiligt, ist als künftiger Wirtschafts- oder Industrieminister im Gespräch. Trump werde gewählt, um einen Handelskrieg zu führen. Kamala Harris würde zumindest verhandeln, erklärte Klaus-Dieter Frankenberger.
Ob die trumpsche Wirtschaftspolitik tatsächlich Früchte trage, bezweifelt Volkswirt Bardt. Geschäftsmodelle der US-Industrie funktionierten eben nur arbeitsteilig und über Grenzen hinweg, wie im Zusammenspiel mit Mexiko etwa, wo Automobilzulieferer, Elektronik- und Textilbetriebe angesiedelt seien. „Trump ist kein guter Dealmaker“, sagte Hubertus Bardt provokant. Hätte er das Erbe seines Vaters in Indexfonds angelegt und nicht in seine Unternehmen gesteckt, ginge es ihm heute wirtschaftlich besser.
Spielt Europa keine Rolle mehr? Nicht, wenn es ein Pfeiler in der Nato werde, sagte Dirk Brengelmann. Denn auch die USA bräuchten Partner in einer Welt, in der Wladimir Putin, China und die Brics-Staaten um Einfluss ringen.
Das zumindest ist eine Chance.
Peter Pauls
Details
Veranstaltungsort
Köln, 50667
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Veranstaltungsort
Köln, 50667
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