Von der Schweiz lernen, Herr Schäuble!

Von der Schweiz lernen, Herr Schäuble!
Dr. Hildegard Stausberg

Während in der Alpenrepublik eine linke Initiative zur Erhöhung der Erbschaftsteuer mit satten 71 Prozent abgeschmettert wird, legt unser Finanzminister die Axt an. Warum aber nur?

Das Schweizer Volk hat eine kluge und weitsichtige Entscheidung getroffen: Es hat die linkspopulistische Initiative zur Erbschaftsteuer verworfen. Die Entscheidung kam außerdem nicht mit einer wackeligen Mehrheit zustande, sondern mit einer richtig wuchtigen: Mehr als 71 Prozent der Stimmberechtigten erteilten dem Volksbegehren ein Abfuhr.

Mit ihm wollten die Schweizer Sozialdemokraten (SP), die dortigen Grünen und einige andere Gruppierungen eine Bundessteuer von 20 Prozent auf Nachlässe von mehr als zwei Millionen Schweizer Franken einführen.

Man sollte sich ruhig auch ein bisschen mit dem Abstimmungsverhalten der einzelnen Kantone beschäftigen, denn gern werden gerade hierzulande die kleineren, deutschsprachigen unter ihnen als „rückständig“ verunglimpft. Aber diesmal lag nur in einem einzigen (sic!) die Ablehnung unter 60 Prozent – in Basel-Stadt, wo immerhin aber auch noch 58,69 Prozent der Wähler die Initiative verwarfen.

Warum lohnt es sich gerade in Deutschland, über das Schweizer Abstimmungsverhalten nachzudenken? Was geht es uns an? Verdammt viel! Zum einen zeigt es uns, dass die Schweizer keine Aushöhlung ihres föderalen Steuerwettbewerbs wollen. Sie lehnen eine Kompetenzverschiebung zum Bund ab und sind zufrieden mit der Finanzautonomie ihrer Kantone: Dort will man selbst über Steuerarten und Steuerhöhe entscheiden.

Deutsche Gleichheitsfanatiker

Zu der Erbschaftsteuer-Initiative gehörte übrigens ebenfalls eine erschwerte Nachfolgeregelung bei Familienbetrieben. Auch das wollen die Schweizer nicht: Sie wissen um die Kreativität und Kraft ihrer Familienunternehmen!

Das sollten wir uns mal in Deutschland vergegenwärtigen, wo wir gerade dabei sind, die Axt an die Zukunft dieses für uns so wichtigen Firmentypus zu legen. Dabei sind es doch diese „hidden champions“, um die uns das Ausland so sehr beneidet – und die in den letzten Jahrzehnten eine enorme Erneuerungskraft bewiesen haben. Angeblich geht es – wie immer häufiger hierzulande – um das Thema „Gerechtigkeit“: Sind die meisten Deutschen längst Gleichheitsfanatiker?

Oder tut die Politik nur so, als wenn dies so wäre? Es ist außerdem schwer zu ertragen, wenn jetzt auch noch ein Finanzminister der Union zum Totengräber unserer Familienunternehmen werden könnte.

Denn der von Wolfgang Schäuble vorgelegte Gesetzentwurf zur Reform der Erbschaftsteuer ist ein so kompliziertes Bürokratiemonster, dass viele Firmenerben, sollte es rechtskräftig werden, wohl frühzeitig das Handtuch werfen dürften. Ausländische Kaufinteressenten stehen dafür schon Schlange! Die Schweizer schaden sich nicht selbst, wir sind gerade dabei, es zu tun.

von Dr. Hildegard Stausberg
Quelle: welt.de

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