Einwanderung? Das können Deutsche wirklich gut
„Die strenge Stausberg“
Einwanderung? Das können Deutsche wirklich gut
Nach über 150 Jahren scheint die deutsche Immigration in Brasilien ein Musterbeispiel für gelungene Integration. In Joinville kann der Bürgermeister auch nach vier Generationen noch Deutsch.
Joinville ist keine Stadt, wo man eben mal vorbeikommt. Ich bin dort „gestrandet“, weil die diesjährigen Deutsch-Brasilianischen Wirtschaftstage da stattfanden. Sie sind traditionell seit mehr als 30 Jahren das wichtigste Begegnungsforum von deutschen und brasilianischen Unternehmern – und wurden diesmal eben in Joinville organisiert.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingsdebatte habe ich viele Dinge dort intensiver wahrgenommen. Warum? Weil diese Stadt total geprägt wurde durch europäische, vor allem deutsche Immigranten, die ab Mitte des 19. Jahrhunderts in den brasilianischen Süden strömten.
Sie hinterließen, nicht nur in Joinville, sondern auch in anderen Städten des Bundesstaats Santa Catarina, er ist mehr als zweimal so groß wie die Schweiz, tiefe Spuren. Der deutschstämmige Bürgermeister von Joinville, Udo Döhler, schafft es auch nach vier Generationen noch, seine Gäste auf Deutsch zu begrüßen.
Richtig spannend wird es in dem kleinen „Museum zur Immigration und Kolonisation“ im alten Stadtzentrum. Dort beeindruckt nicht so sehr die hübsche Villa aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, sondern die im angrenzenden Teil des Gartens errichteten Bauten: Es sind die maßstabgerechten Imitationen der kleinen, vollkommen aus Holz errichteten Bauernkaten, die sich die deutschen Siedler hier im südbrasilianischen Urwald nach ihrer Ankunft errichteten.
Deutsche Hoffnung in der Wildnis
Was für einen Mut und was für ein Gottvertrauen müssen diese Menschen gehabt haben, in dieser damals noch vollständigen Wildnis von vorne anzufangen! Und wie schlecht muss es ihnen in der deutschen Heimat ergangen sein und wie perspektivlos müssen sie ihre eigene Existenz dort eingeschätzt haben, um sich mit Sack und Pack auf den Weg ins ferne Brasilien zu machen, wo ein Neustart als Verheißung möglich schien!
Der brasilianische Staat – damals noch ein Kaiserreich – kümmerte sich allerdings kaum um seine neuen Bürger: Konzessionen vergab er an hanseatische Kolonisationsbüros, die Überseereisen und erste Ansiedlungen organisierten. Dann waren die Immigranten auf sich selbst gestellt – und zwar total!
Die deutschen Einwanderer wussten dies nicht nur für sich, sondern auch ihre neue Heimat zu nutzen: Die Wirtschaftskraft Santa Catarinas liegt landesweit an sechster Stelle – und das bei kaum sieben Millionen Einwohnern.
Nach über 150 Jahren scheint die deutsche Immigration in Brasilien ein Musterbeispiel für gelungene Integration, von der beide Seiten profitieren. Dabei sollte der harte Überlebenskampf der Gründergenerationen nicht in Vergessenheit geraten: Ohne ihn wären diese Erfolge undenkbar.
Zur Person: Hildegard Stausberg
Quelle: welt.de
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