NEWSLETTER 13.01.2023

Der Staat muss nicht nur Flagge, sondern Kante zeigen“, fordert Polizeichef Schnabel – Fernab der Kölner Wirklichkeit: Die Verkehrspolitik

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

es geschieht mit verstörender Regelmäßigkeit, dass Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste unruhig ins neue Jahr gehen. Sie müssen nicht nur mit besonders viel Arbeit rechnen, sondern auch mit Beschimpfungen. Zudem werden Sie tätlich angegriffen und mit Raketen beschossen oder Böllern beworfen. Der Gipfel sind planmäßig angelegte Hinterhalte, in die man Beamte und Helfer lockt.

Über aktuelle Herausforderungen sprach Polizeipräsident Falk Schnabel (lks.) mit Peter Pauls (Kölner Presseclub).
Bild: Ulrike Brincker

„Fassungslos und wütend“ sei er gewesen, als er die Bilder aus der Silvesternacht sah, sagt der Kölner Polizeipräsident Falk Schnabel in unserem Jahresauftaktgespräch im Excelsior Hotel Ernst. Den Saal hätten wir zweimal füllen können, so stark war das Interesse am Thema. Kein Wunder. Wer möchte schon seine Gesundheit riskieren, nur weil er mit anderen ins neue Jahr feiert? Und wer will, dass der Staat und seine Vertreter und damit letztlich man selber blindwütig angegriffen werden?

Andererseits liest man Statistiken, wonach die Gewaltkriminalität gesunken sei. Auf diese vermeintliche Diskrepanz sprach ich den Polizeichef an. Die Verrohung auf der einen und die Statistik auf der anderen Seite helfe den Opfern nicht, erklärte Falk Schnabel. Bilder aus jenen Nächten veränderten das Sicherheitsgefühl. Nicht nur bei Bürgern, sondern auch bei denen, die in solchen Nächten für das Zusammenleben stehen. „Ich werde angegriffen, bespuckt, beleidigt. Was passiert da eigentlich? Werde ich eigentlich noch beschützt?“ fragten viele. Früher hätten ältere Kollegen gesagt, das gehöre zum Beruf dazu. Inzwischen habe ein Umdenken eingesetzt. Die Zahl der Verfahren nehme zu und sie werden nachdrücklicher verfolgt. „Der Staat muss nicht nur Flagge, sondern auch Kante zeigen,“ sagt Schnabel. „Er muss mit Strafverfolgung schnell und streng reagieren.“

Falk Schnabels Karriere ist wie aus dem Bilderbuch: Oberstaatsanwalt, Ministerialrat, Leitender Ministerialrat, Leitender Oberstaatsanwalt, Leiter der der Staatsanwaltschaft Düsseldorf, Polizeipräsident Münster. Und kurz darauf – Polizeipräsident in Köln. Ein gewaltiger Schritt, denn in der größten Stadt unseres Landes NRW ist praktisch immer etwas los (den Bericht vom Abend lesen Sie hier). Eine Zahl greife ich noch heraus. 83 Prozent derjenigen, die Polizeibeamte angreifen, sind Männer.

Das führt zu meinem nächsten Punkt. In Afghanistan hat eine frömmelnde, militante und frauenfeindliche Kriegergruppe von Männern die Herrschaft übernommen: Die Taliban. Sie glauben, in ihrem Religionsverständnis auf alles eine Antwort zu finden, und können nicht einmal Städte, geschweige denn ihr eigenes Land regieren. Nun haben sie internationalen Hilfswerken untersagt, afghanische Frauen zu beschäftigen. Das führt in einigen Bereichen faktisch zum Erliegen der humanitären Arbeit.

Wieder steigt die Zahl der Flüchtlinge aus dem Land am Hindukusch deutlich. Wir haben daher Shikiba Babori, Journalistin und Ethnologin, um ein Gespräch gebeten. Die starke Frau traf ich jüngst, als der China-Experte Shi Ming im Presseclub zu Gast war – die beiden hatten in der Deutschen Welle übrigens ein Büro miteinander geteilt. Anfang November sagte der China-Experte vorher, was sich jetzt ereignet: Dass die Führung in Peking in der Coronakrise ihr Volk verliert. Auch Shikiba Babori weiß die Zeichen zu lesen und uns ein Land zu erklären, dessen Bevölkerung der Westen Hals über Kopf und unter entwürdigenden Umständen sich selbst überließ. Hören wir, was sie zu sagen hat. Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung unter info@koelner-presseclub.de. Donnerstag, 26. Januar, treffen wir uns um 19:30 Uhr im „rheingold salon“ (3.Stock), Hohe Straße 160 – 168, 50667 Köln.

Was mir noch auffiel: Unbeirrt von aller ernüchternden Wirklichkeit schiebt sich die städtische Verkehrspolitik voran. Unterschriftensammlungen, Proteste, Ungereimtheiten, sachliche Einwürfe, Wünsche, Gehör zu finden, die Krise des Schienenverkehrs – die Zeitungen sind voll davon. Doch all das wird beiseite geschoben mit der Unerschütterlichkeit eines Räumfahrzeugs, das lästige Schneeverwehungen entfernt.

Den öffentlichen Nahverkehr, die KVB, der BürgerInnen ja eine Alternative zum Auto bieten soll, regiert der Zufall. Die Einlassung des Grünen-Faktionschefs, dann müsse es statt eines Fünf-Minuten- auch mal ein Zehn-Minuten-Takt tun (gelesen in der Kölnischen Rundschau), beruht wohl auf einer Verwechslung. Vielleicht verwechselt er Köln mit Berlin? Oder seine Uhr tickt nicht richtig?

Würde einer der Verkehrsverantwortlichen den Dienstwagen stehen lassen und selber KVB fahren, gäbe es womöglich praxisgerechte Ticket-Automaten und sie hätten gar noch einen Haltegriff. Kaufen Sie mal einen Fahrschein, wenn die Bahn anfährt – rasch finden Sie sich im hinteren Teil des Waggons auf dem Boden wieder. Doch wollen wir fair bleiben: Überfüllt wie die Waggons meist sind, sichern die dicht an dicht stehenden Mitreisenden Strauchelnde. Hat da etwa jemand „Mer stonn zesamme“ falsch verstanden?

Bitte umsteigen, kann ich da nur rufen und zwar doppelt: in der lästigen Wirklichkeit und gleich noch im Kopf.

Herzlich grüßt

Ihr

Peter Pauls