NEWSLETTER 9.06.2023

Zustände wie in Amsterdam? Bitte nicht. Warum die Cannabis-Freigabe ein Fehler ist, sagt der Kölner CDU-Fraktionschef

 

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

 

kürzlich war ich auf Städtetour in Amsterdam. Museen, Häuser, Grachten – touristisch ein Genuss. Parallelen zu unserer Domstadt sind aber nicht zu übersehen: So haben in Amsterdam Fahrradfahrer immer Vorfahrt, sind in einem Affentempo unterwegs und ignorieren Zebrastreifen. Rücksicht auf Fußgänger? Fehlanzeige. Und wer in der Stadt unterwegs ist, dem fällt es sofort unangenehm auf: Der penetrante Geruch von Marihuana liegt in der Luft. Eigentlich ist es verboten, öffentlich zu kiffen, aber kaum einer hält sich daran. Außerdem hat Amsterdam mittlerweile ein massives Problem mit Drogenbanden.

Seit Ende Mai zieht Amsterdam die Zügel an: In der Altstadt herrscht ein generelles Kiff-Verbot. Seit Jahren beschweren sich Anwohner dort über betrunkene, grölende und drogenkonsumierende Touristen, vor allem die lauten Junggesellen-Abschiede sind berüchtigt. Dass Amsterdam bei Jüngeren so attraktiv wurde, war dem  lockeren Umgang mit berauschenden Hanfprodukten geschuldet. Während Kiffer-Touristen in Amsterdam also nicht mehr willkommen sind, macht sich Köln bereit, sie in Empfang zu nehmen, fürchten Kritiker. Denn der Besitz und Gebrauch von Cannabis soll per Bundesgesetz in Deutschland schrittweise entkriminalisiert werden, und dafür möchte Köln Modellstadt werden.

In sogenannten Cannabis Social Clubs dürfen laut Lauterbachs Eckpunktepapier dann bis zu 500 erwachsene Mitglieder gemeinschaftlich ihren Rauschhanf anbauen. Ohne Gewinnabsicht. Der Besitz von 25 Gramm sogenanntem Genuss-Cannabis bleibt straffrei. Natürlich nur für den Eigenkonsum. Am Tag? Im Monat? Noch völlig unklar. Erste Clubs mit kreativen Namen wie „Hanf im Glück CSC Köln“ befinden sich laut Homepage momentan in der Vorbereitungsphase und planen neben der Zucht auch Backkurse, Kunst und Musikevents anzubieten. Kulturgenuss mal anders. Privat dürfen legal maximal drei Pflanzen auf Balkon, im Garten oder im Wohnzimmer angebaut werden.  Außerdem soll der Verkauf von Marihuana in lizenzierten Fachgeschäften mit einer wissenschaftlichen Begleitung getestet werden. Hierfür können sich Kommunen bewerben. Und so hatte kürzlich eine Mehrheit im Kölner Rat für eine Bewerbung Kölns als Cannabis-Modellstadt gestimmt. Die CDU nicht.

Warum wollte ich von Bernd Petelkau, Fraktionschef der CDU im Kölner Rat, wissen. Der 58-jährige Vater von vier Kindern im Teenageralter spricht offen die Bedenken vieler Eltern aus: „Ich fürchte, dass die Politik im Falle einer Legalisierung schwerwiegende Gefahren für die Gesundheit von Jugendlichen bewusst in Kauf nimmt. Man soll besser den Jugendschutz stärken, als Cannabis faktisch zu legalisieren.“

Auch aus der Landespolitik bekommt der Kölner Politiker und ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete Rückendeckung. So sieht NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann ebenfalls Gesundheitsgefahren vor allem bei Jugendlichen. Er spricht sich gegen eine Zulassung von Modellvorhaben in NRW aus. Der Minister hat die Ärzte auf seiner Seite, die schwere psychische Störungen bei Jüngeren durch den Konsum von Cannabis nicht ausschließen.

Wie will die Kölner Politik Jugendliche vom Cannabis-Konsum abhalten? Durch Kontrolle und Aufklärung, versprechen Grüne, SPD und FDP im Rat. Man werde „Vorkehrungen im Bereich Jugendschutz und Prävention treffen“. Klingt ziemlich vage. Fundierte Konzepte fehlen. Die sollen ja erst im Modellversuch erarbeitet werden. Weniger zuversichtlich sieht es Bernd Petelkau. Bernd Petelkau hielt Rücksprache mit dem  Kölner Polizeipräsidenten, der ihm mitteilte,  es werde der Polizei schwerfallen, vor Ort zu entscheiden, ob Cannabis aus legaler oder illegaler Quelle stammt. Nun fürchtet der Politiker, dass sich die schwierigen Zustände rund um den Neumarkt schnell auf die ganze Stadt ausweiten werden, wenn Köln zur Kiffer-Modellstadt wird.

Und tatsächlich fragt man sich, wie öffentliches Kiffen verhindert werden soll, wenn in Lauterbachs Eckpunktepapier unter anderem steht: „Der Konsum in den Räumlichkeiten der Vereine ist ebenso verboten wie der öffentliche Konsum nahe Schulen, Kitas o.ä. sowie in Fußgängerzonen bis 20 Uhr.“ Nach 20 Uhr soll Kiffen demnach in der City also erlaubt sein, sowie auf allen anderen Straßen schon vor 20 Uhr? Wer denkt sich Zudröhnen nach Zeitplan aus?

Bernd Petelkau lehnt nicht nur den nächtlichen Freifahrtschein für Cannabis-Konsum ab, er hält auch die generelle Freigabe an Erwachsene für einen Fehler. „Das ist die Kapitulation vor den Drogenhändlern.“ Es sei naiv zu glauben, dass eine Freigabe in diesem Geschäft zu weniger Kriminalität führt. Und weiter: „Polizei und Ordnungsamt haben keine Kapazitäten, den Jugendschutz sicherzustellen,“ konstatiert er. „Es zeigt sich ja schon im Karneval oder bei Festivals, dass übermäßiger Alkoholkonsum bei Jugendlichen nicht verhindert werden kann. Wie soll das bei Cannabis funktionieren? Eine Freigabe von Drogen nur an Erwachsene lässt sich nicht kontrollieren.“

Siehe Amsterdam. Dort fährt man gerade die liberale Drogenpolitik zurück. Die jahrzehntelange lockere Handhabung hat zu hoher Drogenkriminalität geführt.  Köln sollte als Großstadt eher mit anderen Themen voran gehen: Schulbau, Wirtschaftskraft, Innovation – da ist noch viel Luft nach oben. Aber bitte keine Cannabisfreigabe – das sollen mal andere Städte machen. Überhaupt hat die EU dazu noch gar nichts entschieden.  Köln als Cannabis- Modellstadt ist im Grunde ein Witz in Tüten. Sorry, aber der Kalauer bot sich jetzt an.

Kiffen – chillen – grillen. Susanne Hengesbach widmet sich in ihrem neuen Poetry-Podcast dem Grillmüll in öffentlichen Parks. Auch das Problem der Picknick-Abfälle ist in Köln noch immer nicht gelöst. Hier Modellstadt zu werden wäre doch ein sinnvolles Ziel. Wie sehen Sie das? Bin ich zu kritisch mit unserem Köln?

Herzliche Grüße sendet

Ihre Claudia Hessel