NEWSLETTER 16.2.2024

Frau an Bord! Wie die neue KD-Chefin Dampf macht und warum die MS RheinEnergie bald Geschichte ist.

 

Sehr geehrte Mitglieder, liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

Schifffahrten über den Rhein zählen zu den Höhepunkten meiner Kindheitserinnerungen. Sonntags am KD-Anleger in der Altstadt oder damals noch in Porz Fahrscheine gekauft und dann ging es auf große Tour zum legendären Drachenfels nach Königswinter. An Bord gab es Kaffee und Kuchen, manchmal auch Musik vom Alleinunterhalter. Doch das Freizeitprogramm der 70er und 80er Jahre ist schon lange out, Fahrscheine heißen Online-Tickets und auch sonst ändert sich viel beim Traditionsunternehmen, der Köln-Düsseldorfer Deutsche Rheinschiffahrt – kurz KD.  Zweieinhalb Jahre vor dem 200. Geburtstag hat die erste Frau das Kommando an Bord. 

Die Kölnerin Nina Luig ist seit dem 1. Juni 2023 neue Mitgeschäftsführerin der Köln-Düsseldorfer Deutsche Rheinschiffahrt. Die 41-Jährige begann 2006 ihre Karriere im Hyatt Regency in Köln und war zuletzt stellvertretende Hoteldirektorin im Hyatt Regency in Düsseldorf. Sie ist die Nachfolgerin von Achim Schloemer, der Anfang 2023 überraschend zu neuen Ufern aufbrach. Nina Luig ist nun die Chefin von 14 Rhein-Schiffen und mehr als 300 Mitarbeitern. Ihren jährlichen Umsatz gibt die KD mit 37 Millionen Euro an. Tendenz steigend – laut eigenen Angaben.

Bevor Ostern die Hauptsaison mit mehr als 400 Schiffstouren wieder losgeht, habe ich mit ihr gesprochen. Der Umstieg vom Hotel auf ein Schiff ist ihr nicht schwergefallen: „Ich bin von Herzen gerne Gastgeberin und liebe es, mit Menschen zu arbeiten.“ Die Kölnerin will der KD ein modernes Image verpassen, ohne das traditionelle Publikum zu verschrecken. Es wird also weiter Panoramafahren den Rhein rauf und runter geben, sagt sie. Für die jüngere Zielgruppe geht es Richtung Event. „Die Jugend möchte einfach eine gute Zeit verbringen, und das Bedürfnis bedienen wir.“ Der Bedarf scheint auch nach Karneval groß. Die Partyschiffe der KD laufen gut. Sehr zum Ärger der Altstadtanwohner, die eine Ballermannisierung fürchten. „Ich kann gut nachvollziehen, dass die Partystimmung für Anwohner anstrengend ist, aber unsere Party-Schiffe gehen Punkt 22 Uhr in den Ruhemodus. Was danach in der Altstadt los ist, sind in der Regel nicht unsere Gäste und liegt nicht mehr in unserer Hand.“ Luig steht mit der Interessengemeinschaft Altstadt und den Anwohnern im Austausch und möchte eine „gute Mitte für alle Beteiligten finden.“ Wer die IG Altstadt und ihren umtriebigen Vorsitzenden kennt, weiß, dass man für eine einvernehmliche Lösung viel Überzeugungskraft braucht.

Eine große Portion Verhandlungsgeschick braucht die neue Chefin auch, wenn es um das traditionelle Ticketbüdchen in der Altstadt geht. Die Stadt Köln ist dagegen. Sie möchte es nach den Umbauarbeiten an der Kragplatte nicht wieder aufstellen. Zu unattraktiv – heißt es. Eine Kritik, der auch Nina Luig zustimmt. Aber sie will eine neue Ticketverkaufsstelle  im modernen Look, die den KD-Gästen und Touristen als Anlaufstelle dient. „Wir möchten einen Beitrag dazu leisten, die Altstadt wieder zu einem Aushängeschild von Köln zu machenDas ist unser Hauptpanorama, die schönste Meile Kölns, da muss auf jeden Fall etwas positives passieren.“

Viel passieren wird auch bei der KD selbst: Ab April will die gelernte Hotelfachfrau ihr erstes eigenes Hotelschiff aufs Wasser bringen – mit Minikreuzfahrten nach Rotterdam, Loreley, Bingen oder ins schicke Düsseldorf! Die Kölnerin packt da ein traditionell heißes Eisen an und versucht die Städte Köln und Düsseldorf zu verbinden. So nimmt der Plan für eine KD-Landungsbrücke im Medienhafen mit ihr wieder an Fahrt auf. „Der Medienhafen in Düsseldorf ist eine tolle Adresse“, sagt sie, „schade, ich hätte mir gewünscht, dass sich unser Kölner Rheinauhafen auch mal so entwickelt wie der Medienhafen.“

Neue Besen kehren gut, und so unterzieht die Kölnerin einiges an Bord einer Modernisierungskur. Dabei legt sie großen Wert auf eine positive Ökobilanz. Schon jetzt arbeitet sie mit ihrem Team auf das ESG-Reporting (Environmental-Social-Governance) hin, heißt: Die Berichterstattung  zum Nachhaltigkeitsmanagement wird ab 2025 für viele mittelständische Unternehmen in ganz Deutschland zur Pflicht. Wie steht es also um die Hybridisierung der KD-Dieselschiffe? „Generell müssen auch unsere Schiffe nachhaltiger betrieben werden, bis 2030 wollen wir vier Schiffe auf Hybridantrieb umstellen.“ Trotz aller Dynamik ist auch hier das Gleichnis eines Tankers, der eine neue Richtung einschlägt, passend: Kursänderungen dauern lange, eine Wende braucht einen riesigen Radius.  Es ist am Ende offenbar nicht nur eine Kostenfrage für das Unternehmen, sondern auch die Verfügbarkeit von E-Tankstellen spielt eine wesentliche Rolle. Hier hat die Wasserstraße offenbar dieselben Herausforderungen wie der Straßenverkehr: Hybrid oder E-Fahrzeuge sind teuer und der Ausbau der Infrastruktur kommt nur schleppend voran. Das Sprichwort „Da fließt noch viel Wasser den Rhein runter“, liegt da nahe.

Aber große Ziele erreicht man, in dem man kleine Schritte geht. Schon jetzt nutzen alle liegenden KD-Schiffe Landstrom von der Rhein-Energie. Die Schiffe der Mitbewerber müssen allerdings auch bald folgen, klagen Anwohner und Umweltschützer.  Aktuelles Beispiel ist der Mülheimer Hafen. Dort laufen die Dieselmotoren der anlegenden Schiffe tagelang. Die Stadt Köln hat bislang noch nicht feststellen können – oder wollen –  ob die Installation von Landstromanlagen an dieser Seite des Rheins wirtschaftlich sinnvoll sei.

Zurück in die Altstadt, da heißt es bald Abschied nehmen von altbekannten Namen: So ist MS RheinEnergie ab April Geschichte. Laut Angaben des Energieversorgers passt ein Dieselschiff nicht mehr in das neue ökologische Konzept und tritt als Sponsor zurück. Aus „Energie“ wird jetzt „Magie“. Luig und ihr Team zaubern gleich noch weitere neue Namen aus dem Hut: Die Loreley heißt demnächst RheinVision, die Jan von Werth wird zur RheinHarmonie und die RheinEnergie eben zur RheinMagie.

Vision, Harmonie und Magie ein neuer Dreiklang für Köln? Gebrauchen kann unsere Stadt von allem was. Und wer weiß, vielleicht geschieht ja doch ein Wunder, wenn in Köln nichts mehr geht. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Der neuen Frau an Bord der KD wünschen wir jedenfalls allzeit gute Fahrt und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel.

Auf den Straßen der Stadt war Susanne Hengesbach wieder unterwegs. In ihrem neuen Poetry-Podcast widmet sie sich den Hinterlassenschaften von leergestehenden Läden und Lokalen – wie immer gut gereimt und auf den Punkt. Hier geht’s zum Anhören

 

Viel Spaß wünscht Ihnen

Ihre Claudia Hessel