NEWSLETTER 30.08.2024
Wie parteiisch in Köln Politik gemacht wird und Bezirksbürgermeister Hupke auf einen falschen Weg geriet
Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,
Zufälle häuften sich im Juni in Köln auf wundersame Weise. Zufällig klagten sechs BürgerInnen gegen Verkehrslärm auf der Luxemburger Straße. Zufällig hatte die Verwaltung eine Einschätzung zur Hand, ohne Gerichtsbeschluss und Lärmgutachten müsse auf diesem Haupteinfallstor nun Tempo 30 eingeführt werden. Zufällig standen Verkehrsdezernent Egerer neue Schilder zur Verfügung. Nicht zufällig erklärte Oberbürgermeisterin (OB) Reker in der Kölnischen Rundschau (KR), der Dezernent habe solche Schritte nicht mit ihr abzustimmen. Die KR-Kollegen fragten sie danach.
Die der Stadt übergeordnete Kommunalaufsicht setzte dem Spuk ein Ende. Das war kein Zufall. An einer Bundesstraße wie der Luxemburger darf auch der Mobilitätsdezernent nicht herumschrauben. Denn mehr als 300.000 Menschen pendeln täglich nach Köln. Mit Rad und Auto. Oder mit Bahn und KVB, die verlässlich unzuverlässig sind. Doch war das womöglich alles kein Zufall, sondern ein abgekartetes Spiel? Wird in Köln Politik in Hinterzimmern gemacht? Wissen wenige mehr, als wir wissen sollen?
Ein Vorfall machte mich nachdenklich. Ich erfuhr, der Bezirksbürgermeister Andreas Hupke habe einen Briefentwurf, der bereits seinen Namen in der Anrede trug, in einer Vereinsversammlung mitberaten. Später, der Brief an ihn war veröffentlicht, verwandelte der Vereinsfreund sich zurück in den vermeintlich unparteiischen Bezirksbürgermeister. Hupke begrüßte das Schreiben, zu dessen Formulierungen er selber beigetragen hatte.
Es ging um das Eigelstein-Viertel sowie den „Bürgerverein Eigelstein“, der eines sicher nicht tut: für alle Bürger dort zu sprechen. Schon wieder Eigelstein? Lesen Sie trotzdem weiter. Das nächste Mal könnte es um Sie selber gehen. Vor gut drei Jahren beriet der Bürgerverein in einer Video-Konferenz – es war Corona-Zeit – ein Schreiben. „Sehr geehrter Herr Bezirksbürgermeister Hupke“ stand darüber. Spätestens jetzt hätte Andreas Hupke, Teil dieser Konferenz, sich verabschieden müssen. Das sagen Amtsverständnis und Anstand. Doch er blieb. Ich mochte es nicht glauben. Doch Hupke bestätigte, „an der vereinsinternen Videokonferenz mit beratender Stimme teilgenommen“ zu haben. Hier sein Wortlaut.
Nach der Beratung hieß der Entwurf „Hilferuf“. In ihm wurde von „extrem giftigen Gasen“ durch Grills geschrieben, ohne dies zu belegen. Um Hilfe wurde unter anderem gerufen, weil „auswärtiges Publikum“ vor Restaurants auf dem Bürgersteig ansteht, bis es drankommt. Im Gegensatz zu Kölner Abendmeilen ist die Weidengasse übrigens bis auf eine Nachtbar alkoholfrei.
Als der Brief veröffentlicht wurde, war Hupke wieder als Bezirksbürgermeister unterwegs. In einem Artikel unseres Partners „24RHEIN“ begrüßte er den „Hilferuf“ und setzte einen drauf. „Da sind sechs Lokale auf einer Fläche von Briefmarkengröße“, zitiert die Autorin. Qualm der Lokale nennt er „Super-Feinstaub“. Der sei nicht nur geruchsbelästigend, sondern auch gefährlich. „Das halten die Menschen nicht mehr aus.“ Doch „die Verwaltung hat da keinen Willen.“ Ich muss hinzusetzen: Bis heute hat die Verwaltung keine Werte, die diese Behauptung rechtfertigen. Letztmalig teilte das im Mai 2024 Umwelt-Dezernent William Wolfgramm (Grüne) dem „lieben Andreas“ schriftlich mit. Korrigiert hat Hupke sich nicht. Welche Rolle die vielbefahrenen Bundesbahngleise im Feinstaubaufkommen an Weidengasse und Eigelstein spielen, ist unbeantwortet. „Wer hier isoliert die türkischen Grills herausgreift, sucht einen Sündenbock, wie mir scheint. Ebenso frage ich mich, ob man eine gastronomische Kultur, die über Jahrzehnte gewachsen ist, aus dem Weg haben will, nur weil sie stört“, merkt Jochen Ott an, SPD-Fraktionschef im Landtag. Andernorts in Köln gebe es keine Klagen. Ott macht, seit schwarz-grün regiert, Konfrontation und mangelnde Bereitschaft zum Kompromiss aus, wie etwa Deutzer Freiheit oder die Gleuler Wiese zeigen.
Thomas Kemmerer ist in der Chefredaktion der Ippen Digital Zentralredaktion unter anderem für 24RHEIN zuständig. Auch ihn habe ich um seine Einschätzung gebeten. „Wenn Herr Hupke als Bezirksbürgermeister dabei war, als der „Hilferuf“ an ihn selbst erstellt wurde, ist das schon ziemlich bizarr. Amt und Anliegen müssen getrennt sein. Es grenzt an Manipulation und Missbrauch der Öffentlichkeit, dass Herr Hupke diesen Umstand im Gespräch mit unserer Reporterin verschwiegen hat,“ sagt er.
Das Doppelspiel ordnet, was bislang Fragen bei mir aufwarf. Es lässt einen verfilzten, von rigider Parteinahme geprägten Politikstil erkennen. Beispiel? Die Kunsthändlerin Antje Hegge sammelte als Reaktion auf den „Hilferuf“ 300 Unterschriften für einen mehrsprachigen Aufruf, in dem sie sich von der „konfrontativen Haltung“ des Bürgervereins abgrenzt. Sie schrieb an OB Reker sowie den Bezirksbürgermeister Hupke, und bat um Vermittlung in der polarisierten Stimmung des von Migranten geprägten Viertels. Die einzige Reaktion: Der Amtsleiter Innenstadt, Dr. Andreas Höver, forderte Hegge brieflich auf, das Gespräch mit dem Bürgerverein zu suchen. Andreas Hupke hat sich nie gemeldet.
Dabei gäbe es Grund genug. Die Situation ist verfahren, das Viertel gespalten. Das Umweltamt fordert die sofortige Stilllegung von Grills, in die zigtausende Euro in Abluftanlagen investiert wurden und die Wirte wehren sich mit Klagen. Die Stadt spricht von Geruch, der Bürgerverein von giftigen Gasen. Wer mit Existenzen spielt, wer Menschen indirekt unterstellt, andere zu vergiften, sollte sich nicht wundern, wenn die Stimmung kocht. Vermittlungsversuche des CDU-Fraktionsvorsitzenden Petelkau verliefen ergebnislos. Welche Aufsicht ist zuständig, wenn es ums Miteinander geht?
Themenwechsel. „Die überforderte Nächstenliebe“ heißt unsere Presseclub-Veranstaltung am Donnerstag, 26. September, 19.30 h, im Excelsior Hotel Ernst. Können wir die Welt noch mit Spenden retten? „Jede noch so kleine Hilfe verändert Leben“, sagt unser Gast Rebecca Trienekens. In Uganda/Ostafrika fördert die Unternehmerin ein Projekt, in dem junge Frauen über Monatshygiene aufgeklärt werden und lernen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Pfarrer Franz Meurer formuliert eine globale Aufgabe: Wir müssen alles zusammenhalten. In Köln und in der Welt. Das wird zunehmend schwierig. Und doch schafft der katholische Geistliche es, Zuversicht zu vermitteln. Malteser International – Douglas Graf Saurma spricht für das Hilfswerk – verändert Alltag von Flüchtlingen und Not-Leidenden. Im Süd-Sudan, dem Kongo oder Uganda konnte ich mich persönlich überzeugen. Vielleicht machen wir die Welt erklärbarer und können daraus Optimismus schöpfen.
Ich wünsche Ihnen Kraft in diesen Zeiten, die uns alle fordern.
Ihr
Peter Pauls