Newsletter 25. September 2020

Newsletter vom 25.09.2020


Seit gestern Abend – Donnerstag, 24.9.2020 – hat Köln eine „Achse der Willigen“

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs!

Seit gestern Abend – Donnerstag, 24.9.2020 – hat Köln eine „Achse der Willigen“. Die Willigen tragen Namen und stehen für Institutionen: Nicole Grünewald, IHK-Präsidentin, Gunnar Hoffmann, Ford-Chef Deutschland und Vorsitzender der Arbeitgeber Köln sowie Garrelt Duin, Hauptgeschäftsführer der Kölner Handwerkskammer und von 2012 bis 2017 Wirtschaftsminister in Nordrhein-Westfalen. Sie suchen weitere Gutwillige – wie womöglich den Gewerkschaftsbund. Kölns umtriebiger DGB-Chef Witich Roßmann wird die Ohren spitzen, wenn er das hört.

Worum es geht? Entscheidungen in Köln zu beschleunigen, der Wirtschaft, damit aber auch Teilen der Öffentlichkeit, eine Stimme zu geben und den Wandel in Köln konstruktiv zu begleiten. Geburtshelfer, das dürfen wir in aller Bescheidenheit sagen, war der Kölner Presseclub. Auf unserem Podium „5 vor 12 – Was der neue Rat für Kölns Wirtschaft tun muss“ wurde der Gedanke geboren, Kräfte zu bündeln und gemeinsam Strategien zur Veränderung der Stadt zu entwickeln. Wir freuen uns.

Die Themen liegen auf der Hand, wenngleich Sie sie auf den Wahlplakaten der großen Parteien insbesondere zur Stichwahl eher nicht gefunden haben. Bei „Volt“ zwar schon, aber die sind auch keine große Partei. Es sind dieselben Themen, liebe Leserinnen und liebe Leser, die täglich ihren Lebensweg kreuzen und Ihnen mitunter das Leben schwer machen. Die ungelösten Probleme des Individualverkehrs etwa, denen mit dem aktuellen Stückwerk an städtischer Schaufenster-Politik nicht beizukommen ist.

Als Autofahrer fühle ich mich zunehmend unerwünscht, wie einer dieser grünen Sittiche, die aus der Stadt „vergrämt“ werden sollen, als Radfahrer habe ich auf einigen Strecken Angst um meine körperliche Unversehrtheit (vom Herbstwetter reden wir mal nicht) und im ÖPNV frage ich mich, ob ich mich nicht – der feuchte Herbst droht – einer gigantischen Virenschleuder aussetze. Zufrieden ist mit dem Verkehr in Köln wirklich niemand. Aber eine Strategie, ein kluger Mix, sind nicht erkennbar. Digitalisierung, Wohnen, Schule, nachhaltiges Wirtschaften, der vernachlässigte öffentliche Raum – das sind weitere Themen, die uns alle angehen.

Schön, dass die Verbände es nicht bei kritischen Anmerkungen gelassen haben, sondern ein neues Kapitel aufschlagen wollen, um eigene Ideen zu entwickeln. Es wäre eine neue Form bürgerschaftlichen Engagements, das diese Stadt gut gebrauchen kann.

Für uns war die 5-vor-12-Veranstaltung im Börsensaal der IHK insofern Neuland, als die Abstandsregeln zwischen den Sitzplätzen so konsequent eingehalten wurden, dass dadurch eine Art von Zeltlager-Atmosphäre entstand. 80 Gäste hatten wir. Mehr durften nicht herein. Doch hätten wir den Raum mindestens dreimal füllen können, so hoch war das Interesse.

Eingangs unserer Diskussion zog Carsten Fiedler, Chefredakteur des Kölner Stadt-Anzeiger, übrigens eine ernüchternde Bilanz. In den 100-Tage-Programmen von Henriette Reker (CDU) und Andreas Kossiski (SPD), die am Sonntag in der Stichwahl gegeneinander antreten, steht zur Wirtschaft kein Wort.

Warum das verstörend ist? Weil wir um uns herum Verfall und Pleiten beobachten können – die Vorboten der großen Insolvenzen sind, die noch in der Corona-Pandemie wurzeln. Die Fenster der Eisdiele sind mit Packpapier verhängt, wo einst ein Reisebüro war, gähnen heute leere Fensterfronten, der Kiosk-Betreiber hat das Handtuch geworfen, die Änderungsschneiderei gibt es nicht mehr und der kleine Autohändler mit den pfiffigen Mechanikern hat ebenfalls die Segel gestrichen wie auch das Lokal mit den Bowls, das der Lebenstraum seines Betreiber-Paares war. Alles dahin. Und die Politik agiert, als sei das auf einem anderen Planeten! Was kann Köln tun, um vor Ort zu helfen – neben all den großen Programmen, in denen mit Geld wie mit Kamelle geworfen wird? Wünschen wir uns eine Politik, die Antworten auf solche Fragen findet.

Mit Gunnar Herrmann, dem Ford-Chef, möchte ich nicht tauschen. 90 Jahre ist der Autobauer Ford hier am Rhein und er produziert mit seinen 18.000 Mitarbeitern in gewachsenen Strukturen, die heute ganz anders, nämlich zeitgemäßer, aussehen sollten. Es muss jeden nachdenklich machen, wenn er den Gedankenspielen des Ford-Chefs lauscht. Wie viel effektiver bei einem Neubau die Produktionslinien gesetzt werden könnten, welch hoher Automatisierungsgrad erreichbar wäre und wie hoch die Subventionen in Brandenburg doch seien.

Keine Sorge! Gunnar Herrmann kommt aus Leverkusen. Er hat sein ganzes Berufsleben bei Ford verbracht und er hängt an dieser Heimat und ihrer Tradition. Ein Elon Musk, der Mann hinter Tesla, der Umstürzler und Papst er der Elektromobilität, wäre längst schon gegangen und hätte dem Rheinland ein paar abfällige Bemerkungen hinterher geworfen.

Freuen wir uns über Gunnar Herrmann und die Achse der Willigen. Es sind unsere Willigen und noch können sie entscheiden und nicht irgendwelche Konzernzentralen, die ihren deutschen Standort erst auf einer Europa-Karte suchen müssen.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende. Auch Regen hat seine guten Seiten und kann einem gemütliche Stunden bescheren.

Herzlich grüßt
Ihr
Peter Pauls

[post-views]