Newsletter 18. Juni 2021

Newsletter vom 18.06.2021

Grüne wollen Autos aus der Stadt drängen – Hängepartie in NRW um Kölner Klinikverbund

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

„Verkehrspolitik ist nichts für Dilettanten“, sagte Barbara Schock-Werner einmal im Kölner Presseclub. An den kernigen Satz der früheren Dombaumeisterin musste ich denken, als das Kölner Ratsbündnis nun seine Verkehrspolitik vorstellte. Stutzig machen mich weniger die vorgestellten Maßnahmen als der Anspruch dahinter: Der individuelle Autoverkehr solle, so bilanziert der „Kölner Stadt-Anzeiger„, nach und nach aus der Stadt verdrängt werden – egal ob Elektro- oder Verbrenner-Motor. Die Zeitung zitiert den Verkehrsexperten der Grünen, Lars Wahlen. Der meint, nun gehe es darum, die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt zu rücken und nicht die Leistungsfähigkeit des Autoverkehrs. Das klingt, als führten Autos ein autonomes Eigenleben und hätten nichts mit den Bedürfnissen ihrer Insassen zu tun. Dabei sitzen Menschen darin, die Behördengänge erledigen, einen Arzt aufsuchen, Familie treffen oder einkaufen gehen möchten. Zum Beispiel. Sie werden in einer solchen Weltsicht ausgeblendet.

„Das Auto an sich ist nicht böse“, sagt Paul Bauwens-Adenauer. „Es bringt Menschen Freiheit wie auch das Fahrrad, und es erfüllt für uns viele Funktionen.“ Sicher gehört für Familien mit Kindern die Reise in den Urlaub dazu oder für die, die in schlecht angebundenen Gemeinden leben, die Fahrt zum Arbeitsplatz. Täglich pendeln 280.000 Menschen nach Köln. Sie müssen schnell, störungsfrei und bezahlbar in die Stadt kommen, die sich viele Menschen als Wohnort nicht mehr leisten können. Köln benötige im Stadtbild Lösungen vor allem für den parkenden Verkehr, sagt der frühere Präsident der Kölner Industrie- und Handelskammer (IHK). „Aber das unnötige Blech muss weg.“ An anderen Stellen plädiert Bauwens-Adenauer für völlige Autofreiheit – aber das hänge vom Zukunftsbild Kölns ab. Wie aber sieht das aus?

In NRW ist Köln das größte Oberzentrum. Hier erledigt man, was anderswo nicht möglich ist. Gilt das künftig nicht mehr, wenn Autos aus der Stadt verschwinden sollen? Welches Bild von Köln hat das Ratsbündnis? „Stadt ist immer Bewegung, Veränderung, Handel und Wandel,“ sagt Bauwens-Adenauer. Zufrieden mit der aktuellen Situation ist auch er nicht. Im Presseclub hat er sie seinerzeit so beschrieben: „Der Fußgänger fühlt sich nicht wohl, der Radfahrer fühlt sich nicht wohl und der Autofahrer auch nicht, weil alle keinen Platz haben. Da ist überhaupt kein Konzept drin.“

In konkrete städtische Planungsschritte sollen unter anderem IHK, Handwerkskammer und Einzelhandelsverband eingebunden werden. Das wird ein spannender Prozess. Für die beteiligten Institutionen wirft er die gleiche Frage auf, wie bereits für die CDU, die neben Volt Juniorpartner der Grünen ist. Von welchem Punkt an läuft man Gefahr, sich zum unfreiwilligen Helfer einer ideologisierten Entwicklung zu machen, die den eigenen Interessen zuwiderläuft?

Ich konnte für Sie zwei aktuelle Stellungnahmen einholen. IHK-Präsidentin Nicole Grünewald teilt mit, ihre Institution bringe sich gerne in die Planung ein. Sie mahnt ganzheitliche Konzepte an, da die Funktionen einer Stadt dem Wandel unterworfen sind und Corona zu einer Veränderung der Lage beigetragen habe. Innenstadtverkehr müsse möglich bleiben, der Verkehrsmix könne sich von Quartier zu Quartier unterscheiden.

Und Garrelt Duin, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln, sagt: „Der Wunsch nach mehr mediterranem Lebensgefühl eignet sich nicht als Leitbild der Verkehrspolitik. Man irrt, wenn man glaubt, allein die Verknappung von Verkehrsraum führe zu weniger Verkehr. Notwendig ist neben der Möglichkeit für unsere Betriebe überall ungehindert anfahren zu können, vielmehr die intelligente Steuerung von Verkehrsströmen mit den Mitteln der Digitalisierung.“

Wie steht es mit einem anderen Kölner Großprojekt, das Öffentlichkeit und Rat vollmundig als „Charité des Westens“ vorgestellt wurde? Gemeint ist ein möglicher Verbund von Uniklinik Köln und den städtischen Kliniken, die sich in wirtschaftlicher Schieflage befinden. Die Stadt wünscht sich den Zusammenschluss. Kein Wunder, er überlässt die Verantwortung für das neue Gebilde ganz dem Land NRW. Um großes zu schaffen? Oder um sich eines Millionen-Risikos zu entledigen? Der NRW-Gesundheitsminister argwöhnt wohl eher letzteres. Kein Landes-Finanzminister sei so beschränkt, Altlasten der Städtischen Klinik Köln übernehmen zu wollen, sagte Karl-Josef Laumann (CDU) kürzlich. Er mahnte bei der Stadt unverblümt ein Finanzierungskonzept sowie strukturierte Gespräche an, statt von einer „Charité“ zu träumen. Sprich: Köln, mach Deine Hausaufgaben!

Die Stadt hat offenbar mit einer lückenhaften Begründung dem Land eine Steilvorlage gegeben, sich ins Ungefähre zurückzuziehen. Der Minister mutmaßt, in den nächsten zwölf Monaten sei kein Votum zu erwarten. Das bedeute aber mehr, als nur ein Jahr zu warten, sagt Martin Börschel. „Damit würde erst nach der NRW-Landtagswahl am 15. Mai 2022 eine Entscheidung fallen“, kritisiert der Kölner SPD-Abgeordnete. „Eine solche Hängepartie werden wir nicht akzeptieren.“ Die städtischen Kliniken würden als Arbeitgeber, dessen Zukunft ungeklärt sei, zudem unattraktiv. Ein weiteres Risiko sei, dass seitens der Stadt Köln kein Alternativplan erkennbar sei, sollte die Fusion scheitern. Mittlerweile würden die Kliniken schlechter als ein „lästiges Anhängsel“ behandelt. Börschel sorgt sich um das Rechtsrheinische: „Die Pläne zum Klinikverbund werden ohne eine Standortgarantie für Holweide als Klinik der Regelversorgung mit Notfallambulanz und Intensivmedizin auf unseren erbitterten Widerstand stoßen.“

Die Stellungnahme der Stadt Köln zu den Bedenken des Landes ist bemerkenswert wolkig. „Das Verfahren trägt aus unserer Sicht zu einem vertieften Chancen- und Risiko-Bild des Vorhabens bei“, heißt es. Mich lassen solche Sätze mit der Erkenntnis zurück, dass zu wertschätzendem Sprachgebrauch mehr gehört als ein Genderstern.

Hoffen wir, dass die Sonne Corona vertreibt. Ein mutationsfreies Wochenende wünscht

Ihr

Peter Pauls

Bitte beachten Sie auch den folgenden Leserbrief zur Verkehrssituation.

Warum will man eine Feierzone schaffen?

„Toskana – Flair am Neusser-Platz“: wer denkt sich so etwas aus? Meine Familie und ich leben seit über 40 Jahren im Agnesviertel und haben damals die Aktivitäten rund um die BINA zur Verkehrsberuhigung im Viertel aktiv unterstützt. Unser Ziel war es für die Anwohner im Veedel ein bewohn- und lebbares Viertel zu schaffen und zu erhalten. Dieses ist über die Jahrzehnte hinweg zumindest teilweise gelungen. Ein reges Nachbarschaftsleben in den Straßen um den Neusser Platz zeichnete bisher das Agnesviertel aus. Sudermannplatz, die Alte Feuerwache etc. mit ihren innerstädtischen Freiräumen, ganz zu schweigen vom Ebertplatz, boten und bieten Raum zum Treffen und vielleicht auch zum Feiern.

Warum will man jetzt auch noch auf dem Neusser Platz eine Feierzone schaffen? Ich glaube die Bürgerinnen und Bürger unseres Viertels, wir „Ureinwohner“, wollen keine Verhältnisse wie im belgischen Viertel. Das „ach so beliebte Büdchen“ am Neusser Platz ist inzwischen zu einem Treffpunkt für eine Szene geworden, die wenig Rücksicht nimmt auf Umwelt (extreme Vermüllung und Verdreckung auf dem Platz, der Weißenburgstr. und rund um die Agneskirche), die bis spät in die Abendstunden laut ist und die durch die Stadtteile von „Szenestandort zu Szenestandort“ zieht. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Anwohnerinnen und Anwohner dieses Vorhaben „der Grünen in der Stadt Köln“ in der Mehrheit nicht will. Ja, wir wollen Verkehrsberuhigung: warum wird nicht auf der Neusser Str. durchgehend eine 30 km Geschwindigkeitsbeschränkung eingeführt und über weitere verkehrsberuhigende Maßnahmen nachgedacht.

Vor einigen Jahren hat die BV Innenstadt mit großem Aufwand über Kreisverkehre an Kreuzungen diskutiert. Davon hört man nichts mehr, ebenso nichts von der öffentlichen Toilette, die bereits vor Jahren versprochen wurde. Die Szene, die sich so gerne an der Agneskirche trifft, könnte doch auf den Ebertplatz ausweichen, dort hat man Platz und alle Möglichkeiten zum Feiern und würde unser Veedel nicht zu „einem weiteren Eventviertel“ umwandeln. Für Kinder und Senioren und Seniorinnen sehe ich auch keine attraktive Verweilmöglichkeit, diese werden dann in den Neusser Wall und ins Fort X verdrängt.

Im Übrigen empfehle ich den Initiatoren dieser Idee einmal nach Siena zu fahren und sich dort mit den Rahmenbedingungen für die „Piazza del Campo“ auseinanderzusetzen: keine Fahrräder auf dem Platz, eine extrem autogerechte Anbindung des Platzes für die Touristen mit einer Ringstraße um die Stadt und Stichstraßen mit Parkhäusern am Ende, die nur wenige hundert Meter vom berühmten Zentralplatz entfernt liegen, damit man mit dem Auto alles bequem erreichen kann. Wir sollen nach den Vorstellungen der Grünen in Zukunft mit Ausweichverkehr in den Nachbarstraßen des Neusser Platzes leben, damit man auf dem Platz feiern kann.

Karl-Heinz Pasch
Seniorenvertreter
Seniorenvertretung Köln-Innenstadt
Bezirksrathaus Innenstadt
SVK.Pasch@stadt-koeln.de

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