NEWSLETTER 28.04.2023

Warum die Sanierung der Kölner Zentralbibliothek wichtig ist – Ein gereimtes Prosit auf unser gefährliches Kulturgut Alkohol

 

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

ein öffentliches Bauwerk in Köln sanieren? Es gibt hinreichend Gründe, auf eine solche Ankündigung mit Schnappatmung zu reagieren. Dennoch halte ich es für eine gute Nachricht, dass die Verwaltung für die Zukunft der Kölner Zentralbibliothek nur eine Option kennt: Die Sanierung. Das entnahm ich der Kölnischen Rundschau

Meine Einstellung mag blauäugig sein. Aber dieser Schritt ist eine demonstrative Abkehr von der Politik des Abrisses, die das Kölner Justizgebäude treffen soll. Es ist 42 Jahre alt und mit 23 Stockwerken gut hundert Meter hoch und Teil des Zyklus von bauen, verkommen lassen, abreißen, neu bauen, wieder verkommen lassen . . .  Wem ernst ist mit der Vermeidung von Treibhausgasen, der vergrößert nicht Schuttberge. „Unsere Häuser sind die Rohstofflager von morgen“, erklärt Andreas Grosz vom KAP-Forum. „Die Zukunft des Bauens liegt im Bestand.“ Dass Neubaupreise ins Unermessliche steigen werden, weiß man. Die Zinsen sind nicht mehr niedrig, die Neubauregeln grenzen ans Unerfüllbare, Anlagekapital fließt in andere Bereiche, die lohnender geworden sind.

Auch eine andere Frage scheint mir beantwortet: Wer trägt, wenn die Kosten aus dem Ruder laufen, den Oberverantwortungshut? Das hatte meine Kollegin Claudia Hessel in unserem Newsletter vom 10. März gefragt. Die Antwort lautet: Ein Generalunternehmer (GU). Er bekommt viel Geld für Verantwortung und Haftung (ca. € 24 Mio.).

Zwar würde ein Teil von mir sich eine öffentliche Debatte wünschen über Sanierung oder Abriss ebenso wie über die Frage, wie eine moderne Bibliothek heute aussehen könnte. Aber ein anderer, Köln erfahrener Teil, sähe dem mit Grauen entgegen. Leicht schwemmt parteiübergreifende Schaufensterpolitik fort, was eine Debatte ausmachen sollte: In Ruhe Argumente wägen, nachdenken, womöglich Kompromisse suchen. Wenn es an Moderation fehlt, gewinnen Stimmungen und Gruppendynamik schnell die Oberhand.

Richtig ins Geld geht mittlerweile der prozessuale Zeitverbrauch. 2018 sollte die Sanierung der Bibliothek noch € 81,15 Millionen (Mio.) betragen, heute werden € 58,64 Mio. und damit 71 Prozent mehr fällig. Vielleicht hätte man damals auch einen kühnen Neubau umsetzen können (ohne das Bestandsgebäude abzureißen), wie es die „Oodi“-Bücherei in Finnlands Hauptstadt Helsinki ist (hier verlinkt), die Inkarnation eines urbanen Medien- und Kommunikationszentrums. Rund € 100 Mio. hat dieses Traumhaus 2018 gekostet. Aber auch die Kölner Zentralbibliothek kann sich sehen lassen. Unter Führung von Dr. Hannelore Vogt wuchs sie zur größten und besucherstärksten Kulturinstitution der Stadt, sagte mir Stefanie Ruffen, die baupolitische Sprecherin der FDP.

Sie wies ferner darauf hin, die Sanierung der einfach strukturierten Zentralbibliothek sei mit der unserer komplexen Oper überhaupt nicht vergleichbar. „Überraschungen müssten sich im Rahmen halten.“ Warum Sanierungen häufig so problematisch seien, fragte ich die Politikerin und Architektin. Weil alle Vorschriften am Standard von Neubauten ausgerichtet seien, antwortete sie. Historische Gebäude müssten auf den Jetzt-Standard gebracht werden. Gälte das auf dem Feld für Oldtimer, müssten diese mit allen heute üblichen Standards ausgerüstet sein wie ABS, Spurhalteassistent, Knautschzonen oder elektronischen Helfern.

Hoffen wir mit Anton Bausinger, dass eine Mehrheit im Kölner Rat der Sanierungsvorlage folgt. Seit mehr als 20 Jahren ist er Vorsitzender des Fördervereins Stadtbibliothek, denn Büchereien liegen ihm am Herzen. „Es ist sicher eine teure Entscheidung und dennoch die deutlich günstigere sowie schnellere.“ Gleichzeitig drängt der CDU-Politiker: „Es ist an der Zeit, dass Projekte in unserer Stadt aus der Diskussion genommen und einfach umgesetzt werden.“ Politische Führung. Das wäre was.

Reinhard Angelis vom Bund deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) nennt die Sanierung „wunderbar.“ In einem zweiten Schritt, so rät er, solle die Stadt den benachbarten öffentlichen Raum bewerten mit dem Rautenstrauch-Joest-Museum, der Volkshochschule und der ehemaligen Kaufhof-Verwaltung. „Wenn Köln dieses Potential nutzt, bekommt es mehr als eine sanierte Bibliothek.“ Einen neuen Stadtraum oder eine Kölner Antwort auf das finnische Oodi vielleicht? Was für eine schöne Perspektive.  

Nun zu Susanne Hengesbach. Sie hat wieder gereimt – ein Prosit, auf unser liebstes Kulturgut . . . oder die Frage: Weshalb wir Kölsch nicht als Einstiegsdroge bezeichnen und Whiskey-Flaschen keine Banderolen haben, die vor dem gesundheitsgefährdenden Konsum von Alkohol warnen. Den Podcast finden Sie hier.  Wie immer, macht er ein wenig nachdenklich. Das kann bei diesem Thema nicht schaden.

Ich wünsche uns allen ein sonniges Wochenende!

Herzlich grüßt

Ihr

Peter Pauls