NEWSLETTER 26.04.2024

Der nächste Oberbürgermeister muss kein Kölner sein. Der neue Chef der MIT Köln wünscht sich einen Kandidaten, der mutige Entscheidungen trifft.

 

 

Sehr geehrte Mitglieder, liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

in Köln eine Wohnung zu finden ist wie ein Sechser im Lotto. Vor allem für eine vierköpfige Familie. Wer kann, der greift dafür auch tiefer in die Tasche. 3.000 Euro ist jetzt eine Familie bereit gewesen zu zahlen. Nur allein für die Vermittlung. Diese Summe erfuhr ich von dem neuen Vorsitzenden der Mittelstands- und Wirtschaftsunion Köln, kurz MIT. Dr. Tim Odendahl ist Rechtsanwalt und seit Oktober vergangenen Jahres der Chef des wirtschaftspolitischen Flügels der CDU in Köln. Mit ihm sprach ich darüber, was die MIT nach einem halben Jahr spürbar für die Wirtschaft – insbesondere für den Mittelstand – macht und im Kommunalwahlkampf 2025 machen will.

Der Vater von drei Kindern kennt die Situation junger Familien: „Man findet einfach nichts. Und das ist noch nicht mal eine Frage des Preises, es gibt einfach keine Wohnungen.“ Sein Vorschlag als MIT-Chef heißt neu bauen und Nachverdichtung. Denn ausreichend bezahlbare Wohnungen und dazu eine gute Schullandschaft sind auch relevante Faktoren, um Arbeitskräfte für die Wirtschaft zu sichern, sagt er. Und um das zu erreichen, müssen auch schon mal alte Regeln über Bord geworfen werden: „Weg mit der Stellplatzquote.“ Dazu wünscht er sich eine moderne, digitaler arbeitende Verwaltung, die ihre Daseinsvorsorge möglichst effizient erledigt und nennt als Beispiel die Bauanträge. Sie sollten als genehmigt gelten, wenn nicht innerhalb von sechs Monaten ein Gegenbescheid erfolgt ist. Das gibt es schon beispielsweise bei der Kartellanmeldung, weiß der Rechtsanwalt, der landesweit mittelständische Unternehmen berät.

Vor allem Verkehr ist das Mittelstandsthema schlechthin. Köln zieht die meisten Berufspendler in Nordrhein-Westfalen an. Fast 350.000 Personen pendeln täglich zur Arbeit nach Köln. Als Familienvater, der immer mit dem Rad unterwegs ist, spürt er hautnah, wie die Stadt auch beim Verkehr aus allen Nähten platzt: „Die Antwort auf den täglichen Stau in Köln sind einspurige Straßen, das ist eine verkorkste Verkehrspolitik.“ Aufs Auto angewiesene Berufstätige aus dem Umland und der Mittelstand sind die Leidtragenden.

Es ärgert ihn, dass die Stimme der Wirtschaft in der Verwaltung kaum wahrgenommen wird. „Vergesst nicht die Handwerker, wenn ihr Einbahnstraßen und Spielstraßen einrichtet, denn die müssen mit ihren Autos von Baustelle zu Baustelle fahren,“ mahnt er. Das ist leider typisch für das schlechte Management in der Stadt, klagt Tim Odendahl: „In Köln werden Entscheidungen getroffen, die zu Lasten der Wirtschaft und ganz besonders des Handwerks gehen.“ Als aktuelles Beispiel nennt er Wirtschaftsparkplätze, die angeblich nicht kurzfristig eingerichtet werden können, da man erstmal mit Sensortechnik und wissenschaftlicher Begleitung vorgehen möchte. In Bonn macht man ein paar Pinselstriche und stellt ein Schild auf und fertig. Schnelle und pragmatische Entscheidungen – das vermisst Odendahl in Köln.

Ebenso nervt ihn die ewige Diskussion über den Ausbau der Ost-West-Achse. Odendahl ist für den Tunnel! Klar, das ist CDU-Position. Seiner Meinung nach wäre der Tunnel aber auch ein Projekt, bei dem die Stadt zur Abwechselung mal zeigen kann: Köln kann es.  Als CDU-Mitglied sitzt der 41-jährige im Arbeitskreis Wirtschaftspolitik, um das Programm für die Kommunalwahl zu schreiben. Sein Ziel und das des gesamten MIT-Vorstandsteams: „Endlich mal als CDU einen Fußabdruck hinterlassen. Das wollen wir mit Wirtschaftsthemen erreichen.“ Er selbst habe keine Ambitionen auf eine politische Karriere.  Das würde auch für seine jüngeren Kollegen im Vorstand gelten, die einen anderen Anspruch an Kommunalpolitik in Köln haben. Die CDU-Fraktion im Rat mache zwar gute Arbeit, aber eben nur als Juniorpartner der Grünen. Wichtig sei ihm die stärkste Fraktion im Rat zu werden. „Wir können Köln ökologischer machen, auch mit den Grünen an der Seite.  Aber dann endlich mit Verstand für das Unternehmertum.“

Große Hoffnung setzt er auf einen eigenen CDU-Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl 2025. In Großstädten generell für die CDU ein ambitioniertes Ziel. Aber Düsseldorf habe gezeigt, dass CDU-Politik funktionieren kann, wenn jemand bereit ist, mutige Entscheidungen zu treffen. „Der nächste OB muss nicht zwingend Kölner sein, auch wenn das sicher hilft. Man kann die Stadt auch weiterbringen, wenn man von außen kommt,“ meint Odendahl.  Im Interesse von Köln müsse sich seine Partei aber erst einmal zusammenraufen und er versichert: „Der Wahlkampf wird uns zusammenschweißen!“

Das kann man der Partei nur wünschen, denn die Wähler mögen keinen Zwist. Was kann also die MIT für die CDU in Köln konkret tun? Zunächst die Querelen beenden und den dringenden Themen widmen, die in Köln auf der Straße liegen. Vieles in der Stadt wird als Politik der Grünen wahrgenommen. Besonders in der Verkehrspolitik mit dem agilen Verkehrsdezernenten Egerer, der mit seinen teilweise abenteuerlichen Modellversuchen nicht nur Mittelständler verärgert. Da konnte die Partei bislang nicht gegensteuern. Hinzu kommt, dass der neue 15-köpfige MIT Vorstand mit alten Bekannten und neuen jungen Gesichtern auch noch nicht wahrnehmbar im öffentlichen Diskurs in Erscheinung getreten ist.

Noch anderthalb Jahre hat Tim Odendahl nun Zeit, um das Ruder herumzureißen. Aufmerksamen Lesern ist bestimmt auch nicht entgangen, dass sein Vorname Tim ein Palindrom für MIT ist. Er kann vorwärts wie rückwärts gelesen werden. Wir sind gespannt, in welche Richtung es für die MIT und die CDU gehen wird.
Ich wünsche Ihnen schon jetzt einen guten Start ins hoffentlich wärmere Wochenende

 

Mit herzlichen Grüßen

Ihre

Claudia Hessel