NEWSLETTER 06.06.2025

Clubsterben? Nein, es gibt auch Clubgeburten! Der Presseclub kann einen besonderen Blick auf das „Fi“ gewähren.

 

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

am besten funktioniert dieser Text mit Bildern, aber die Linsen meiner Handykameras werden abgeklebt. An jeder Eingangstür. Aufkleber abmachen und doch schnell ein Foto knipsen? Das bedeutete den Rauschschmiss. Die Nacht wäre vorbei.

Ich stehe im „Fi“, einem Club am Rande von Braunsfeld und Müngersdorf. Nebenan klappern Güterzüge und der riesige Parkplatz einer industriellen Autoreparatur ist zu sehen. Mittendrin ein neues Gebäude. Die Beats von drinnen sind draußen kaum zu hören. Es gibt drei Außenbereiche. Spektakulär ist die Treppe, die an die Spitze des Gebäudes führt. Es steht im Westen der Stadt, der Blick vom Rooftop geht nach Osten – Skyline: Dom, Colonius, Mediaparkhochhaus. Es ist halb fünf. Die Sonne geht langsam auf.

Drinnen ist es voll. Alles ist so neu, dass es noch nach Beton riecht. Der Raum ist wie ein Lautsprecher aufgebaut, im 45-Grad-Winkel. Sven Väth legt auf. Eine absolute Ikone der elektronischen Musik. Schon in den 90ern hörte ich seine Tracks. Die Loveparade Berlin kannte ich nur von Helikopterbildern aus den Fernsehnachrichten.

Das „Fi“ heißt eigentlich „Ursprung Fi“ und fasziniert mit dem Motto, es sei „PERFREKT“. So wie jede Partynacht halt immer etwas Unvorhersehbares mit sich bringt. Durch geschickte Terminlegung und einen passenden Dienstplan ist es mir in den vergangenen Wochen gelungen, wieder öfter ins Kölner Nachtleben einzutauchen. Und für mich steht fest: Wer vom Clubsterben spricht, der sollte die Clubgeburten gleich mit benennen – und wie sich die Szene auf natürliche Weise verändert. Damit meine ich nicht nur die Clubs, auch das Publikum.

Die Zeit ist größtenteils vorbei, in dem es eine Stammlokalität gab, bei der das geboten wurde, was der Gast erwartete: klare Musikrichtung, bekanntes Publikum in einer entsprechenden Stimmung oder Altersgruppe und vielleicht sogar einen Stammplatz. Der Trend heute geht zu Event-Locations, in denen ständig andere Veranstaltungen stattfinden. Vereinfacht gesagt: Die KölnArena in klein gibt es mittlerweile fast überall.

Und deshalb wollen Clubs weniger auffallen, dafür aber neugierig machen. Die Gäste sollen dabei eine Nacht erleben, die in Erinnerung bleibt, aber nicht auf Handys festgehalten wird. Und deshalb die Aufkleber, da wird auch beim Presseclub keine Ausnahme gemacht. Versuche, ein Bild im Netz zu finden, schlugen allesamt fehlt. Die einzigen Bilder sind von der Backsteinmauer vom Eingang zu finden, die von der Widdersdorfer Straße aus gemacht wurden. Von dort aber ist das Gebäude nicht zu sehen. Dennoch, es ist mir gelungen, das „Fi“ aus einem guten Winkel zeigen zu dürfen:

Die Sache mit den abgeklebten Kameralinsen ist keine Eigenheit des „Fi“. In den meisten Clubs von Köln gehört es zu einem Gesamtkonzept, das gerne mit dem Begriff „Awareness“ zusammengefasst wird. Die Leute sollen bei sich sein – und viel wichtiger: keine Postings in Social Media! Zu oft kam es vor, dass jemand ungewollt ganz groß rauskam. Das sorgte nicht nur für Ärger im privaten oder beruflichen Umfeld, sondern wirkte sich zunehmend auf die Stimmung in den Clubs aus.

Was unter Awareness zu verstehen ist, dazu trägt das Publikum mittlerweile selbst bei – was ich vor 20 Jahren für ausgeschlossen hielt. Geht es einem Gast schlecht, helfen viele mit oder sagen sofort dem Personal Bescheid. Macht doch jemand ein Foto, mahnen die Gäste schneller als jeder Türsteher. Wer also gerne auf die Spaltung der Gesellschaft verweist; in den Kölner Clubs erlebe ich sie so gut wie gar nicht.

Und auch generell hat sich die Stimmung zumindest politisch zumindest etwas gedreht. In den vergangenen 20 Jahren waren Clubs „meiner Jugend“ (so jung war ich da schon gar nicht mehr) geschlossen und abgerissen worden, zum Beispiel das „Underground„, „Heinz Gaul“ oder „Jack in the Box„. Die Clubs verschwanden, damit ganze Wohnviertel neu entstehen konnten. Clubsterben ist halt nicht nur auf finanzielle Gründe zurückzuführen. Heute werden Kulturzonen geschaffen, die den Bestand zumindest bewahren sollen.

Diese kommt nun am Bahnhof Ehrenfeld zur Anwendung. Seit 30 Jahren betreibt dort Bernd Rehse das „Artheater„. Vor wenigen Monaten konnte er das leerstehende Areal direkt nebenan kaufen. Jetzt soll dort ein neuer Club mit großem Garten, Konzertraum und Bar entstehen – was mit Blick auf die Diskussionen um den Brüsseler Platz beispielsweise kaum zu glauben scheint.

Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht. Wenige Tag vor seinem ersten Geburtstag musste das „Fi“ über ein Wochenende kurzfristig schließen. Es gab offensichtlich Ärger mit der Stadt. Die Hintergründe kenne ich nicht und will mich nicht einmischen. Obwohl, doch! Geht das nicht irgendwie anders? Habt euch lieb, nicht nur beim Feiern!

Wir sehen uns! 😉

Ihr

David Rühl