NEWSLETTER 13.06.2025
Einen Kölner Louvre im Rechtsrheinischen bauen – Anbiedern und Karriere in der Verwaltung machen?
Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,
wie eine düstere Wolke kreist ein Thema über Köln, dem die Stadt finster entschlossen begegnet. Sie verschließt die Augen davor. Um das Jahr 2031 soll nun die Sanierung beginnen von Museum Ludwig und Kölner Philharmonie, die in einem Bauwerk vereint sind. Zurzeit werden Kosten von gut einer Milliarde Euro erwartet. Wie immer, kann es mehr werden.
In jedem Privatunternehmen würden jetzt die Alarmglocken läuten, Szenarien für die Zukunft entwickelt, Rettungspläne geschmiedet. Aus Köln ist mir das nicht bekannt. Das Thema ist in eine Zukunft verschoben worden, die einen behaglichen Ausweg bietet: Man kann in ihr – und damit später – feststellen, dass man in der Vergangenheit – heute also – erste Weichen hätte stellen müssen, um alternative Lösungen zu entwickeln. Nun aber schreibe bereits der Sachzwang nur noch wenige mögliche Wege vor.
Das Thema kam auf, als ich mit Andreas Blühm sprach, der von 2005 bis 2012 Direktor des Wallraf-Richartz-Museums & Fondation Corboud (WRM & FC) war. Wir unterhielten uns über die städtischen Kölner Museen, die in beklagenswertem Zustand sind. Zwei befinden sich in Behelfsunterkünften (Stadtmuseum und Römisch-Germanisches Museum), dem Wallraf steht eine mehrjährige Schließung bevor, das jüdische Museum soll – nach elf Jahren Bau – nicht vor 2027 vollendet sein. Und auch das Museum für angewandte Kunst muss saniert werden. Hinzu tritt die bereits prognostizierte Milliarde Euro an Sanierungskosten.
An diesem Punkt entwickelte Andreas Blühm eine Idee, die ich ihn aufzuschreiben bat. „Am rechten Rheinufer wäre Platz für einen Kulturtempel, der zu einem Anziehungspunkt erster Güte entwickelt werden könnte, ein Louvre am Rhein! In diesem neuen Museum würden alle städtischen Sammlungen Platz finden. Sie könnten mit Bibliothek und Restaurierungslabors, Werkstätten und pädagogischen Einrichtungen nach neuestem Stand ausgestattet werden,“ notiert der Museumsmann. „So eine kulturelle Schatzkammer müsste den Vergleich mit der Berliner Museumsinsel und eben jenem großen Pariser Museum nicht scheuen. Synergieeffekte sorgen auf lange Sicht für sparsame und nachhaltige Nutzung.“
Die Idee hatte Blühm schon einmal geäußert: am 5. November 2007 bei der „2. Eisenbahnkonferenz“ der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Köln. „Mein Referat handelte von „Kulturbauten am Fluss“, mit Beispielen von London bis Sydney, wo bekanntlich ein ikonisches Operngebäude steht. Eine neue Oper am Rhein wäre auch eine Alternative für die heutige Dauerbaustelle gewesen. Mir wurde damals entgegengehalten, Neubauten seien teurer als Sanierungen und würden länger dauern. Ich ließ mich von den Kennern beeindrucken, bin aber heute von ihren Argumenten nicht mehr gänzlich überzeugt“, erinnert er sich.
Und die Kosten? Blühms Antwort: „Ich habe nicht die Illusion, dass nun alle Bauvorhaben stillgelegt werden, um diesen Louvre am Rhein zu realisieren. Der Sachzwänge gibt es inzwischen viele. Aber mehr als die eine Milliarde für die Sanierung (!) des Museums Ludwig muss der Louvre am Rhein nicht kosten. Das jüngste Beispiel zeigt es: Vor wenigen Tagen eröffnete das V&A East, das allgemein zugängliche Depot des Victoria and Albert Museums in London mit 250.000 Objekten, 350.000 Büchern und 1.000 Archiven auf 16.000 Quadratmetern. Die Bauzeit betrug sechs Jahre und die Kosten beliefen sich auf 65 Millionen Pfund, das sind ca. 77 Millionen Euro. Sechs Jahre von heute an gerechnet – das wäre 2031. 77 Millionen würden für einen Louvre am Rhein nicht reichen, aber selbst das Zehnfache wäre immer noch weniger als die Sanierung (!) des Museums Ludwig.“ Den Text von Andreas Blühm, der von Zuneigung zu dieser Stadt durchdrungen ist, finden Sie hier. Bis zu seiner Pensionierung stand Blühm dem Museum Groningen vor.
Aus dem Stand begeistert reagierte Peter Jungen auf den Anstoß von Andreas Blühm. Der Vorsitzende des Stifterrates des WRM & FC, auch Mitglied im Board des New Yorker „Metropolitan Museum of Art“, findet die Idee einer musealen Gesamtschau faszinierend. Viele Kulturbauten seien zudem wegen der rechtlichen Lage praktisch nicht mehr sanierbar, da sie Neubaustandard erfüllen müssen. Wichtig sei, heute über das Thema nachzudenken, eine Bestandsaufnahme vorzunehmen und einen Weg in die Zukunft zu finden. Die einzige Lösung, die nicht infrage komme, sei, das Problem blind in die Zukunft zu verschieben.
Noch ein Zukunftsthema zum Abschluss: Oberbürgermeisterin Henriette Reker will einen ihrer engsten Vertrauten zum Leiter des Amtes für Umwelt und Verbraucherschutz machen. Pascal Siemens wäre dann Chef von rund 300 Mitarbeitenden. Die Kölner SPD hat die Kommunalaufsicht aufgefordert, die Ernennung zu überprüfen. Tatsächlich sieht die Aufsicht dem Vernehmen nach Anlass, sich die Ernennung genauer anzuschauen. SPD-Fraktionschef Joisten wies auf Anfrage lediglich auf die Schlüsselstellung des Amtes hin. Es müsse sichergestellt sein, dass der Bewerber alle Anforderungen und Qualifikationen erfülle.
Mir fiel Pascal Siemens seinerzeit als Co-Autor einer streckenweise hymnischen Buch-Betrachtung über Henriette Reker auf, die 2016 in Köln bei Kiepenheuer & Witsch erschien. Darin wird fast mit dem Pathos eines Verschwörers bedeutet, dass es in dieser OB-Wahl „wirklich eine Wahl“ gab, Reker eine Steuerfrau und kein „Phantom der Beliebigkeit“ sei und es wurde die Frage gestellt, ob Köln schon so weit sei, Rekers Unabhängigkeit als Chance zu sehen. Was für eine Perspektive! Die Stadt hat sich der Führung anzupassen und nicht andersherum.
Auch die Gepriesene wird in dem Buch zitiert. „Führende Stellen werden nach Eignung und nachgewiesener Fähigkeit und nicht nach Parteibuch besetzt,“ sagte sie eingangs ihrer Amtsübernahme 2016. Schon von daher muss Henriette Reker die Prüfung begrüßen, die nun von Amtswegen vorgenommen wird. Man könnte die Beförderung sonst für reine Günstlingswirtschaft halten.
Herzlich grüßt
Ihr
Peter Pauls