Newsletter 1. April 2021

Newsletter vom 1.04.2021

Forsa: CDU erreicht Ende der Talfahrt

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

wie mag die Stimmung in Deutschland sein, kurz vor Ostern? Das habe ich Manfred Güllner gefragt. Eine große Mehrheit der Menschen – circa 70% – sei realistisch und stimme den Corona-Einschränkungen zu, sagt der Chef des Berliner Forsa-Instituts. Die Meisten seien wirtschaftlich von der Krise nicht betroffen – anders als Selbständige und Geringverdiener. Sicher würden Lockerungen begrüßt. Aber, erläutert Güllner, es gebe auch den gesunden Menschenverstand und bereits der gebiete natürliche Zurückhaltung. Der Meinungsforscher ist selbst Beispiel: Manfred Güllner hat in Köln studiert, von 1969 bis 1978 für die SPD im Rat gesessen und fünf Jahre das Kölner Amt für Statistik geleitet. Er ist regelmäßig am Rhein. Doch dem 79jährigen sind Fahrt oder Flug zu riskant. Daher bleibt er zur Zeit in Berlin.

Aber warum, wenn alle so einsichtig sind, hat die CDU Wahlen verloren wie in Baden-Württemberg und zeigen die Umfragewerte nach unten? Immerhin sei das Ende der Talfahrt erreicht, haben Güllners Umfragen ergeben. Die Partei stünde nun auf etwa 27 Prozent. Aber der Corona-Bonus, der sei verpufft. Das Hin und Her um Einschränkungen, den CDU-Vorsitz, die gescheiterte Osterruhe, der Maskenskandal und eine überforderte Spitzenkandidatin für den Stuttgarter Landtag haben das Vertrauen des Publikums untergraben.

Warum die Extreme nicht profitieren? Weil Unzufriedenheit in der Mitte der Gesellschaft herrscht, sagt der Forsa Chef. Diese Mitte tendiere eher zur Stimm-Enthaltung oder wende sich den Grünen zu, die dank solcher „Zwischenparker“ in den Vorhersagen von Erfolg zu Erfolg eilen. Entscheidend sei, ob die Stimmung in Stimmen bei der Bundestagswahl umgesetzt werde.

Für die Newcomer von „Volt“ sieht der Meinungsforscher eine gute Chance. Allein der sachbezogene Wahlkampf der paneuropäischen Partei sei Vorbild. Es sei eine Wohltat, mit Vernunft und Verstand angesprochen zu werden. Daraus könnte, wie in Emmanuel Macrons Frankreich, gar eine Bewegung erwachsen.

Wir kamen auch auf Köln in der Corona-Krise zu sprechen. Die Stadt agierte in den vergangenen Tagen wie ein Autofahrer, der Pedale verwechselt. Vollgas, Bremse, Vollgas, Bremse. Manfred Güllner formuliert hier nicht mehr als Wissenschaftler: „Die Kölner können nicht zufrieden sein. Aber sie sind es ja nicht anders gewohnt.“ Wie das Hin und Her aller politischen Ebenen die Arbeit des Kölner Kolumba Museum zu torpedieren vermag, erfahren Sie, wenn Sie hier klicken. Eine Groteske aus der Corona-Realität.

Im Newsletter der Vorwoche schrieb ich über den Strukturwandel im Rheinischen Revier und die „Zukunftsagentur“ (ZRR), die bislang, so die Kritik, keinen einzigen Arbeitsplatz geschaffen hat. So viel Zuspruch bekamen wir selten. Eine Auswahl: „Absolut lesenswert“ (Nicole Grünewald, Präsidentin der Industrie- und Handelskammer zu Köln). „Hervorragend“ (Konrad Adenauer, Kölner Haus- und Grundbesitzer-verein). „Sehr gute Geschichte. Selten gehört bisher.“ (Leopold Hoesch, Filmproduzent). „Gute, fundiert kritische Presse mit Hirn, Verantwortung und Distanz, ist wichtiger denn je.“ (Prof. Dr. Hans-Joachim Voges, Rechtsanwalt). Der Newsletter präsentiert immer wieder „Denk-Würdiges.“ (Witich Roßmann, Kölner DGB-Chef).

Ausführlich schrieb Werner Stump (CDU), 14 Jahre Landrat im Rhein-Erft-Kreis, der vom Strukturwandel besonders betroffen ist. Gute Projekte werden kaputt geprüft, klagt er. Und: Viele Mittel gingen überproportional an den Hochschulstandort Aachen. Neue Arbeitsplätze im Kernrevier seien nicht auszumachen. Die ZRR werde ihrer Herausforderung so nicht gerecht. Im Anschluss finden Sie das Schreiben von Werner Stump im Wortlaut.

Ich will den Newsletter mit einer guten Nachricht beschließen. In Köln hat sich eine „Arche für Obdachlose gegründet“. Wir haben kürzlich an dieser Stelle darüber berichtet. In der ersten Sammelaktion vom 21. Februar sind – die Verdoppelung von Spenden durch die Stiftung von Roswitha und Erich Bethe eingerechnet – schon mehr als 300.000 € zusammengekommen. 550 Zuwendungen gingen ein, auch Kinder haben gespendet.

Ihnen wünsche ich frohe, frühlingshafte und auf jeden Fall gesunde Ostertage!

Ihr
Peter Pauls

Werner Stump, Landrat a. D., zum Newsletter über den Strukturwandel im Rheinischen Braunkohle-Revier:

„Ich teile Ihre Bewertung und Einschätzung zu dem Wirken der IRR. Gute Projekte werden kaputt geprüft. Viele Mittel gehen überproportional an den Hochschulstandort Aachen. Die neuen Arbeitsplätze im Kern-Revier sind nicht auszumachen. Stattdessen werden Verkehrsprojekte milliardenschwer gefördert, die nichts mit den dringend benötigten neuen, nachhaltigen Arbeitsplätzen zu tun haben. Die IRR wird ihrer Herausforderung so nicht gerecht. Das trifft auch auf die Metropolregion Rheinland zu. Den Offenbarungseid konnte man in Ihrem Newsletter, im Kölner-Stadt-Anzeiger und in der Kölnischen Rundschau nachlesen
Und immer geht es bei der Besetzung von strategisch bedeutsamen Führungspositionen für die Gesamtregion um eine parteigelenkte Personalpolitik, die aufgrund fehlender Qualifikationen den anstehenden Herausforderungen nicht gerecht wird.

Ich habe mich aus meinem derzeitigen Berufsstand heraus intensiv mit der Eurasischen Seidenstraße befasst, auch, weil ich konkrete Zusammenhänge mit dem anstehenden Strukturwandel im Rheinland erkenne. Wenn wir nicht aufpassen, und das tun wir zurzeit nicht, werden wir in gut 10 Jahren eine Wohlstandsverlagerung auf der Landachse Europa in Richtung Asien erleben. Die Schiffsblockade im Suezkanal und das Handelsabkommen China/Iran sind aktuell weitere Indizien für künftige Entwicklungen im eurasischen Raum.

Das interessiert hier keinen in Politik und Verwaltung. Wir sind durch die Themen der Corona-Pandemie so mit uns beschäftigt, dass keine Zeit bleibt, sich mit den europa- und weltweiten Entwicklungen sowie deren Auswirkungen auf unseren rheinischen Raum zu befassen, die unsere Zukunft bestimmen werden. Hier geht es um die Zukunft unserer Kinder.“

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