NEWSLETTER 19.04.2024

Hannover schafft seine Umweltzone ab, weil die Luftqualität deutlich besser geworden sei. Wie sieht es in Köln aus?

Sehr geehrte Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde des Kölner Presseclubs,

kürzlich war ein Bekannter aus Polen seit mehr als 20 Jahren mal wieder in Deutschland und auf dem Weg in unsere schöne Stadt. Direkt an der A3 dachte er, Köln müsse sich zu einem Naherholungsgebiet gewandelt haben. Ein Kurort. Bad Köln, sozusagen. Dieses unglückliche Missverständnis hat mit einem Euphemismus zu tun, bei dem jeder PR-Berater feuchte Augen bekommen dürfte. Denn auf einem großen Schild am Stadtrand stand: „Umweltzone Köln“.

Zugegeben, ich habe sehr gelacht. Aber es hat mir ebenso deutlich gemacht, wie unsinnig das Wort an sich ist. Gleichzeitig kam zuletzt die Stadt Hannover in die Schlagzeilen, weil sie genau diese Umweltzone abschaffte. Wie „sauber“ ist die Luft bei uns also geworden? Im Januar 2008 führte Köln die Umweltzone ein – damals sorgten erhöhte Feinstaubwerte für Handlungsbedarf. Feinstaub entsteht vor allem aus Abgasen im Straßenverkehr und der Industrie. Tatsächlich haben sich die Feinstaubwerte schon vor Jahren bundesweit deutlich verbessert; sie sind fast überall unter die gesetzlichen Grenzwerte gefallen.

Können wir also die Umweltzone abschaffen? Entscheidungen in der jüngsten Vergangenheit sprechen dagegen: so wurde die Zone 2019 erst erweitert. Es gibt nach dem Feinstaub ein anderes Problem: Stickstoffdioxid, kurz NO2. Diese Werte sind auch in Köln an manchen Messstellen noch zu hoch oder nur leicht unter dem gesetzlichen Grenzwert von 40mg je Kubikmeter Luft.  Köln hat 20 Messstellen, die im gesamten Stadtgebiet verteilt sind – darunter sind zwei kritische Hotspots: die Station ‚Clevischer Ring‘ in Mülheim und die Station ‚Turiner Straße‘ in der Nähe des Hauptbahnhofs. Hier gilt: wenig Wind, aber viele Abgase.

Eine erste Auswertung des Landesumweltamtes LANUV für das Jahr 2023 fällt aber erstaunlich positiv aus. Alle Stationen, auch die beiden Hotspots, halten im Jahresschnitt die Grenzwerte ein, wobei die Werte für Luftverschmutzung in Mülheim höher liegen als in der Innenstadt. Woran das liegt, lässt sich nicht genau nachvollziehen. Zu viele Einflussfaktoren gibt, von der Windrichtung bis zur benachbarten Industrie und dem Wetter im Allgemeinen. Und: 2023 hat es viel geregnet. Die Luft wurde vermutlich überdurchschnittlich sauber gewaschen.

In der Kommunalpolitik im Raum Köln gibt es im Umgang mit der Umweltzone mittlerweile eine Tendenz: es gebe „Anfragen aus unserem Regierungsbezirk, ob nicht einzelne Maßnahmen aus den Luftreinhalteplänen ausgesetzt oder abgeschafft werden sollen“, schreibt mir die Bezirksregierung Köln. Wie sind also die Chancen? „Sie freuen sich zu früh“, höre ich bei einem Telefonat mit dem Landesumweltamt LANUV in Duisburg. Zunächst komme es aus auf den politischen Willen an, eine Umweltzone abzuschaffen. An der Tonlage meine ich zu erkennen: der politische Wille dürfte nicht stark ausgeprägt sein. Denn die Diskussionen bei der EU in Brüssel ließen eine Diskussion über eine Abschaffung der Umweltzonen gar nicht zu.

Die Grenzwerte müssen verschärft werden, meint die EU-Kommission in ihren Plänen für eine neue „EU-Luftqualitätsrichtlinie“. So kann es also sein, dass Köln die Grenzwerte derzeit einhält, aber doch bald wieder überschreitet – obwohl die Werte in der Tendenz stetig sinken. Deshalb warte man erst einmal ab, heißt es in bei der Bezirksregierung und beim LANUV, welche europaweiten Vorgaben noch kommen könnten: „Eine landeseinheitliche Vorgabe aus dem zuständigen Landes-Umweltministerium (MUNV) gibt es noch nicht.“ Und so geht es erst einmal weiter wie gehabt. 

Und dann gibt es da einen Punkt, den ich kaum glauben mag. Obwohl es die Umweltzone Köln seit mehr fast 15 Jahren gibt, fahren immer noch viele Autos ohne die entsprechende grüne Plakette in die Stadt bzw. mit einer Plakette, die das Auto gar nicht haben dürfte. So kaufte mein Nachbar im guten Glauben einen gebrauchten Sprinter mit grüner Plakette, die laut Fahrzeugschein nie hätte aufgeklebt werden dürfen. Vorsicht Falle! Aus all dieses Gründen schmettert die Bezirksregierung Köln meine hoffnungsvolle Anfrage über die Zukunft der Umweltzone ab: „Es wäre unserer Sicht nach eher ein falsches Signal, einzelne Maßnahmen aus den Plänen auszusetzen oder abzuschaffen.“ Somit bleibt es fraglich, wann und ob überhaupt der Luftkurort Bad Köln jemals Realität werden könnte.

Somit verbleibe ich mit aufatmenden Grüßen

Ihr
David Rühl