Willi Germund gestorben

Willi Germund, für Jahrzehnte Auslandskorrespondent, ist überraschend im Alter von 68 Jahren gestorben. Germund, dem seine Heimatstadt Bergheim immer zu eng gewesen war, ging in den späten 70er Jahren in das mittelamerikanische Land Nicaragua. Hatte er vorher aus Bergheim berichtet, war es nun die Hauptstadt Managua. Seine anfängliche Sympathie mit dem dortigen linken Sandinisten Regime wich der Distanz, die ebenso Teil seines Naturells war wie der Hang, Dingen auf den Grund zu gehen. Dies, sowie die Bereitschaft, sich ohne Umschweife an lokale Krisenherde zu begeben, trugen Willi Germund einen guten Ruf ein. Früh machte er sich mit modernen Übertragungstechniken vertraut, so dass seine Berichte in den Redaktionen schnell zur Hand waren. Schließlich schrieb er – neben seinem Heimatblatt Kölner Stadt-Anzeiger – für Titel aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

1990 zog er ins südafrikanische Johannesburg, später nach Indien und 2001 ins thailändische Bangkok. Ein knorriger Weltbürger, der am liebsten in Bewegung war. In den letzten Jahren entdeckte er seine Verwurzelung mit der Familie und deren Domizil im Hürtgenwald. Dann rief er die Kollegen von früher an, ob man sich nicht sehen könne. Lange hielt es ihn nie. Vor wenigen Wochen noch feierten Germund und sein Korrespondentenkollege Thomas Urban von der Süddeutschen Zeitung die 50. Wiederkehr des Abiturs am heutigen Bergheimer Erft-Gymnasium. Nun ist Willi Germund überraschend gestorben. Unterwegs, wie er es sich wohl gewünscht hätte. Auf einer Reise nach Lettland und viel zu früh. (pp)

„Bündnis von OB Reker versagte“

Vor einer erstarkten AFD hat die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) in einem Namensbeitrag in der Wochenendausgabe des Kölner Stadt-Anzeiger vom 23./24.9.2023 gewarnt („Gegen rechte Stimmungsmache“) und die Dringlichkeit dieses Themas betont. Darauf hat Rainer Kippe von der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim (SSM) dem Kölner Stadt-Anzeiger geantwortet. Sein Zusammenschluss „SSM“ hat der Stadt Köln über die Jahrzehnte viel Geld für Sozialarbeit gespart, Menschen buchstäblich von der Straße geholt und mit ihnen Gebäude saniert. Kippe hat uns gestattet, sein Schreiben zu veröffentlichen, was wir in Auszügen tun:

Die Gefahr, die Frau Reker beschreibt, und die Warnungen, die sie ausspricht, teile ich.

Frau Reker vergisst nur hinzuzufügen, dass das größte Problem unserer kölschen Stadtgesellschaft und damit das Einfallstor für die Stimmungsmache der rechten Rattenfänger im Entscheidungsbereich von Frau Reker und dem sie stützenden Ratsbündnis liegt. Ich meine die wachsende Wohnungsnot, die galoppierenden Mieten und die explosionsartig ansteigenden Zahlen von Obdach- und Wohnungslosen, die auf Jahre hinaus in Mehrbettzimmern in Billighotels untergebracht sind und in immer größerer Zahl auf unseren Straßen übernachten- das ist es, was die Menschen beunruhigt und immer mehr an unserem sozialen System zweifeln lässt.

Hier hat – das sagt die Analyse Ihrer Zeitung (des „Kölner Stadt-Anzeiger“, d. Red.), die vor einem halben Jahr erschienen ist – das Reker-Bündnis versagt. Sie, der Stadtanzeiger, sprachen damals von „Scheitern“. Die Grünen – meine Partei -, also muss ich sagen WIR Grünen-, verhindern den Neubau, weil wir das Klima schützen wollen, die Privatwirtschaft, mit der Frau Reker ein Bündnis geschlossen hat, verweigert den Weiterbau aus Kostengründen. Riesige Brachen stehen leer, zu besichtigen bei uns in Mülheim entlang der Deutz-Mülheimer Straße.

Köln hat schon einmal eine solche Krise erlebt, und Köln hat sie bravourös gemeistert: Ende der 60er Jahre hatte Köln über 20.000 Menschen, die in Bunker und Kasernen hausten. Durch Gründung einer eigenen Wohnungsbaugesellschaft, der Grund und Boden, und ein eigenes „Hundert-Millionen-Programm“ (das entspricht heute etwa einer Milliarde, also gerade mal so viel, wie die Sanierung von Oper und Schauspielhaus kosten), hat die Stadt damals binnen weniger Jahre 20.000 Wohnungen in modernen Siedlungen errichtet und so die Wohnungsnot zum Verschwinden gebracht. Das Geheimnis: alle Parteien haben sich in einer „Kölschen Fraktion“ zusammengetan und alle Maßnahmen einstimmig beschlossen – auch die FDP, die mit ihrem damaligen Sprecher im Kölner Rat Gerhart Baum den Vorschlägen der Verwaltung unter Wohnungsamts- und Sozialamtsleiter Uwe Kessler und Sozialdezernent Norbert Burger erst zum Durchbruch verholfen hat. (Am Ende stritten sich CDU und SPD, wer den Vorschlag zuerst gemacht hat….) Nachzulesen im Ratsprotokoll vom 25.03.71

Eine solche „Kölsche Fraktion“ benötigen wir heute wieder, wenn unsere Demokratie, deren Kern der Soziale Rechtsstaat nach Art.20 GG ist, bestehen soll.

Die Not der Kölner Sportvereine

„Köln pfeift aufs Ehrenamt“ titelten wir in „Notiert“ (siehe unten). Anlass: Der Präsident des Fußball-Verbands Mittelrhein, Dr. Christos Katzidis, wartet seit bald sechs Monaten auf eine Antwort zu einem Brief, den er der Kölner OB schrieb. Zu unserer Meldung erreichte uns die folgende Zuschrift von Peter Pfeifer Vorsitzender des Stadtsportbunds Köln e.V.:   „Der Titel ihrer News ist angesichts der Lage des Breiten- und Leistungssports in der selbsternannten „Sportstadt Köln“, die für den Sportetat nur schlichte 0,6% des Gesamtetats der Stadt Köln verausgabt, gut gewählt.

Wenn man nämlich angesichts dieser beschämenden 0,6% ins Kalkül zieht, dass lt. unabhängiger Untersuchungen des beauftragten „Projektteams Sportentwicklungsplan“ die ökonomische Gesamtwirkung des Sports in Köln jährlich etwa 492 Millionen € ausmacht und der Wert der ehrenamtlichen Arbeit 410 Millionen € (ohne zusätzliche Berechnung des immensen Sozialnutzens), dann wird doch ziemlich offensichtlich mit welcher Schieflage wir es zu tun haben. Dass der Sport darüber hinaus auch mit nicht unerheblichen Problematiken mit der Gestaltungsmehrheit in Köln zu kämpfen hat, weiß und sieht jeder, der sich in Köln ernsthaft für den Sport und seine Infrastruktur einsetzt.

Die unsäglichen und zeitraubenden Schwierigkeiten des RSV Rath-Heumar sind da „nur“ ein Beispiel bzw. ein Symptom für eine sorglose und verfehlte Strategie der Stadt Köln hinsichtlich dessen, was Sport in Handlungsfeldern wie Sozialarbeit, Gesundheitsförderung, Integration, Inklusion, Prävention, Zusammengehörigkeitsgefühl, Vorbildfunktion, Nachhaltigkeit und vieles mehr leistet. Nicht umsonst haben sich in dieser seit Jahren bestehenden „Kölner Not“ Profivereine, Leistungssportvereine, Breitensportvereine, Sportwissenschaftler und Sport-Großveranstalter unter dem Dach des Stadtsportbundes zur „Allianz Kölner Sport“ zusammengefunden und haben bereits und werden weiterhin sportpolitisch agieren. Aber der Weg ist lang und steinig in der sogenannten Sportstadt Köln . . .

Wie Köln aufs Ehrenamt pfeift

Der Fußballverein „RSV Rath“, der wegen mangelhafter Platzverhältnisse um sein Überleben kämpft, war Thema unseres Newsletters vom 19. Mai. Vereinschef Offermann hat uns jetzt mitgeteilt, dass Krisengespräche mit der Kölner Politik auf einem guten Weg seien. In einem mehrseitigen Schreiben vom 3. März 2023 hatte auch Dr. Christos Katzidis, Präsident des Fußball-Verband Mittelrhein e.V., vermittelnd an Oberbürgermeisterin Reker geschrieben, auf die Krise des Vereins und den Wert des Ehrenamts hingewiesen. Am 6. März erhielt Katzidis eine Eingangsbestätigung, in der eine Antwort des Sportamtes angekündigt wurde. Auch jetzt, mehr als fünf Monate später, ist keine Reaktion erfolgt. Leider bestätigt das den Titel über unserem Newsletter: Wie Köln aufs Ehrenamt und einen Sportverein pfeift.

Mehrheit glaubt nicht, dass „Berlin“ ihre Probleme versteht

Mittlerweile halten 32 Prozent der Bundesbürger die politischen Akteure und die politischen Parteien für eines der größten Probleme (Zitat aus dem Wochenbericht von „forsa“, 2.8.23). Dies dürfte auch damit zusammenhängen, dass eine große Mehrheit der Bundesbürger nicht den Eindruck hat, dass die meisten Bundespolitiker wissen, welche Probleme die Bürgerinnen und Bürger in ihrem Alltag bewegen. Äußerten bereits im Juli des vergangenen Jahres 77 Prozent diesen Eindruck, ist dieser Anteil seitdem sogar noch einmal – auf jetzt 83 Prozent – angestiegen. Der Begriff der „Berliner Blase“ ist daher keine bloße Metapher zur Beschreibung der Entkoppelung von Teilen des Berliner Politikbetriebs von der gesellschaftlichen Wirklichkeit, sondern eine von vielen Bundesbürgern konkret empfundene Realität.

Warum eine Rubrik „Notiert“?

Wir wenden uns durch Newsletter und Veranstaltungen an Sie. Vor der Sommerpause erreichte mich aber eine Nachricht, von der ich nicht wusste, wo ich sie platzieren sollte, wie es im Jargon heißt. Zanel Fruchtmann sei mit 93 Jahren in Köln verstorben. Der Kollege hatte die Nazi-Verfolgung überlebt und war 1973 aus Rumänien nach Deutschland geflohen. Hier arbeitete er für die Deutsche Welle, Osteuropa-Redaktion. Er machte durch seine Arbeit von sich reden, ebenso war er Mitglied in (internationalen) journalistischen Netzwerken, im Journalistenverband DJV, in der FDP und: einige Jahre im Kölner Presseclub. Auch nach seiner Pensionierung gehörten Radio France International oder die britische BBC zu seinen Kunden. Zeitgenossen schildern ihn als freundlichen und zugewandten Menschen, der mit dem sanften Humor desjenigen ausgestattet war, der dem Tod ins Auge geblickt hat. Ein Beispiel: Für einen Kongress 2007 hatte Fruchtmann ein preiswertes Hotel in Bukarest gebucht. Auf Vorhaltungen seines Mitreisenden Rotger Kindermann, dort werde gestohlen, reagierte er mit den Worten: „Was willst Du, sie klauen nur, sie töten nicht.“ In dieser neuen Rubrik wollen wir künftig versammeln, was festgehalten werden sollte. Danke für den Anstoß, in memoriam Zanel Fruchtmann!