Der Schleudersitz

„Stepstone“ heißt die Internetseite, auf der (schon wieder) ein Geschäftsführer für die Metropolregion Rheinland gesucht wird. „Stolperstein“ wäre vielleicht angemessener, denn die Position des Geschäftsführers scheint ein Schleudersitz zu sein. Innerhalb weniger Jahre steht nun die vierte Besetzung dieser Leitungsposition an. Hinter der Personalfrage verbirgt sich indes ein größeres Problem. Ist ein solcher Verband unter den obwaltenden Umständen überhaupt arbeitsfähig? Er besteht aus zwölf Kreisen, elf kreisfreien Städten und einem Kommunalverband, darunter die Schwergewichte Köln, Düsseldorf und Bonn. Wer soll dieses Konglomerat einen, wenn es gleichzeitig Chef des Geschäftsführers ist.

Zur Erinnerung: Im Oktober 2017 übernahm der Chemie-Manager Dr. Ernst Grigat das Spitzenamt in dem neu geschaffenen Verbund und gut ein Jahr später warf er bereits hin. Kurz darauf übernahm die frühere Fraktionsvorsitzende der Kölner Grünen, Kirsten Jahn, die Chefrolle. „Postengeschacher“ hieß es in den Medien. Ihr zur Seite stand in Teilzeit Ulla Thönnissen. Nun geht auch Thomas Schauf, der das glücklose Duo 2022 ablöste. „Nach intensiven Jahren des Aufbaus der Metropolregion Rheinland als strukturpolitische Interessenvertretung des nordrhein-westfälischen Rheinlands verlässt Thomas Schauf den Verband“, vermeldet die Metropolregion auf ihrer Webseite.

Bereits an diesem Detail lässt sich ablesen, welche Aufbauarbeit Schauf geleistet hat. Er übernahm eine jämmerliche und von Fehlern strotzende Internetpräsenz und eine Körperschaft, der Führung und Orientierung fehlten. Der geistreiche Politikwissenschaftler ließ die Schwächen der Vorgänger schnell vergessen, verhedderte sich jedoch im Gestrüpp der unübersichtlichen Interessen dieses heterogenen Zusammenschlusses. Dessen Markenzeichen ist nicht die Addition von Vielfalt, die zur Stärke wird, sondern deren lähmende und destruktive Kehrseite. Schauf solle parteipolitisch einseitig agiert haben, wird geraunt. Wer ihn kennt, mag das kaum glauben. Der Politikwissenschaftler war ein spielerischer und kreativer Geist, der schnell vorwärts denken konnte und den Parteigrenzen allenfalls einengten. (pp)

 

Ehrung für einen Streitbaren

Die jährliche Verleihung des Hanns-Schaefer-Preises geriet dieses Mal zu einem Konrad-Adenauer-Festival. Jährlich verleiht der Kölner Haus- und Grundbesitzerverein (HuG) die Auszeichnung an Initiativen oder Einzelpersonen, die zum besseren Zusammenleben in der Stadt beitragen. Nun wurde der aus Altersgründen scheidende HuG-Vorstandsvorsitzende Konrad Adenauer (80) selbst damit geehrt. Eine begrüßenswerte Entscheidung. Nie hat Konrad Adenauer eine Bitte des Kölner Presseclub e.V. um Einschätzung und Kommentierung unbeantwortet gelassen, stets hat er konsequent seine Meinung gesagt ohne Sorge, missverstanden zu werden, mit Freude hat er sich in jede Auseinandersetzung gestürzt. Gerne dokumentieren wir die Festrede des Architekten Kaspar Kraemer, die dieser zur Verleihung des Preises hielt.

Olympia in Köln?

Was halten Sie von Olympia in Köln, das im Fall einer Vergabe an die Rhein-Ruhr-Region Austragungsort für Spiele wäre? Das hatten wir Sie am 25. Oktober 2024 unter dem Titel „Warum Olympia in Köln mehr als nur ein Traum ist und wir uns heute schon bei Paris bedanken können – Torsten Burmester im Gespräch“ gefragt. Die Reaktion waren zwiespältig. Uns erreichten ebenso viele kritische wie begeisterte Zuschriften. Von einem „großartigen Traum“ sprach Werner Deuß und Antje Krebs von einem „Lichtstrahl“.  Kritisch merkte Jeane Freifrau von Oppenheim an: Es gibt so viele Baustellen, nicht nur auf den Straßen. Selbst im Kulturbereich ist es nicht möglich ein Konzept durchzuführen. Ob es um die Zukunft des Stadt Museums, die Zukunft der Kunst u.  Museumsbibliothek, des zentralen Lagers für Museumsbestände, die Fertigstellung sämtlicher Museen, um das Opernhaus nicht auch noch zu nennen. Es wird nur darüber diskutiert über Jahre und nicht durchgesetzt. Bei der EM gab es nicht einen einzigen kulturellen Beitrag, welchen die vielen ausländischen Touristen geniessen konnten.“ Auf LinkedIn entspann sich eine milde Debatte, die Sie hier in den Kommentaren finden.   Und hier . Fazit: Wohlwollend, aber auch kritisch.

 

Das älteste Parfümhaus

Zu unserem Newsletter vom 8. November 2024 (Der Duft von Köln, Baustellen und TikTok: Wie eine junge Kölnerin das älteste Parfümhaus der Welt modernisiert) von Claudia Hessel erreichte uns die folgende Zuschrift von Frauke  Kämmerling, früher Intendantin des Hänneschen Theaters:

„Ein toller Newsletter! Kleine Info dazu: Ich bin seit vielen Jahren Fan vom Eau de Cologne in der Originalversion von Farina. 2018 habe ich dazu ein Stück für das Hänneschen Theater konzipiert und auch geschrieben. In vielen Gesprächen mit Johann Maria Farina und einer Marketing Kooperation haben wir das Thema mit reichlich historischem Hintergrund in einem erfolgreichen Stück präsentiert. Wir haben die Geschichte von Farina auf jeden Fall ordentlich besungen und gefeiert mit einer tollen Ausstattung und wunderschönen Puppen, wenn auch noch der eigentliche Song „Farina“ tatsächlich in der Liederlandschaft fehlt. Ja!
Köln hat viele bemerkenswerte Stadt-Geschichten.
Schön, dass der Kölner Presseclub sich ihrer immer wieder annimmt.
Unter anderem deshalb ist dieser Newsletter mein Lieblingsnewsletter.
Danke für diese schöne Ausgabe.“
Da sagt der Kölner Presseclub Dank und weist darauf hin, dass Frauke Kämmerling sich heute, dem neuen Ehemann geschuldet, mit „ä“ statt mit „e“ schreibt.

Rettung für den RSV Rath

Rettung für den RSV Rath

 

Vor gut einem Jahr berichteten wir im Newsletter über den RSV Rath-Heumar und dessen marode Spielfläche. Ein sympathischer Dorfverein, dessen Jugendarbeit allein schwer in Geld aufzuwiegen ist (https://koelner-presseclub.de/2023/05/19/newsletter-19-05-2023/). Im Zuge der Recherche hatten wir auch Kontakt mit Niklas Kienitz, Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Kölner Rat, der Vermittlung zusagte.  Die Rettung des Vereins erfolgte nun durch einen städtischen Zuschuss von 300.000 Euro, der für die Ertüchtigung des maroden Spiel- und Trainingsplatzes am Standort “An der Rather Burg” bereitgestellt wurde. Die verantwortlichen politischen Ausschüsse billigten die Maßnahme.

Der Verein wurde 1920 gegründet und hat eine bewegte Geschichte. In der Vergangenheit machte der RSV Rath-Heumar lautstark auf sich aufmerksam, wie bei einer Demonstration vor dem Kölner Rathaus im Mai 2023. Lange Zeit sah es düster aus für den Kölner Traditionsverein.

Wir vom Kölner Presseclub freuen uns, dass wir unseren Teil beitragen konnten. Der  RSV Rath-Heumar ist ein wichtiger Teil der Sportgemeinschaft in Köln und kann dank des städtischen Zuschusses nun optimistisch in die Zukunft blicken. (EB)

 

Walter Hanel gestorben

Walter Hanel gestorben

 

Walter Hanel, einer der großen Zeichner und Karikaturisten dieses Landes, ist vor kurzem mit 93 Jahren friedlich eingeschlafen, wie seine Tochter mitteilt, die bei ihm war. Am 14. Mai 1971 begann er beim Kölner Stadt-Anzeiger, der in einer Stadt gedruckt wurde, deren Kultur- und Intellektuellenszene damals brodelte.

Schnell machte der Meisterschüler der berühmten „Kölner Werkschule“ sich national und international einen Namen, arbeitete für Titel wie FAZ, SPIEGEL, ZEIT, Herald Tribune, Le Monde und viele mehr. Doch stets hielt er dieser Kölner Zeitung, seiner Redaktion und vor allem deren Lesern die Treue.

Ob große, auch internationale Ausstellungen, Auszeichnungen wie das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse oder die Ehrenbürgerwürde der Stadt Bergisch Gladbach – Ruhm und Ansehen veränderten diesen unprätentiösen Menschen nicht. Dafür wuchs der Respekt derer, die mit ihm zusammenarbeiteten. Es waren die großen Jahre der gedruckten Medien, der pointierten Kommentare, gerade auch mit feiner Feder, wie Hanel sie pflegte.

Erst 2018, mit 88 Jahren, befand Walter Hanel, es sei Zeit aufzuhören, dieser immer ein wenig melancholische Mensch, der als Kind und Flüchtling den Luftangriff auf Dresden überlebt hatte. Vielleicht hatte er auch genug davon, mit scharfem Strich die Zeit und deren Umstände aufzuspießen. Denn die Übel blieben, sie veränderten nur ihre Gestalt.

Vor gut zwei Jahren konnte man noch einmal die fast seherischen Fähigkeiten Walter Hanels in einer Retrospektive bestaunen. Bereits vor Jahrzehnten nahm er die Ampelkoalition und andere Konstellationen zeichnerisch vorweg, indem er zum Beispiel Willy Brandt als Prinzessin versonnen einen grünen Frosch streicheln ließ, beobachtet von der FDP im Hintergrund.

Seine jüngsten Werke kamen zwar nicht ohne die für ihn typischen Raben aus, die für das Dunkle und Abgründige standen. Aber nun malte er, der sich vornehmlich durch den Zeichenstift ausdrückte, auch Herzen. Sein Strich war zittrig geworden und seine Gedanken wollten sich nicht immer ordnen. Doch als über ihn, sein Werk und die Jahre seines Wirkens in der Eröffnungsrede gesprochen wurde, blickte Walter Hanel seine Gäste versonnen und glücklich an. (EB)

Hinweise des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ignoriert

Hinweise des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ignoriert

 

Köln – Haben die Ermittlungsbehörden ernstzunehmende Hinweise zum Anschlag in der Keupstraße 2004 und zur Neonazi-Mordserie nicht konsequent verfolgt? Vor Jahren wurden die Kölner Behörden von der Redaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf eine frappierende Ähnlichkeit zwischen Phantombildern von Verdächtigen hingewiesen. Im April 2005 wurde ein neues Phantombild zum Anschlag in der Keupstraße veröffentlicht. Im Juni 2005 wurde in Nürnberg ein Dönerbudenbesitzer erschossen, wenig später wurde mit Hilfe von Zeugenaussagen ein Phantombild zu dieser Tat angefertigt.

Doch die Behörden selbst stellten offenbar keinen Zusammenhang

zwischen den Zeichnungen und somit den Morden und dem Bombenanschlag von Köln her. Die Phantombilder beider Fälle wurden nie für eine gemeinsame, öffentliche Fahndung genutzt.

Etwa ein Jahr später stieß Hans-Jürgen Deglow von der Redaktion auf beide Phantombilder. Die Ähnlichkeit war in der Tat frappierend: Beide Bilder zeigen einen jungen Mann mit schmalem Gesicht, schlanker, langer Nase und vor allem: Er trug in beiden Fällen eine Mütze, die bis ins Detail übereinstimmt. Das schien tatsächlich eine heiße Spur zu sein.

Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erkundigte sich daraufhin bei der Kölner Polizei, ob ihr ebenfalls beide Phantombilder vorlägen und ob sie aufgrund der Ähnlichkeit einen Zusammenhang zwischen den Taten sehe. Die Antwort kam schon nach wenigen Minuten – und war absolut und dementierend: Nein, die Ähnlichkeit sei zufällig, es gebe da aus Sicht der Ermittler keinen Zusammenhang. Nachfragen blieben erfolglos.

Zu diesem Zeitpunkt, so viel ist jedenfalls heute klar, war nicht nur bekannt, dass die Nagelbomber in Köln ihren Sprengsatz auf einem Fahrrad transportierten. Mindestens in zwei Fällen der Mordserie waren die Täter ebenfalls mit Fahrrädern zu den Tatorten gekommen.

2014 zitierte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ einen Ermittler mit dem Satz: „Beim Vergleich der Lichtbilder der Verdächtigen aus Thüringen mit dem Phantombild des Nagelbombers dürfte selbst ein Laie Übereinstimmungen erkennen.“ (EB)

Mitgefühl ohne Wenn und Aber

Gerne dokumentieren wir die Dankadresse an den Kölner Haus- und Grundbesitzerverein anlässlich der Verleihung des Hanns-Schäfer-Preises an die Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Gesprochen hat deren Vorsitzender, Prof. Dr. Jürgen Wilhelm.

 

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

die Auszeichnung mit dem diesjährigen Hanns-Schaefer-Preis ist uns eine große Ehre.

Ich danke dem Vorstand des Kölner Haus- und Grundbesitzervereins und besonders seinem Vorsitzenden von Herzen dafür, dass er die Arbeit unserer Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit auf diese Weise honoriert.

Es ist auch eine besondere Freude, diesen Preis zu erhalten, denn die Verleihung geschieht aus der Mitte der Stadtgesellschaft heraus, was in diesen Wochen von großer Bedeutung ist.

Unser Engagement gilt seit Jahrzehnten der Sichtbarmachung jüdischen Lebens und jüdischer Geschichte sowie dem interreligiösen Dialog auf Augenhöhe.

Weit über das Theologische hinaus jedoch hat sich unsere Arbeit auf viele gesellschaftspolitische Themen erweitert und durch unsere antisemitismus- und rassismuskritische Bildungsarbeit vor allem mit Kölner Schulen komplementiert.

Die Nachfrage nach Angeboten zu unseren Workshops und Fortbildungen könnte in diesen Tagen kaum größer sein. Auch deswegen ist die Auszeichnung mit dem Hanns-Schaefer-Preis für uns so bedeutsam, denn wir erfahren dadurch nicht nur Anerkennung, sondern auch konkreten Rückhalt in schwierigen Zeiten.

Meine Damen und Herren, der 7. Oktober 2023, an dem die Terroristen der Hamas auf israelisches Staatsgebiet eindrangen, bedeutet eine Zäsur in der jüngeren jüdischen Geschichte. Auf den Schock über die gezielten Massenmorde und schrecklichen Geiselnahmen, folgte das Erschrecken angesichts der Empathielosigkeit von Nichtjuden in vielen Ländern der Welt, namentlich vieler Muslime, die die Taten der Terroristen bejubelten.

Zweifellos ist es ein Ausdruck menschlicher Nächstenliebe, Empathie mit der palästinensischen Zivilbevölkerung zu haben, die unter der Diktatur der Hamas leidet und von dem vermeintlich solidarischen Ägypten keinerlei Schutz erhält. Und man muss auch kein Freund der aktuellen israelischen Regierung und deren letztlich für Israel schädlichen Politik Netanjahus sein.

Doch dass es offenbar für viele in Deutschland Lebende nicht möglich ist, Mitgefühl mit den jüdischen Betroffenen und Hinterbliebenen zu haben und ohne Relativierung – also ohne Wenn und Aber – nach einem solchen terroristischen Überfall Solidarität mit den Menschen in Israel zu zeigen – das macht mich beinahe sprachlos.

Die von der Hamas und ihren Zujublern gezielt in Szene gesetzte Täter-Opfer-Umkehr ist durchschaubar und ekelhaft perfide, aber – machen wir uns nichts vor – sie wirkt und wird von etlichen Medien reproduziert.

Immer wieder finden sich gerade in Deutschland Viele, die die „Banalität des Bösen“ repräsentieren. Jene Bezeichnung von Hannah Arendt, die zwar bei Adolf Eichmann unangebracht war, denn sein Handeln war keineswegs banal, die aber doch auf viele, vor allem journalistische Zeitgenossen zutrifft, die meinen, uns den moralischen Kompass durch die Relativität einer vermeintlich „objektiven Berichterstattung“ vorhalten zu müssen.

Die historische Komponente und damit die besondere Verantwortung Deutschlands wird dabei übersehen oder zumindest nicht reflektiert! Denn die prekäre politische Situation im Nahen Osten ist eine unmittelbare Folge der Vernichtung der europäischen Juden durch die Deutschen.  Zwar gab es die zionistische Bewegung schon weit vorher – der in Köln aktive Sozialdemokrat Moses Hess war einer ihrer Vordenker – doch erst angesichts der Horrorbilder aus den KZs und des ganzen Ausmaßes der Vernichtung wurde der Beschluss der UN-Generalversammlung am 29. November 1947 möglich, der zur Staatsgründung Israels führte.

Deshalb ist die Existenz dieses jüdischen Staates für Deutschland Staatsraison und in dieser besonderen Weise für kein anderes Land auf der Welt.

Und daher ist es völlig inakzeptabel, dass es gerade hier bei uns in Deutschland und auch in Köln politische Aktionen gibt, die sich geschichtslos brutal gegen Israel richten und die Morde der Hamas bejubeln.

Aber diese Haltung gründet ihre Wurzeln tiefer: Wir spüren alle, dass die Gefahr einer Ent-Demokratisierung im Nachkriegseuropa noch nie so groß war wie heute. Die Nazipartei AfD, wie sie Ministerpräsident Wüst zu Recht bezeichnet, hat erheblichen Zulauf und erschreckende Ergebnisse in Landtagswahlen erzielen können.

In Zeiten einer angespannten Wirtschaftslage und multipler Krisen sind Parteien und Personen besonders attraktiv, die vermeintlich einfache Lösungen für komplexe Probleme anbieten, obwohl sie in Wirklichkeit opportunistische Hirngespinste ohne konkrete Realisierungsmöglichkeit sind

Rechte und zunehmend auch linke Ideologie baut dabei auf faschistische Feindbilder: Migranten, Menschen mit Behinderung, Muslime, Juden werden als „das Fremde“ markiert, das vermeintliche traditionelle deutsche Werte – was immer das in einem Europa des 21. Jahrhunderts sein soll – bedrohe.

Dieses verlogene und im Übrigen auch wissenschaftlich unsinnige Vokabular kennen wir doch irgendwoher. Es wurde vor 85 Jahren vor den Kölner Synagogen in der Glockengasse und in der Roonstraße in die Welt geschrien, bevor man die Scheiben zerschlug und die Gotteshäuser durch Feuer zerstörte.

Was also ist zu tun?  Wie sieht ein Gegensteuern aus? Kann ich als Einzelner überhaupt etwas bewirken?

Die Antwort ist einfach und kompliziert zugleich:

Jeder Einzelne ist gefordert!

Denn wann immer der Einzelne die Verantwortung für das, was er tut oder lässt, auf andere abwälzt, wird dem Mitläufertum, dem Leugnen oder dem Wegschauen des Antisemitismus im Alltag, Tür und Tor geöffnet. Und glauben wir nicht, jemand anderes könne uns diese Verantwortung abnehmen.

Anders gesagt: nicht irgendwelche Institutionen oder Personen sind für das eigene Handeln verantwortlich; ich allein bin es, der sich einen moralischen Kompass zulegen muss. Kein anderer kann mir diese Verantwortung nehmen. Und dass man „von nichts gewusst habe“, diese Schutzbehauptung der Nachkriegszeit, entlastet heute niemanden mehr.

Das große Versprechen der offenen Gesellschaften ist ohne pluralistisch aufgeklärten ethischen Individualismus, ohne freie Willensbildung freier Bürger und ohne deren zivilgesellschaftliches Engagement nicht einzulösen.

Und hier in Köln haben wir allen Grund, auf das fast zweitausendjährige Miteinander zu blicken, um uns an die produktiven ebenso wie an die furchtbaren Zeiten zu erinnern und alles dafür zu tun, über eine tolerante Gesellschaft nicht nur an Karnevalstagen zu sprechen und uns dabei auf die Schultern zu klopfen, sondern dafür laut und konsequent einzutreten!

Das Festjahr 2021 mit Bezug auf das Dekret Kaiser Konstantins, das sich bekanntlich auf Köln bezog, war ein Highlight in der Sichtbarmachung jüdischen Lebens in Deutschland. Die Wormser, Speyrer und Mainzer, wo es höchstwahrscheinlich auch Juden zu dieser Zeit gegeben hat, sind bis heute neidisch auf Köln, denn sie können es nicht beweisen – Köln mit dem Dekret schon! Viele von Ihnen werden es im Original im letzten Jahr in Kolumba gesehen haben.

Wir haben vorgestern die Gründung eines Forums 321 im Wallraf-Richartz-Museum gefeiert, mit dem wir an die vielen erfolgreichen Veranstaltungen des Festjahres anknüpfen wollen.

Es ist uns aus antiker Quelle keine Diskriminierung bekannt, als das Judentum mit den Römern und den Germanen hier zusammenlebte. Sogar als es danach Christen gab, scheint es Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte ein friedliches Miteinander gegeben zu haben.

Und auch wenn das Jüdische Museum und die Archäologische Zone noch auf sich warten lassen

– die Jüngeren werden die Einweihung vielleicht noch erleben –

so wird dieses großartige Museum mitten im Herzen der Stadt irgendwann einmal ein wunderbares Zeichen für das jedenfalls immer mögliche lebendige und friedvolle Zusammenleben von Menschen jüdischen und nichtjüdischen Glaubens sein.

Wir werden – ermutigt durch den Hanns Schäfer-Preis – weiter daran arbeiten.

Nochmals herzlichen Dank!

 

 

Im Amt bestätigt

Die Führung des Kölner Presseclubs ist von der Mitgliederversammlung (24. November 2023) in den turnusgemäßen Vorstandswahlen ohne Gegenstimmen und Enthaltungen für die nächsten drei Jahre im Amt bestätigt worden. Der Vorstand, bestehend aus Peter Pauls (Vorsitzender, li.), Claudia Hessel (Mi.) und Michael Hirz (re., beide stellvertretende Vorsitzende) hatte sich den anwesenden Mitgliedern geschlossen zur Wahl gestellt. Ein Dank galt Freunden, Partnern und Sponsoren, darunter JTI, das Excelsior Hotel Ernst, die Agentur 923b, Rheingold Salon und Volberg Immobilien. Der Presseclub blickt auf ein erfolgreiches Jahr 2023 zurück mit insgesamt 15 Veranstaltungen. Gäste in 2023 waren u. a.: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), Rewe-Chef Lionel Souque, NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sowie der Volt-EU-Parlamentsabgeordnete Damian Boeselager. Das Jahresabschlussgespräch führen wir mit dem Faktionschef der SPD im Berliner Bundestag, Rolf Mützenich. Wegen Corona hatte der Kölner Presseclub sich in den vergangenen Jahren einer konsequenten Digitalisierung unterzogen, die nun Früchte in einer stärkeren öffentlichen Sichtbarkeit trägt sowie zu gut besuchten Veranstaltungen führt.

 

Willi Germund gestorben

Willi Germund, für Jahrzehnte Auslandskorrespondent, ist überraschend im Alter von 68 Jahren gestorben. Germund, dem seine Heimatstadt Bergheim immer zu eng gewesen war, ging in den späten 70er Jahren in das mittelamerikanische Land Nicaragua. Hatte er vorher aus Bergheim berichtet, war es nun die Hauptstadt Managua. Seine anfängliche Sympathie mit dem dortigen linken Sandinisten Regime wich der Distanz, die ebenso Teil seines Naturells war wie der Hang, Dingen auf den Grund zu gehen. Dies, sowie die Bereitschaft, sich ohne Umschweife an lokale Krisenherde zu begeben, trugen Willi Germund einen guten Ruf ein. Früh machte er sich mit modernen Übertragungstechniken vertraut, so dass seine Berichte in den Redaktionen schnell zur Hand waren. Schließlich schrieb er – neben seinem Heimatblatt Kölner Stadt-Anzeiger – für Titel aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

1990 zog er ins südafrikanische Johannesburg, später nach Indien und 2001 ins thailändische Bangkok. Ein knorriger Weltbürger, der am liebsten in Bewegung war. In den letzten Jahren entdeckte er seine Verwurzelung mit der Familie und deren Domizil im Hürtgenwald. Dann rief er die Kollegen von früher an, ob man sich nicht sehen könne. Lange hielt es ihn nie. Vor wenigen Wochen noch feierten Germund und sein Korrespondentenkollege Thomas Urban von der Süddeutschen Zeitung die 50. Wiederkehr des Abiturs am heutigen Bergheimer Erft-Gymnasium. Nun ist Willi Germund überraschend gestorben. Unterwegs, wie er es sich wohl gewünscht hätte. Auf einer Reise nach Lettland und viel zu früh. (pp)